Bundestagswahl

Bundeswahlleiter zweifelt Ergebnis in Berlin an

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Die teils chaotischen Zustände bei den Wahlen in Berlin Ende September haben nun auch auf Bundesebene ein Nachspiel.

Die teils chaotischen Zustände bei den Wahlen in Berlin Ende September haben nun auch auf Bundesebene ein Nachspiel.

Foto: Sergej Glanze / FFS

Der Bundeswahlleiter hält das Ergebnis bei der Bundestagswahl in sechs Berliner Wahlkreisen für ungültig. Diese Kreise sind betroffen.

Berlin. Fehlende und vertauschte Wahlzettel, Wahllokale, die zeitweise schließen mussten und lange Warteschlangen, die dazu führten, dass Menschen auch nach 18 Uhr noch wählen konnten. Das Chaos bei den Wahlen in Berlin am 26. September hat nun auch auf Bundesebene ein Nachspiel. Der Bundeswahlleiter hat bereits am Donnerstag Einspruch beim Deutschen Bundestag gegen die Gültigkeit der Wahl eingelegt, teilte eine Sprecherin des Bundeswahlleiters Georg Thiel am Freitag mit.

Der Bundestag bestätigte am Freitag auf Anfrage der Berliner Morgenpost, dass der Einspruch des Bundeswahlleiters inzwischen beim Wahlprüfungsausschuss des Deutschen Bundestages eingegangen sei. Der Ausschuss muss nun prüfen, ob Wahlfehler vorlagen und ob diese mandatsrelevant waren, also Auswirkungen auf die Sitzverteilung im Bundestag hatten.

Bundeswahlleiter: Fehler organisatorisch vermeidbar

„Aufgrund der Häufung und Schwere von einzelnen Wahlfehlern habe ich Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl zum 20. Deutschen Bundestag in sechs Berliner Wahlkreisen eingelegt. Ausschlaggebend für diese Entscheidung war auch eine mögliche Mandatsrelevanz. Zudem waren die Fehler organisatorisch vermeidbar“, sagte Thiel laut Mitteilung. Er habe deshalb nun die Berliner Landeswahlleitung darum gebeten, möglichst frühzeitig umfassende Maßnahmen zu ergreifen, um in Zukunft Wahlfehler zu vermeiden.

Konkret habe Thiel in den Wahlkreisen 75 Berlin-Mitte, 76 Berlin-Pankow, 77 Berlin-Reinickendorf, 79 Berlin-Steglitz-Zehlendorf, 80 Berlin-Charlottenburg-Wilmersdorf und 83 Berlin-Friedrichshain-Kreuzberg – Prenzlauer Berg Ost Einspruch gegen das Ergebnis bei den Bundestagswahlen eingelegt. Den aktuellen Erkenntnissen zufolge haben die Vorkommnisse aus Sicht des Bundeswahlleiters wahlrechtliche Vorschriften verletzt und stellen deshalb Wahlfehler dar, die unter anderem den Grundsatz der Allgemeinheit der Wahl nach Artikel 38 Absatz 1 Satz 1 Grundgesetz beeinträchtigt haben, hieß es.

Zudem könnten die aufgetretenen Wahlfehler mandatsrelevant gewesen sein. Es könne nicht ausgeschlossen werden, dass sich ohne diese Vorkommnisse eine andere Sitzverteilung des Deutschen Bundestages ergeben hätte, so die Bundeswahlleitung in der Mitteilung.

Auch einzelne Ergebnisse der Abgeordnetenhauswahl stehen auf dem Prüfstand

Bei der Wahl zum Bundestag, zum Abgeordnetenhaus und zu den Bezirksverordnetenversammlungen am 26. September gab es in Berlin mehrere Pannen. So gingen in einigen Wahllokalen Stimmzettel aus, in anderen lagen zunächst die falschen aus. Vor manchen Wahlorten bildeten sich zudem lange Schlangen, so dass manche Wähler erst nach 18 Uhr ihre Stimmen abgeben konnten. Zeitgleich hatte an dem Tag der Berlin Marathon stattgefunden. Die Großveranstaltung hatte dazu geführt, dass Wahllokale teils schlecht erreichbar waren und so nur erschwert mit neuen Stimmzetteln beliefert werden konnten.

Die Berliner Landeswahlleiterin Petra Michaelis hatte daraufhin Ende September ihren Rücktritt angekündigt. Gegen das Wahlergebnis zur Abgeordnetenhauswahl kann noch bis Ende November beim Verfassungsgerichtshof des Landes Einspruch eingelegt werden.

Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD) und Innensenator Andreas Geisel (SPD) hatten Anfang Oktober erklärt, eine komplette Neuwahl in Berlin für unwahrscheinlich zu halten. „Nach unseren derzeitigen Erkenntnissen sind die Unregelmäßigkeiten nicht in einem Umfang zu sehen, die mandatsrelevant oder wahlverfälschend sind“, sagte Müller. Neuwahlen in einzelnen Stimmbezirken oder Wahlkreisen wollten beide aber nicht ausschließen.

Geisel hatte das Einsetzen einer Expertenkommission angekündigt, um die Pannen weiter aufzuklären – und auch, um dafür sorgen, dass daraus die richtigen Lehren gezogen werden. Man müsse schnell reagieren und sich schnell wieder gut vorbereiten.