Berlin. Halter müssen ihre Hunde kostenpflichtig bei einem Hunderegister anmelden. Dagegen regt sich auf vielen Ebenen Widerstand.
Seit dem 1. Januar sind Hundehalter in Berlin verpflichtet, ihr Tier bei einem zentralen Register anzumelden. Die Registrierung ist kostenpflichtig und nun per Gesetz zum Halten und Führen von Hunden vorgeschrieben.
Gründe zur Einführung dieser Regelung seien unter anderem eine leichtere Identifizierung von Hunden und von deren Halterinnen und Haltern. Damit könne man entlaufene Vierbeiner leichter zuordnen und ihren Besitzerinnen und Besitzern zurückbringen, erklärt die zuständige Senatsverwaltung für Umwelt und Verbraucherschutz.
Außerdem sollen mithilfe des Registers künftig Daten „zur Gefährlichkeit bestimmter Rassen oder Kreuzungen“ ermittelt werden. Wer vor Jahresbeginn schon Besitzer oder Besitzerin eines Hundes war, hat bis zum 1. Juli 2022 Zeit, seinen Vierbeiner nachträglich zu registrieren. Dann endet die sechsmonatige Übergangsfrist. Geführt wird das Zentrale Register im Auftrag der Senatsverwaltung von der externen Firma GovConnect GmbH.
Neues Hundegesetz in Berlin: Tierschutzverein begrüßt Registrierungspflicht
Für den „Tierschutzverein für Berlin“, der Europas größtes Tierheim im Nordosten der Hauptstadt betreibt, ist das neue Gesetz zunächst eine Bereicherung. Durch die verpflichtende Registrierung aller Hunde Berlins können die in der amtlichen Tiersammelstelle ankommenden Vierbeiner schneller zugeordnet werden und somit auch sehr zügig ins eigentliche Zuhause zurückkehren.
„Etwa 45 Prozent unserer Tiere kommen zunächst in der Sammelstelle an, ein erheblicher Teil davon ist entlaufen“, erklärt Annette Rost, Sprecherin des „Tierschutzvereins für Berlin“. Viele seien zwar durch einen Chip gekennzeichnet, der Großteil der Hunde sei allerdings nicht registriert. Eine Kennzeichnung durch einen Chip, bei der keine Daten des Hundeshalters hinterlegt werden, reiche außerdem nicht aus, die Registrierung sei das für die Tiersammelstelle wichtige Merkmal.
Rost zeigt sich außerdem erstaunt über die erheblichen Kosten, die nun auf Hundehalterinnen und Hundehalter zukommen. „Für uns wäre es absolut ausreichend, wenn alle Hunde auf den gängigen kostenlosen Privatplattformen wie Tasso oder Findefix registriert werden würden. Die Halterinnen und Halter müssen ja schon eine Hundesteuer zahlen,“ sagt sie.
Hunderegister: Bei Missachtung droht ein Bußgeld
Gisela Dülling, Sprecherin der überparteilichen Bürgerinitiative „Berliner Schnauze – Partner für Mensch, Tier und Natur“, ist nicht zufrieden mit dem neuen Hundegesetz. „Ich halte dieses neue Gesetz insgesamt für unwissenschaftlich und dilettantisch. Wozu muss der Staat jetzt die Registrierung unserer Hunde übernehmen, wenn es doch kostenlose Angebote wie zum Beispiel Tasso gibt? Zudem wird gar nicht transparent gemacht, wer nun Zugriff auf diese Daten hat.“
Die Anmeldung in dem Zentralen Register ist sowohl online als auch telefonisch oder schriftlich über ein Formular möglich. Es wird jeweils eine Gebühr erhoben: 17,50 Euro für die Online-Registrierung und 26,50 Euro für den telefonischen oder schriftlichen Weg. Um einen Hund anmelden zu können, ist zwingend die 15-stellige Transpondernummer des Chips nötig, den das tierärztliche Personal dem Hund eingesetzt hat. Die Nummer ist zum Beispiel im EU-Heimtierausweis zu finden.
Bei Missachtung der Registrierungspflicht droht Hundehaltern ein Bußgeld. Vergehen werden als Ordnungswidrigkeit geahndet. Die Höhe des Bußgeldes richtet sich nach der Schwere des Verstoßes und kann im schlimmsten Fall bis zu 10.000 Euro betragen. Nach Angaben der Verbraucherschutzverwaltung werde es aber keine aktiven Kontrollen geben. Die Registrierung werde bei auffälligen Hunden überprüft.
Mieterverein ruft zu Klagen gegen das neue Hundegesetz auf
Kritik am Berliner Hunderegister äußert der Spandauer Mieterverein. Die Finanzämter hätten die Daten der Hundehalter bereits gespeichert. Zahlreiche Tierbesitzer registrierten ihre Hunde auch bei Tierregistern wie Tasso.
