Verfassungsgericht

Berliner Bars wollen Corona-Sperrstunde mit Eilantrag kippen

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RKI warnt vor "unkontrollierbarer" Verbreitung von Coronavirus

RKI warnt vor "unkontrollierbarer" Verbreitung von Coronavirus

Das RKI hat mehr als 4000 Neuinfektionen binnen 24 Stunden verzeichnet, das ist der höchste Stand seit dem Frühjahr. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) nannte die Zahl der Neuinfektionen "besorgniserregend". RKI-Chef Lothar Wieler warnte davor, dass die Epidemie "unkontrollierbar" werden könnte.

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Das Verfassungsgericht soll über die angeordnete Sperrstunde entscheiden. Neuer Vorschlag: Schnelltests vor Berliner Clubs.

Berliner Wirte haben einen Eilantrag beim Berliner Verwaltungsgericht eingereicht, um die vom Senat angeordnete Sperrstunde vorerst außer Kraft zu setzen. Das meldet der RBB. „Wir hoffen, dass das Gericht darüber heute noch entscheidet“, sagte Niko Härting dem Sender. Der Anwalt vertrete sechs Bars aus Neukölln, Friedrichshain, Charlottenburg und Mitte.

Laut Bericht ist ein entsprechender Antrag am späten Donnerstagabend im Verfassungsgericht eingegangen. Allerdings werde das Verwaltungsgericht voraussichtlich erst in der kommenden Woche über den Eilantrag entscheiden, wie ein Gerichtssprecher dem Sender sagte. Der Antrag sei demnach mit 127 Seiten "sehr umfangreich", zudem wolle das Land Berlin noch eine Stellungnahme abgeben, die frühestens am Montag erwartet werden. Bis Anfang der Wolle soll sich auch die Gesundheitsverwaltung zu der Klage äußern.

Im Antrag, der der Berliner Morgenpost vorliegt, heißt es: "2020 war für die Antragsteller – wie für alle Berliner Gastronomen – ein wirtschaftlich besonders schwieriges Jahr. Aufgrund der Corona-Verordnungen des Berliner Senats mussten ihre Gaststätten von Mitte März bis Mitte Mai geschlossen bleiben. Danach konnten die Gastronomen zwar wieder nach und nach öffnen. Durch die Corona-Auflagen und ausbleibende Touristen konnten seit Mitte Mai jedoch nicht ansatzweise die Einnahmen eines normalen Jahres erzielt werden. Die Kosten (Miete, Versicherung, Wareneinsatz, Personal) blieben dagegen weitgehend gleich."

Hilfsprogramme für die Gastronomie würden bislang weder vom Land Berlin noch vom Bund angeboten, heißt es weiter. Zwar gebe es einzelne Hilfsmaßnahmen wie Soforthilfe und Überbrückungshilfe. Die staatlichen Gelder seien im Vergleich zu den Einnahmeeinbußen jedoch zumeist nicht mehr als "ein Tropfen auf dem heißen Stein." Eine Entschädigung der Gastronomen lehne der Antragsgegner ab.

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Sperrstunde in Berlin: Clubcommission schlägt Schnelltests vor Clubs vor

Nach Ansicht der Berliner Clubs ist die vom Senat beschlossene Sperrstunde möglicherweise kontraproduktiv. Die Maßnahme könnte sogar zu einer Verschärfung der Lage führen, da sich bei zeitgleicher Schließung aller Bars, Restaurants und Clubs Menschenansammlungen bilden könnten, die sich dann „gegebenenfalls in Gruppen an nicht-konzessionierte Orte verlagern“, warnte der Dachverband Clubcommission am Freitag. „Ordnungsbehörden werden große Schwierigkeiten haben, die Hygieneregeln in Privatwohnungen oder in den über 2500 Parks und Gärten der Stadt zu kontrollieren.“

Auch vor dem Hintergrund der Erkenntnisse zu den Infektionsherden in den vergangenen Wochen, etwa private Veranstaltungen wie Hochzeiten, sei die Sperrstunde die falsche Maßnahme - „Symbolpolitik“, sagte Sprecher Lutz Leichsenring vom Dachverband Clubcommission. Clubs und Veranstalter hätten sich in den vergangenen Wochen und Monaten „fast ausnahmslos verantwortungsvoll verhalten“. Von der Senatsgesundheitsverwaltung fühle man sich nicht als Partner auf Augenhöhe behandelt, sagte Leichsenring. Die Pandemie sei aber eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.

Der Verband schlägt vor, in den nächsten Tagen Schnelltest-Bereiche vor Clubs einzurichten. Dort sollen Gäste freiwillig, auf eigene Kosten und unter Aufsicht „von angelerntem medizinischen Personal“ einen Corona-Schnelltest machen können. Die Clubs wollten so dazu beitragen, die Virusausbreitung in der jungen Zielgruppe weiter einzudämmen. Die Hygieneregeln sollen bei Veranstaltungen trotzdem gelten. Auf Schnelltests ruhen derzeit in vielen Bereichen Hoffnungen, etwa um Besuche in Pflegeheimen weniger riskant zu machen. Die Ergebnisse sind Experten zufolge allerdings nicht ganz so genau wie der bisher verbreitete Labortest.

Sperrstunde in Berlin gilt ab Sonnabend 0 Uhr

Die neue Regelung, die bei der Eindämmung der Corona-Pandemie helfen soll, gilt nach Senatsangaben ab Sonnabend, 0 Uhr. Das bedeutet, dass Gastwirte am Freitag um Mitternacht schließen müssen - bis zum Sonnabendmorgen um 6 Uhr. Ab Sonnabendabend gilt die Sperrstunde dann entsprechend bereits ab 23 Uhr.

Die Berliner Gastronomie hatte die neuen Regeln, die vor allem auf illegale Partys mit viel Alkohol und ohne Abstand abzielen, scharf kritisiert. Eine Sperrstunde war in der Hauptstadt bisher unbekannt, nur in wenigen Städten weltweit ging es ähnlich freizügig zu. Daher ist die neue Regelung nicht nur ein harter Einschnitt, sondern eine Art Kulturrevolution.

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( BM )