Berlin. Der angeklagte Lehrer hat im Prozess wegen Mordes mit Kannibalismus-Verdacht nun eine andere Version präsentiert.

Der Lehrer unter Kannibalismus-Verdacht hat sein Schweigen nach mehrwöchigem Prozess überraschend gebrochen und die Vorwürfe zurückgewiesen. Es treffe nicht zu, dass er einen 43 Jahre alten Sexualpartner getötet habe, erklärte der 42-Jährige am Dienstag vor dem Berliner Landgericht. Nach einem Sex-Treffen habe der Mann allein im Wohnzimmer seiner Wohnung übernachtet, so der Angeklagte. Als er ihn am Morgen gefunden habe, sei der 43-Jährige tot gewesen. In Panik sei er zu dem Schluss gekommen: „Die Leiche muss weg.“

Der Angeklagte soll in der Nacht zum 6. September 2020 in seiner Wohnung in Berlin-Pankow den Sex-Partner umgebracht haben, um durch die Tötung sexuelle Befriedigung zu erlangen und Teile der Leiche zu essen. Der Deutsche hatte das Opfer laut Ermittlungen nur wenige Stunden zuvor über ein Dating-Portal kennengelernt. Die Staatsanwaltschaft geht von einer „sadistisch-kannibalistisch geprägten sexuellen Tatmotivation“ aus. Der Angeklagte, der sich seit rund zehn Monaten in Untersuchungshaft befindet, hatte bislang zu den Vorwürfen geschwiegen.

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Seine sexuellen Chats kannibalistischer Art seien „reine Fantasien“ gewesen

Eine der beiden Verteidigerinnen verlas nun eine mehrseitige Erklärung des Lehrers. Er sei zu keinem Zeitpunkt nach dem Tod des 43-Jährigen sexuell erregt gewesen - „schon gar nicht beim Zerlegen der Leiche“, so der Lehrer. Seine sexuellen Chats kannibalistischer Art, die Ermittler später fanden, seien „reine Fantasien“ gewesen. Er habe den Tod des Mannes weder gewollt noch in Kauf genommen.

Nach Schilderung des Angeklagten soll der Sex-Partner alkoholisiert gewesen sein, als er nach Mitternacht vor dem Wohnhaus in Pankow angekommen sei. Zwar hätten sie zuvor im Chat auch thematisiert, ob sie möglicherweise Substanzen wie K.-o.-Tropfen bei dem Date einsetzen wollten, so der Angeklagte. Er habe sich allerdings dagegen entschieden, weil der Sex-Partner angetrunken gewesen sei.

Angeklagter: Sex-Partner habe eine Substanz aus einem Fläschchen konsumiert

Der Monteur soll laut Erklärung des Lehrers bei dem Treffen aus einem mitgebrachten Fläschchen eine Substanz konsumiert haben. Nachdem sie Sex hatten, habe er dem Mann angeboten, dass er auf der Couch im Wohnzimmer übernachten könne. Er selbst habe sich in ein anderes Zimmer begeben. Am Morgen habe er den 43-Jährigen im Wohnzimmer entdeckt. „Er lag auf der Couch, es sah aus, als sei er im Sitzen seitlich umgekippt“, so der Angeklagte. Er habe noch eine Reanimation versucht. Doch der Mann sei tot gewesen.

„Ich überlegte tatsächlich, einen Krankenwagen oder die Polizei zu rufen“, hieß es weiter in der Erklärung. „Mir war aber auch klar, dass dann mindestens herauskommen würde, dass ich homosexuell bin, von den Chats in Bezug auf verschiedenste sexuelle Fantasien ganz abgesehen.“ Er stamme aus einer streng katholischen Familie. „Bis heute bin ich nicht geoutet.“ In seiner Panik habe er den Toten in die Badewanne bugsiert und die Leiche zerteilt.

Das Opfer galt wochenlang als vermisst

Die Leichenteile soll er an verschiedenen Orten in der Stadt abgelegt haben. Das Opfer, ein deutscher Monteur, galt wochenlang als vermisst. Das mutmaßliche Verbrechen kam ans Licht, nachdem im November 2020 Knochenteile an einem Waldstück entdeckt worden waren. In der Wohnung des Lehrers stellten Ermittler Blutspuren, Schlachtermesser, eine Knochensäge und verdächtige Anleitungen sicher – eine zur Herstellung von K.-o.-Tropfen, die andere zur Entmannung und Schlachtung eines Menschen. Der Prozess geht am 30. September weiter.