Der Mieterverein zitierte einen Hundehalter: „Ich sehe darin Abzocke an Hundesteuer bezahlender Hundehalter.“ Ein anderer Hundebesitzer äußerte sich via Mieterverein so: „Eine Registrierung mag Sinn machen, aber wieso muss ich das bezahlen? (…) Durch einen Datentransfer mit dem Finanzamt könnten die wesentlichen Daten an das Register übermittelt werden.“
Aus Sicht des Mietervereins ist der Datenschutz der Hundehalter der primäre Grund, das Gesetz abzulehnen, zumal die Daten von einer privaten Firma erhoben werden. „Derartig sensible Daten gehören nicht in die Hände von privaten Unternehmen. Wir fordern die regierende Bürgermeisterin auf, dieses Gesetz sofort zu stoppen und gegebenenfalls ein Ergänzungsgesetz zu beschließen, dass die Daten aus den Finanzämtern und der Organisation Tasso genutzt werden können“, so der Mieterverein in einer Mitteilung. Er forderte die Berliner Hundebesitzer auf, gegebenenfalls gegen das neue Gesetz zu klagen.
Kritik am Hunderegister auch in den Regierungsfraktionen
Auch in den Regierungsfraktionen wachsen die Zweifel an der neuen Regelung. „Wir müssen uns das auf jeden Fall noch einmal ansehen“, sagt der Tierschutz-Experte der Linken, Sebastian Schlüsselburg. Es sei ein „blödes Signal“, zwar einerseits die Hundesteuer für alle Rentner und Transferleistungsempfänger zu senken, andererseits dann aber für die Registrierung eine Gebühr zu verlangen.
„Wir sollten darüber nachdenken, Härtefallregelungen einzuführen oder ob das Land die Kosten für die Registrierung gänzlich trägt“, sagt Schlüsselburg. Konkrete Versprechen könne er aber nicht machen. Zunächst müssten die Haushaltsberatungen abgewartet werden.
Auch die SPD ist nicht glücklich mit der Einführung. „Dass Kosten für die Halter entstehen, ist mehr als ärgerlich“, sagt die tierschutzpolitische Sprecherin der Fraktion, Tamara Lüdke. Die Einführung des Registers komme zudem zur Unzeit. Es soll eine bessere Grundlage für die Rasseliste gefährlicher Hunde liefern, aber SPD, Grüne und Linke hätten sich im Koalitionsvertrag vorgenommen, die Liste zunächst noch einmal grundsätzlich zu überprüfen.
Auch die FDP kritisiert die Kosten für die Registrierung
Auch aus der Opposition kommt Kritik. „Es klingt danach, den Menschen in die Tasche zu greifen“, sagt die Haushaltsexpertin der FDP, Sibylle Meister. Widersinnig sei auch, dass sich die Koalition einig darin sei, Rentner und Transfergeldempfänger bei der Hundesteuer zu entlasten, aber gleichzeitig die Registrierungsgebühr für analoge Anmeldungen teurer zu gestalten. Das treffe dann vor allem diejenigen, die entlastet werden sollen, härter.Eine Online-Anmeldung kostet 17,50 Euro, eine telefonische Registrierung 26,50 Euro.
Die Senatsverwaltung für Verbraucherschutz verteidigt das neue Register. „Wir stehen dazu“, sagt der Sprecher der Verbraucherschutzbehörde, Jan Thomsen. Aus Sicht des Senats lassen sich mit dem Register entlaufende oder gestohlene Hunde besser dem Halter oder der Halterin zuordnen. Außerdem verspricht sich der Senat davon, bessere Daten über die Gefährlichkeit von Hunden in Abhängigkeit von deren Rasse oder Kreuzung, Geschlecht und Alter.
Bestehende Register seien dagegen privat und freiwillig - und daher unvollständig. Mit der Registrierungspflicht erhalte der Senat nun einen umfassenden Überblick über die vorhandenen Hunde in der Stadt und könne auch die Rasseliste gefährlicher Hunderassen fundierter zusammenstellen. Die Kritik, das Land könne auf die Daten der Hundesteuer zurückgreifen, um die erforderlichen Informationen zu erhalten, wies Thomsen zurück. Wegen der hohen Hürden des Steuergeheimnisses, sei das nicht möglich.
Viele Hundehalter erstaunt über Registrierungspflicht
Viele Hundehalter zeigten sich am Dienstag erstaunt über die Einführung des Registers, wie eine Umfrage im Park Friedrichshain ergab. „Die Haltung meiner Hündin Lana bringt ohnehin schon einige Kosten mit sich, beispielsweise für Futter oder Ausrüstung. Mit den Gebühren für die Pflichtregistrierung kommt dann ja noch mehr obendrauf“, kritisierte zum Beispiel Hundehalter Fabian. Ihm sei das neue Hundegesetz bislang nicht bekannt, er habe auch keinerlei Benachrichtigung vonseiten der Stadt dazu erhalten.
Auch Florain hat Zweifel. „Als Hundebesitzer wüsste ich einfach gerne: Was bekomme ich im Umkehrschluss für diesen Service? Was habe ich davon?“ Prinzipiell finde er die Absicht der neuen Anmeldepflicht gut, weil so Daten über Kampfhunde oder andere gefährliche Rassen gesammelt werden könnten. Jedoch ist er der Ansicht, dass diese neue Vorschrift einen Vorteil für Hundehalter haben sollte. Zum Beispiel könne man die Gebühren zur Unterstützung an die Stadtreinigung geben und so die Stadt sauberer halten.