Höhere Instanz verbietet sofortige Konzession für Landesbetrieb Berlin Energie. Vergabestelle muss die Kriterien jetzt neu bewerten.
Unterlegen ist das Land Berlin zwar, am Donnerstag vor dem Kammergericht. Aber ganz verloren ist der Kampf um das Berliner Stromnetz dennoch nicht. Die Berufungsinstanz bestätigte nur die Entscheidung des Landgerichts, dass Berlin die Konzession nicht schon jetzt an den Landesbetrieb Berlin Energie vergeben darf. Das Ende des jahrelangen Rechtsstreits zwischen Berlin und dem aktuellen Netzbetreiber, der Vattenfall-Tochter Stromnetz Berlin GmbH, ist aber auch nach diesem Urteil nicht erreicht.
Der Kartellsenat des Kammergerichts rügte, die beim Finanzsenator angesiedelte Vergabestelle habe dem im Auswahlverfahren unterlegenen Bieter Vattenfall nicht in erforderlichem Umfang Einblick in die Akten gewährt. Und es seien bei der Bewertung der Kriterien Fehler passiert.
Kein Mangel an Neutralität bei der Vergabe
Anders als zuvor das Landgericht teilt der Kartellsenat einige wesentliche Kritikpunkte an der Vergabe jedoch nicht, die Vattenfall vorgebracht und der Richter der unteren Instanz bestätigt hatten. Grundsätzliche Einwände dagegen, dass auch Berlin Energie das Netz betreiben könnte, wurden in der Verhandlung nicht formuliert.
So halten die Richter den Landesbetrieb für berechtigt und befähigt, das Stromnetz zu übernehmen. Auch ein Mangel an Neutralität bei der Vergabe sei nicht festzustellen, auch wenn das Land Berlin Bieter und Vergabestelle in einem ist. Solche Interessenkonflikte seien unvermeidlich, wenn eine Kommune oder eben ein Land politisch entscheide, eine Konzession an einen eigenen Betrieb zu vergeben.
Geteiltes Echo auf den Richterspruch
Das Echo auf den Richterspruch fiel unterschiedlich aus. „Wir gehen nunmehr davon aus, dass das Land Berlin die Entscheidung des Kammergerichts respektiert, zeitnah eine Neubewertung der Angebote vornimmt und eine Entscheidung zugunsten der Stromnetz Berlin trifft“, sagte ein Vattenfall-Sprecher.
Die Genossenschaft Bürgerenergie Berlin, die sich ebenfalls um eine Beteiligung am Stromnetz beworben hatte, sieht jetzt die Vergabestelle am Zug. Aufsichtsratschef Hartmut Gaßner sagte, die Behörde müsse nun den Kritikpunkten des Kammergerichts nachkommen, erweiterte Akteneinsicht gewähren und die Bewertung der Angebote erneut vornehmen. Grünen-Energieexperte Stefan Taschner sprach von einem „schweren Schlag für die Energiewende“. Am Ziel, das Stromnetz zurück in Berliner Hand zu holen, halte man aber fest.
CDU-Landeschef Kai Wegner warb für ein Ende des Rechtsstreits. „Statt sich ideologisch in Gerichtsverfahren und in Verstaatlichungsfantasien zu ergehen, sollten jetzt endlich vernünftige Lösungen mit allen Beteiligten gefunden werden“, sagte Wegner. „Kooperation ist besser als Konfrontation. Eine partnerschaftliche Lösung kann das Know-how der Energiewirtschaft und die staatliche Daseinsvorsorge verbinden.“