Pandemie

Amtsarzt: Lehrkräfte tragen Corona in die Schule

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Susanne Leinemann
Masken sollen Ansteckungen verhindern - genauso wie regelmäßiges Lüften. Aber reicht das wirklich?

Masken sollen Ansteckungen verhindern - genauso wie regelmäßiges Lüften. Aber reicht das wirklich?

Foto: Karl-Josef Hildenbrand / dpa

Amtsarzt Patrick Larscheid aus Reinickendorf kritisiert im Abgeordnetenhaus die Pädagogen, weil sie sich oft nicht an Regeln halten.

  • Der Reinickendorfer Amtsarzt Patrick Larscheid macht Lehrer für Corona-Ausbrüche an Berliner Schulen verantwortlich.
  • Er sagt, viele Lehrer würden sich nicht an Hygieneregeln halten.
  • Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) geht davon aus, dass es deutlich mehr Infektionen an Berliner Schulen gebe als offiziell bekannt.

Berlin. Berlins Gesundheitsämter halten weiterhin am Konzept offener Schulen fest – trotz Corona-Pandemie. „Gott sei Dank sind die Schulen wieder auf“, sagte Patrick Larscheid, Amtsarzt aus Reinickendorf, vertretend für alle seine Bezirkskollegen im Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses. Dort wurde über den Coronastufenplan für Berlins Schulen diskutiert – besonders unter dem Aspekt, ob das Konzept in dieser Form rechtssicher ist. Beim Stufenplan werden alle Schulen einzeln donnerstags farblich neu eingeteilt, es folgen dann bestimmte Hygienemaßnahmen.

Es sei für die „soziale und psychische Gesundheit“ vieler Kinder wichtig, die Schulen so lange wie möglich offenzuhalten. Er räumte aber auch ein: „Wir sehen an den Schulen Ausbruchsgeschehen.“ Allerdings: „Diese Ausbrüche werden zum überwiegenden Teil von Lehrkräften hineingetragen.“ Larscheid betonte mehrmals, dass gerade Pädagogen sich zu oft nicht an die Hygieneregeln hielten. „Wenn mir eine Lehrkraft 40 Kollegen als Kontaktperson der ersten Kategorie nennt“, sagte Larscheid, dann sei dort das richtige Verhalten in Corona-Zeiten nicht im Kopf angekommen.

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Corona in Berlin: „Wir erhalten aus vielen Schulen Hilferufe“

Zur Beratung im Hauptausschuss waren viele Experten aus der Bildung eingeladen – darunter auch Tom Erdmann, der Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), der die bisherige Corona-Politik der Senatsverwaltung für Bildung scharf kritisierte. „Wir erhalten aus vielen Schulen Hilferufe“, so Erdmann. Es gebe, so glaubt er, deutlich mehr Infektionen an Schulen als offiziell bekannt. Die GEW fordere deshalb Unterricht in kleinen Gruppen und Schutzausrüstung für Pädagogen. Er wisse aber auch, wie wichtig die Schule für viele Kinder sei. Nach dem letzten Lockdown seien Kinder in den Unterricht zurückgekehrt, „die wogen zehn Kilo mehr und sprachen kein Wort“.

Aus der Praxis berichtete Ralf Treptow, Vorsitzender der Vereinigung der Berliner Oberstudiendirektoren. Er erzählte von chaotischen Situationen, die er als Schulleiter des Rosa-Luxemburg-Gymnasiums in Pankow erlebt. Weil das Gesundheitsamt mit den Testungen kaum hinterherkommt, müsse er oft Entscheidungen treffen. So habe er kürzlich eine ganze Stufe aufgefordert, vorerst zu Hause zu bleiben, bis die Situation geklärt war. „Es war letztlich eine Bitte an 150 Familien“, so Treptow. Eine Rechtsgrundlage habe er für den Schritt nicht gehabt. Das sei ein Problem.

Landesschülersprecher fordert Maskenpflicht für alle Schulen

Landesschülersprecher Richard Gamp forderte im Ausschuss eine Maskenpflicht für alle Schulen. Der Mund-Nasen-Schutz sei eine „niedrigschwellige Maßnahme von hohem Nutzen“, sagte er. Es brauche eine Ausweitung der Maskenpflicht – und eine Kontrolle. „Denn nicht alle Schüler halten sich daran.“

Bildungssenatorin Sandras Scheeres (SPD) war auch vor Ort und verteidigte den Coronastufenplan für Berlins Schulen. Er sei zusammen mit Experten im Hygienebeirat ausgearbeitet worden, auch die Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts habe man nachträglich noch diskutiert. Bislang habe der Plan sich als gerichtsfest erwiesen. „Wir haben alle Klagen gewonnen“, so Scheeres. Der SPD-Abgeordnete Torsten Schneider warnte allerdings, sich darauf auszuruhen. Das Parlament müsse schleunigst eine rechtssichere Form beschließen.

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