Abgeordnetenhaus

Giffey, Lederer, Jarasch: Koalitionsparteien im Wahlkampf

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dpa
Franziska Giffey (SPD), Bundesfamilienministerin und Co-Vorsitzende der Berliner SPD, wird beim Landesparteitag der SPD Berlin zur Spitzenkandidatin gewählt und Raed Saleh (SPD), ebenfalls Co-Vorsitzender Berliner SPD, gratuliert.

Franziska Giffey (SPD), Bundesfamilienministerin und Co-Vorsitzende der Berliner SPD, wird beim Landesparteitag der SPD Berlin zur Spitzenkandidatin gewählt und Raed Saleh (SPD), ebenfalls Co-Vorsitzender Berliner SPD, gratuliert.

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Noch fünf Monate bis zu Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus. Am Samstag stellen gleich drei Berliner Parteien Weichen für den Wahlkampf und die Zeit danach.

Berlin. Fünf Monate vor der Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus haben die Koalitionspartner SPD, Linke und Grüne den Wahlkampf eröffnet. Auf zum Teil online, zum Teil in Präsenz abgehaltenen Parteitagen stellten sie am Samstag wichtige personelle und programmatische Weichen für die Abstimmung über das künftige Landesparlament am 26. September.

Die SPD kürte ihre Vorsitzende und Bundesfamilienministerin Franziska Giffey zur Spitzenkandidatin, die Linke setzte wie schon 2016 Kultursenator Klaus Lederer auf Platz eins der Landesliste. Die Grünen wiederum wählten Bettina Jarasch, die schon im Dezember als Spitzenkandidatin bestimmt wurde, auf Listenplatz eins - mit fast 98 Prozent und damit dem besten Ergebnis der drei Kontrahenten.

Die CDU als größte Oppositionspartei schickt ihren Landesvorsitzenden als Spitzenkandidaten ins Rennen, den Bundestagsabgeordneten Kai Wegner. "Wir wollen stärkste Kraft werden und Rot-Rot-Grün endlich ablösen", sagte Wegner der "Berliner Morgenpost" (Sonntag). Er warb für ein "digitales Bürgeramt", das etwa An- und Ummeldungen online möglich mache.

SPD und Linke verabschiedeten am Wochenende auch ihre Wahlprogramme. Schwerpunkte, die alle drei Parteien im Wahlkampf beackern wollen, sind das Ringen um bezahlbare Mieten und der Wohnungsbau. Hier gibt es wie auch beim Klimaschutz oder der Verkehrspolitik als weiteren Schwerpunkten neben Gemeinsamkeiten auch Dissens.

SPD: Für Giffey (42) als Spitzenkandidatin votierten 85,7 Prozent der Delegierten. Der SPD-Landesvorstand hatte die Bundesfamilienministerin bereits Ende November nominiert, kurz nach ihrer Wahl zur Parteichefin. Seither ist sie bereits im Wahlkampfmodus viel in der Hauptstadt unterwegs.

Giffey kündigte an, den Wohnungsbau zur "Chefinnensache" zu machen. Nötig seien 20 000 neue Wohnungen pro Jahr - 200 000 bis zum Jahr 2030. "Diese Zahl werden wir nur gemeinsam erreichen, mit den städtischen Wohnungsgesellschaften, mit den Genossenschaften, aber auch mit den privaten Unternehmen", betonte sie. Giffey plädierte für weitere Wohnungsankäufe durch das Land. Eine Enteignung großer Wohnungskonzerne, für die sich eine Initiative im Rahmen eines Volksbegehrens und auch die Linke einsetzt, lehnte sie ab.

Für das SPD-Wahlprogramm votierten die Delegierten mit großer Mehrheit von rund 94 Prozent. Schwerpunkt sind die "fünf 5 B's für Berlin", wie Giffey sie nannte: Bauen von Wohnungen und öffentlichem Nahverkehr, Bildung und Wissenschaft, beste Wirtschaft mit Klimaschutz, bürgernahe Verwaltung und Berlin in Sicherheit.

Auf Platz eins der SPD-Landesliste für die Bundestagswahl wurde der Regierende Bürgermeister Michael Müller (56) gewählt, der nach rund sieben Jahren im Rathaus ein Bundestagsmandat anstrebt. 88,1 Prozent der Delegierten stimmten für ihn. Um das Direktmandat bewirbt er sich im Wahlkreis Charlottenburg-Wilmersdorf.

LINKE: Die Linke wählte ihren Spitzenkandidaten Lederer (47) mit 87,6 Prozent auf Platz eins der Landesliste für die Abgeordnetenhauswahl. Er hatte die Partei schon 2016 in den Wahlkampf geführt. "Franzi hast du schon mal geschlagen", kommentierte Parteichefin Katina Schubert sein Ergebnis mit Blick auf SPD-Frontfrau Giffey. Lederer hat mehrfach dafür plädiert, die rot-rot-grüne Koalition nach der Wahl fortzusetzen. "Wir sind noch lange nicht fertig, sondern wir haben noch eine ganze Menge zu tun", sagte er. Listenplatz zwei nimmt Sozialsenatorin Elke Breitenbach ein, Platz drei Schubert.

In ihrem Wahlprogramm unterstreicht die Linke, Wohnraum sei keine Ware, Wohnen ein Grundrecht. Nach dem Scheitern des Mietendeckel- Gesetzes vor dem Bundesverfassungsgericht setzt sich die Partei unter anderem dafür ein, mehr wirklich bezahlbaren Wohnraum zu bauen und den Anteil landeseigener Wohnungen zu erhöhen, wobei sie dazu auch das Anliegen der Initiative "Deutsche Wohnen & Co. enteignen" unterstützt. Eine Bebauung des Tempelhofer Felds lehnt die Linke ab - genauso wie die Grünen, anders als die SPD.

GRÜNE: Auch die Grünen bestimmten ihre Landesliste für die Abgeordnetenhauswahl. Jarasch (52) fuhr auf Platz eins 97,9 Prozent ein. Das Ergebnis ist noch besser als bei ihrer Kür zur Spitzenkandidatin im Dezember, als sie auf einen Zustimmungswert von 96,6 Prozent kam. Auf Listenplatz zwei folgt Fraktionschefin Antje Kapek, auf drei Bahar Haghani.

Jarasch forderte in ihrer Rede einen stärkeren Beitrag der Verwaltung zum Klimaschutz und brachte die Idee eines Klimabudgets ins Spiel. "Damit wirklich alle Berliner Senatsressorts, alle Verwaltungsebenen und Behörden aktiv Klimaschutz betreiben und CO2-Emissionen einsparen müssen", sagte sie. "Weil jede Behörde dann nur noch eine bestimmte Menge CO2 verbrauchen kann oder sich Ausgleichsmaßnahmen überlegen muss", so Jarasch. "Das ist radikal, aber vernünftig. Denn nur radikaler Klimaschutz ist vernünftig."

Aus Sicht der Grünen sollte Berlin bis spätestens 2035 klimaneutral werden, dazu seien konsequente Maßnahmen auf europäischer, Bundes- und Landesebene nötig.

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( dpa )