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Zahl schwerer Corona-Erkrankungen in Kliniken stark gesunken

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Joachim Fahrun
Behandlung eines Corona-Patienten im Krankenhaus (Archivbild)

Behandlung eines Corona-Patienten im Krankenhaus (Archivbild)

Foto: Ralf Rottmann / FUNKE Foto Services

Charité-Chef Heyo Kroemer sieht keine neuen Intensivfälle mehr – Ursache könne auch das Alter der Infizierten sein.

Berlin. Trotz einer weiter steigenden Zahl von Ansteckungen mit dem Coronavirus auch in Berlin verursacht die Infektion fast keine schweren Krankheitsverläufe mehr. Diesen Befund hat der Vorstandsvorsitzende der Charité, Heyo Kroemer, im Interview mit der Berliner Morgenpost bestätigt: „Wir sehen keine neuen Intensivfälle“, sagte Kroemer, der Berlins Universitätsklinik seit einem guten Jahr leitet.

An der Charité liegen derzeit zehn Patienten wegen Covid-19 auf der Intensivstation. „Wir haben als Universitätsklinik im Rahmen der Arbeitsteilung mit den anderen Berliner Krankenhäusern ja nur die sehr kranken Menschen aufgenommen. Diese Patienten sind aber alle schon seit der ersten Infektionswelle bei uns“, so der Charité-Chef weiter.

Eine wirkliche Erklärung, warum die Infektion kaum noch schwere Erkrankungen auslöst, habe die Wissenschaft noch nicht, sagte Kroemer. Das jüngere Alter der Infizierten könne ein Grund sein. Aber auch die inzwischen deutlich verbesserten Methoden zur Behandlung von Covid-19-Patienten oder die erfolgreiche Isolation von Risikogruppen sind mögliche Erklärungen. Dass das Virus selbst sich verändert haben könnte und nun nicht mehr so gefährlich sei, glauben die Virologen bisher jedoch nicht.

Jetzt die Auflagen gegen die Pandemie zu lockern, hält der Pharmakologie-Professor jedoch für eine „schwierige Abwägung“, vor allem mit Blick über die deutschen Grenzen hinaus. „Wenn wir uns hinsichtlich der Infektionszahlen andere Länder wie etwa die USA anschauen, wie viele Menschen dort in den Krankenhäusern liegen und sterben, dann kann man zu der Überzeugung kommen, dass der Mittelweg, den wir in Deutschland gehen, nicht unvernünftig ist“, sagte Kroemer.

Das gesamte Interview mit Charité-Chef Heyo Kroemer lesen Sie hier.

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Corona in Berlin: Belegung der Charité-Betten fast auf Februar-Niveau

Von der medizinischen Versorgung her sei Berlin bisher ganz gut durch die Pandemie gekommen. Andere Themen müssten jetzt im Vordergrund stehen, glaubt der Charité-Chef. „Sehr drängend werden meines Erachtens die Fragen, welche sozialen und gesellschaftlichen Konsequenzen für unsere Gesellschaft folgen und wie man diese auffängt“, sagte Kroemer. Für die Krankenhäuser bedeutet die geringe Zahl von hospitalisierten Corona-Patienten eine Rückkehr in Richtung Normalbetrieb. Anders als zu Beginn der Pandemie vorgeschrieben, hält die Charité nicht mehr in großem Stil Betten für einen erwarteten Ansturm von Corona-Patienten frei.

Die Belegung sei wieder fast auf dem Niveau von Februar, als die Universitätsklinik zu rund 90 Prozent belegt war. Dass es selbst bei einer zweiten Welle der Pandemie noch einmal einen solchen Lockdown wie im Frühjahr auch in den Krankenhäusern geben werde, glaubt Kroemer nicht. Sollte ein zweiter starker Anstieg der Infektionszahlen kommen, hoffe er, „dass wir die normalen Aktivitäten der Charité nicht noch einmal so stark herunterfahren müssen“.

Mit dem Coronavirus haben sich in Berlin seit Beginn der Pandemie nachweislich 12.253 Menschen infiziert. 226 Menschen sind bislang mit Covid-19 gestorben. 11.124 Patienten gelten als genesen. 903 Menschen sind aktuell in Berlin infiziert. Die Zahl der Patienten auf den Intensivstationen beträgt 15. Insgesamt liegen 44 Menschen in Krankenhäusern. Derzeit werden vor allem aus den Bezirken Tempelhof-Schöneberg, Mitte und Neukölln verstärkt Infektionen gemeldet. Mit insgesamt 1909 Infizierten in der gesamten Pandemie-Zeit gibt es die meisten Erkrankten in Mitte.

Keine Spekulationen zum Fall Alexej Nawalny

Kroemer äußerte sich im Interview auch erstmals zu seinem derzeit prominentesten Patienten, dem russischen Oppositionellen Alexej Nawalny, der mit einem Nervengift-Kampfstoff vergiftet worden war. Der Charité-Chef erklärte, warum man sich nicht zu Vorwürfen aus Russland äußere, Nawalny sei in Deutschland oder gar an der Charité vergiftet worden. Auch prominente Patienten hätten ein „Recht auf Privatsphäre“. Die Charité veröffentliche deshalb alle vier oder fünf Tage ein kurzes schriftliches Statement, wenn etwas passiert ist. „Darüber hinaus beteiligen wir uns überhaupt nicht an Spekulationen.“

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