Berlin. Der Senat hat alle weiteren Lockerungsschritte für das öffentliche Leben vorerst abgesagt. Vor dem Hintergrund steigender Infektionszahlen, fehlender Tests und knapper Impfstofflieferungen sei es für Öffnungen zu früh, sagte der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach der Senatssitzung am Dienstag. „Es ist eine zermürbende Situation“, sagte Müller. Er verstehe, dass für viele Menschen das Hin und Her in der Pandemie immer schwerer hinnehmbar sei. In Berlin sind aktuell 5786 Menschen mit dem Coronavirus infiziert, die Inzidenz liegt bei 91,3.
Corona in Berlin: Senat sagt Schulrückkehr für 7. bis 9. Klassen vorerst ab
Deswegen wolle der Senat zunächst die bestehenden Lockerungen absichern, bevor weitere Öffnungen zugelassen werden. Der Senat hat daher auch die Rückkehr der 7. bis 9. Klassen an die Schulen gestoppt. Ursprünglich sollten auch diese Klassenstufen in der kommenden Woche in den Wechselunterricht an die Schulen zurückkehren. Jetzt soll das erst nach den Osterferien geschehen.
Bildung und Präsenzunterricht seien sehr wichtig, so Müller, aber weitere Öffnungen müssten im Verhältnis zur Infektionslage und dem Gesundheitsschutz gesehen werden. „Meine Sorge ist, dass wir erneut Verschärfungen beschließen müssten, bevor die neuen Lockerungen richtig umgesetzt sind“, sagte Müller. Nach Ostern sei die Situation sicherlich anders, so dass neue Schritte gegangen werden könnten.
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Corona: Am Freitag will der Berliner Senat erneut zusammentreffen
Die Bund-Länderkommission hatte sich darauf verständigt, dass weitere Lockerungen, wie zum Beispiel die Öffnung der Außengastronomie oder Sport in Kleingruppen, möglich sind, wenn die Inzidenz unter 100 je 100.000 Einwohner liegt. Das ist in Berlin zwar der Fall, aber die Zahlen steigen seit zwei Wochen wieder deutlich an, so dass die 100er-Grenze schon bald überschritten sein könnte.
Allerdings ließ Müller sich eine Hintertür offen. Schon am Freitag will der Senat erneut zusammentreffen, um die Lage neu zu beurteilen. Bis dahin will der Regierende Bürgermeister den Rat von verschiedenen Wissenschaftlern einholen. Es zeichne sich immer mehr ab, dass die Gefahren einer Ansteckung bei privaten Treffen in Innenräumen am größten sind. „Es ist offensichtlich so, dass da das größte Problem liegt“, sagte Müller. In der Außengastronomie sei dagegen einiges möglich, wenn bestimmte Vorgaben eingehalten werden. Wie bereits in Mecklenburg-Vorpommern geschehen, will Berlin deshalb die Luca-App schnell einführen, mit der Kontakte digital nachverfolgt werden können. „Ich will das jetzt machen, wenn der Bund das nicht regelt“, sagte Müller.
Die App kommt seit Freitag in Mecklenburg-Vorpommern in Einrichtungen mit Publikumsverkehr zum Einsatz, etwa Geschäften, Gaststätten, Kulturbetrieben, Hotels und Behörden. Die Ämter können im Fall eines nachgewiesenen Corona-Falls auf die verschlüsselten Daten zur Kontaktverfolgung zurückgreifen. Das Einchecken vor Ort geschieht über das Mobiltelefon.
Einzelhandel in Berlin: Keine weiteren Erleichterungen geplant
Auch für den Einzelhandel sind in Berlin keine weiteren Erleichterungen geplant. „Ich weiß, es ist mühsam und nicht das, was wir mit Flanieren und Shoppen in Verbindung bringen“, sagte Müller zur bestehenden Regelung, Geschäfte nur nach vorheriger Anmeldung besuchen zu können. „Aber es geht.“ Der Handel drängt seit Wochen auf eine Öffnungsperspektive. Die gegenwärtigen Regelungen ermögliche es vielen Geschäften nicht, kostendeckend zu arbeiten, kritisiert der Einzelhandelsverband.
Den Stopp der Impfungen mit dem Astrazeneca-Impfstoff bezeichnete Müller als bitteren Rückschlag und großen Vertrauensverlust. Am Montag hatte die Bundesregierung die Impfungen mit dem Serum gestoppt. Umso wichtiger sei es jetzt, alle vorhandenen Kapazitäten auszunutzen und nicht zu warten, bis Impfstoff für alle Menschen vorhanden sei.
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Die Bundesregierung hatte den für Mittwoch geplanten Impfgipfel kurzfristig abgesagt, nachdem das Astrazeneca-Verbot öffentlich wurde. Auf dem Treffen sollte über die Bedingungen beraten werden, Haus- und Betriebsärzte möglichst früh und flächendeckend mit der Impfung zu betrauen. Wie es nun weitergeht, wird zunächst auf der Ministerpräsidentenkonferenz am Donnerstag und dann bei einem erneuten Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) am Montag besprochen.