Berlin. Sie sollte der Auftakt sein für das neue Messe- und Veranstaltungsjahr, ein Zeichen, dass sich wieder Normalität einstellt in Deutschland. Die Grüne Woche unter dem Funkturm hätte über die Landwirtschaft- und Ernährungsbranche hinaus eine Signalwirkung gehabt. Nun ist der Schock groß. Denn die landeseigene Messe Berlin hat die vom 21. bis 30. Januar geplante Publikumsmesse wegen der Corona-Lage abgesagt. Die kurz darauf vom 9. bis 11. Februar angesetzte Business-Leitmesse Fruit Logistica wird auf Anfang April verschoben. Im Januar und Februar 2022 werde die Messe Berlin keine eigenen Veranstaltungen durchführen.
Der Entscheidung vorausgegangen waren zahlreiche Absagen von Ausstellern, darunter mehrere wichtige Bundesländer wie Niedersachsen, Hessen und Baden-Württemberg. Für Berlins Hoteliers und die besonders gebeutelte Veranstaltungsbranche ist das Aus für die Grüne Woche eine weitere Hiobsbotschaft. „Man fühlt sich ins letzte Jahr zurückversetzt“, sagte der Hauptgeschäftsführer des Hotel- und Gaststättenverbandes Dehoga Berlin, Thomas Lengfelder. 2020 war quasi als erste Reaktion des Landes Berlin auf die erste Corona-Welle im März die Internationale Tourismusbörse (ITB) abgesagt worden. Die Folgen seien verheerend, so Lengfelder: „In den Hotels laufen die Stornierungen ein wie Wasser.“
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Grüne Woche abgesagt: „Das ist eine Katastrophe für die Branche“
Messebauern und Veranstaltungs-Technikern bricht wieder der erhoffte Umsatz für das erste Quartal weg. „Das ist eine Katastrophe für die Branche“, sagte Marcel Fery, Chef der TSE Veranstaltungstechnik und Mitgründer der Brancheninitiative „Alarmstufe Rot“. Zumal die Grüne Woche nach „2G plus plus“ Regeln geplant worden sei. Also nur für Geimpfte und Genesene, plus negativem Corona-Test und Masken sowie Abstand. Das sei ja keine Party, sondern ein Business-Treffen, sagte Fery.
Er befürchtet nun, dass der für Anfang März geplanten ITB das gleiche Schicksal drohen könnte wie der Grünen Woche. 2020 waren noch kurz vor der Pandemie 1800 Aussteller aus 70 Ländern unter dem Funkturm dabei, 400.000 Besucher schoben sich durch die Messehallen.
„Die Internationale Grüne Woche lebt von den Begegnungen, vom Ausprobieren, Entdecken und Schmecken. Unter den gegebenen Voraussetzungen wie Masken und Abständen lassen sich die Erwartungen unserer Besucherinnen und Besucher an die Grüne Woche nicht erfüllen", erklärte Messe-Projektleiter Lars Jaeger die Absage. Der Berliner Senat hatte am Dienstag beschlossen, 2G mit einer Maskenpflicht zu verknüpfen.
Grüne Woche: Messe-Chef erklärt die Absage mit der Infektionslage
Messe-Chef Martin Ecknig erklärte die Entscheidung mit der Infektionslage. „Der Höhepunkt der vierten Corona-Welle liegt erst noch vor uns, deshalb haben wir uns entschieden, jetzt entsprechend zu agieren und Verantwortung zu übernehmen“, so der Vorstandschef des Landesunternehmens. Gleichzeitig gebe das allen Beteiligten wieder mehr Planungssicherheit und die Messegesellschaft könne sich „auf die Zeit ab März vorbereiten, wenn die Welle dann abgeebbt“ sein werde.
„Jetzt werden wir uns mit aller Kraft darauf konzentrieren, das Messejahr 2022 im Frühjahr mit der internationalen Tourismusmesse ITB Berlin zu starten und für persönliche Treffen vor Ort wieder ein guter Gastgeber für die Welt zu sein“, versuchte Ecknig die Befürchtungen von Fery und seinen Kollegen zu zerstreuen. Die letzten Wochen und Monate hätten bestätigt, dass Besucher und Aussteller ungebrochen interessiert seien an Messen, Kongressen und Veranstaltungen in Berlin“, so der Messe-Chef.
ITB soll als „hybrides Konzept“ stattfinden
Die ITB soll 2022 als „hybrides Konzept“ stattfinden. Treffen zwischen teilnehmenden Fachbesuchern sollen vor dem Start über digitale Kanäle geeignete Gesprächspartner ausfindig machen und mit ihnen Termine vereinbaren. Während der Live-Messe soll es dann „physische und hybride Stände geben“, so die Messegesellschaft, wo Gespräche und Networking möglich sein soll. Nach Ende der ITB soll es einen „digitalen Business Day“ geben, an dem sich Aussteller und Einkäufer auf einer technologisch nutzerfreundlichen digitalen Plattform treffen und Termine nachholen können, die sich live nicht realisieren ließen.
Für die Veranstaltungsbranche stellt sich nun die Frage, ob sie bei den Ausstellern zumindest einen Teil ihrer entstandenen Kosten oder der entgangenen Gewinne geltend machen können. Die Absage folgte dieses Mal nicht einem Verbot, sondern einer Empfehlung von Politikerin und dem Robert Koch-Institut, Großveranstaltungen zu meiden. Deshalb sei die Situation der Messe- und Eventorganisatoren gegenüber ihren Kunden diesmal etwas besser, ob sie etwas bekommen, hänge aber von den jeweiligen Verträgen ab, hieß es.
Veranstaltungs-Unternehmer Marcel Fery sieht angesichts der aktuellen Lage nicht nur seine Branche, die sechstgrößte in Deutschland, bedroht. Auch Deutschlands starke Position als Messestandort drohe verloren zu gehen. Für seine Branche werde es im März 2022 richtig ernst, denn dann laufe nach bisherigen Plänen nach 24 Monaten die Kurzarbeiterregelung aus. Die Staatshilfen müssten deshalb dringend verlängert werden.