Berlin. Bei der Bewachung von Flüchtlingsheimen sollen kriminelle Netzwerke privater Sicherheitsunternehmen aktiv sein, die das Land Berlin seit Jahren durch Scheinrechnungen und Abrechnungsbetrug schädigen. Das berichtet der Sender RBB.
Über ein Geflecht von Subunternehmen stellten sich die Firmen gegenseitig Scheinrechnungen aus und unterliefen systematisch behördliche Kontrollen. Axel Osmenda, Fachgebietsleiter der Finanzkontrolle Schwarzarbeit beim Hauptzollamt Berlin, bestätigte dem RBB die Existenz solcher Netzwerke: „Da gibt es ganze Unternehmensstrukturen, die einzig und allein zu dem Zweck gegründet werden, Scheinrechnungen zu legen“, sagte Osmenda dem Sender. Der Zoll habe festgestellt, dass dieses Phänomen im Sicherheitsgewerbe in den letzten Jahren zugenommen hat.
Flüchtlingsheime in Berlin: Mehr Sicherheitsleute abgerechnet, als im Einsatz
Laut RBB soll es mindestens zwei bekannte Netzwerke geben, zu denen rund 30 Firmen aus dem Sicherheitsgewerbe gehören. Mit ständig wechselnden Geschäftsadressen, dem Einsetzen von Strohmännern als Geschäftsführer und dem Gründen und schnellen Liquidieren von Unternehmen haben diese Netzwerke eine Verschleierungstaktik entwickelt, die eine Kontrolle erheblich erschwert. Das Landeskriminalamt Berlin bestätigte auf Nachfrage dieses „immer wieder festgestellte Phänomen“, berichtet der Sender.
Die Sicherheitsunternehmen würden demnach auf vielfältige Weise betrügen. So belegen Dokumente, die dem Sender RBB vorliegen, dass in den letzten Jahren in zahlreichen Berliner Flüchtlingsunterkünften immer wieder Wachleute eingesetzt wurden, die nicht über die fachlichen Voraussetzungen oder die vorgeschriebenen Zuverlässigkeitsnachweise verfügten. Zudem wurde systematisch mehr Personal abgerechnet, als in den Heimen zum Einsatz kam. Viele Wachleute würden darüber hinaus schwarz bezahlt, vorbei am Finanzamt und den Sozialversicherungen. Das berichten Branchen-Insider und legen Lohnabrechnungen eines Sicherheitsunternehmens nahe, die dem RBB vorliegen: Danach wohnten in einem Fall alle in einer Berliner Flüchtlingsunterkunft tätigen Wachleute in der nicht existenten „Musterstraße 1“ und erhielten ihre Löhne in bar.
Sicherheitsfirmen sollen Verbindungen ins Clan-Milieu haben
Im Hintergrund dieser Netzwerke, so der RBB, agieren offenbar immer die gleichen Hintermänner. Das Landeskriminalamt bestätigte dem Sender Bezüge solcher Strukturen zur Organisierten Kriminalität. Einige der Sicherheitsfirmen sollen nach Aussage der Polizei Mitgliedern des so genannten Clan-Milieus gehören.
Rund 150 Millionen Euro gab das Landesamt für Flüchtlingsangelegenheiten (LAF) seit 2017 für die Bewachung der Flüchtlingsunterkünfte in Berlin an private Sicherheitsfirmen aus. Die Behörde ist zuständig für 81 Flüchtlingsunterkünfte. Die als Fachaufsicht für das LAF zuständige Senatsverwaltung für Integration, Arbeit und Soziales erklärt in einer Stellungnahme, es seien zwar Missstände bekannt, aber die Senatsverwaltung habe keine Kenntnis von systematischem Betrug. Die Behörde verweist auf ihre umfangreichen Kontrollmechanismen, die Einrichtung einer Beschwerdestelle und eine neue Vertragsgestaltung seit November 2020