Berlin. Der 1. FC Union Berlin hat Vorwürfe gegen die Leitung und bestimmte Mitarbeiter seines Nachwuchsleistungszentrums zurückgewiesen. Wie der Fußball-Bundesligist am Montagabend auf seiner Homepage mitteilte, sehe sich der Verein seit mehreren Monaten "mit anonym und über Dritte vorgetragenen Vorwürfen zum Umgang mit Spielern im Nachwuchsleistungszentrum konfrontiert".
Die Vorwürfe reichten "von Mängeln im persönlichen Umgang von Mitarbeitern des NLZ mit einzelnen Spielern bis zur Unterstellung, dass neben sportlichen Kriterien auch die Herkunft der Spieler eine Rolle bei der Aufnahme ins NLZ bzw. bei der Beurteilung der Leistungsfähigkeit innerhalb des NLZ spielen soll", hieß es in der Stellungnahme.
Der Verein veröffentlichte einen von Journalisten von "BuzzFeed News" und "Märkischer Allgemeinen Zeitung" vorgelegten Fragebogen samt seiner Antworten zu detaillierten Vorwürfen und konkreten Fallbeispielen, laut denen Nachwuchsspieler aufgrund ihrer Leistungsfähigkeit nicht altersgerecht behandelt oder wegen ihres Migrationshintergrundes benachteiligt worden sein sollen.
Am Dienstag veröffentlichten beide Medien unter der Überschrift ""Ausländerquote" bei Union Berlin? Schwere Diskriminierungs-Vorwürfe gegen Bundesligisten" die Ergebnisse aus drei Monaten Recherche. Gesprochen hatten die Journalisten nach eigenen Angaben unter anderen mit 18 ehemaligen Spielern sowie elf Eltern, mit aktuellen und ehemaligen Mitarbeitern des Vereins sowie Beratern. "Die Recherchen zeigen, wie problematisch der Umgang mit Jugendlichen im Nachwuchsleistungszentrum von Union Berlin ist", heißt es in dem Bericht.
"Die Auf- und Übernahmekriterien unseres NLZ sind auf die sportliche und schulische Leistungsfähigkeit sowie auf das Sozialverhalten ausgerichtet. Andere Kriterien, wie Religionszugehörigkeit oder Migrationshintergrund, existieren nicht und werden deshalb von uns nicht erfasst", hieß es in einer Antwort. Eine "Ausländerquote", wie von Eltern in einem Schreiben an den Berliner Fußball-Verband laut Fragestellung erwähnt, gäbe es nicht, "sie wäre weder mit der Satzung noch mit der Nachwuchskonzeption vereinbar", lautete eine Antwort.
Die Fragesteller hatten unter anderem daraufhingewiesen, dass in den Jahrgängen 2003 und 2004 seit 2018 überproportional viele Spieler mit Migrationshintergrund den Verein verlassen hätten und keine neuen Spieler mit Migrationshintergrund aufgenommen worden seien und diese Statistik hinterfragt.
Zudem soll es in persönlichen Gesprächen zu Beleidigungen und verbalen Erniedrigungen von Jugendspielern gekommen sein. Auch dem widersprach der Verein. "Grundsätzlich werden alle Gespräche persönlich, direkt und in einem angemessenen Rahmen geführt. In den Gesprächen werden dem Spieler Inhalte klar, altersgerecht und verständlich erklärt", hieß es von Union.
"BuzzFeed"-Chefredakteur Daniel Drepper twitterte am Dienstag zudem Teile der Kommunikation mit dem 1. FC Union. Dabei verteidigte er das Verhalten der beiden recherchierenden Medien und gab an, dass der Club die Fragen bereits am Montag vor einer Woche erhalten und um Stellungnahme bis vergangenen Donnerstagabend gebeten worden sei.
Dazu kam es nicht, stattdessen bot Union ein Gespräch an diesem Dienstag an. Dieses wurde vom kurzfristig Club abgesagt, da der Fragenkatalog bereits zuvor an Dritte weitergegeben worden war und dies dem Verein offenbar missfiel. Union veröffentlichte stattdessen noch vor der Berichterstattung den Fragenkatalog auf der eigenen Internetseite.
"Es ging Union nicht um professionelle, faire Kommunikation, sondern darum, in die populistische Konfrontation zu gehen, der Geschichte einen Spin zu geben und die eigenen Fans davon zu überzeugen, dass die bösen Journalisten anonyme Vorwürfe nutzen, um den Verein zu beschädigen", twitterte Drepper und ergänzte, dass "wir bei Recherchen sauber, fair, höflich und detailliert konfrontieren".
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