Bundesverfassungsgericht

Berlin muss Richtern und Staatsanwälten Geld nachzahlen

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Isabell Jürgens
Ein Gerichtshammer in einem Sitzungssaal (Symbolbild).

Ein Gerichtshammer in einem Sitzungssaal (Symbolbild).

Foto: Lex van Lieshout ANP XTRA / picture-alliance

Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass die Besoldung in Berlin teilweise zu niedrig war. Jetzt muss nachgezahlt werden.

Berlin. Das Land Berlin hat die Besoldung für Richter und Staatsanwälte jahrelang in verfassungswidriger Weise zu niedrig bemessen. Ihre Bezüge seien in bestimmten Besoldungsgruppen zu niedrig und nicht mit dem Grundgesetz vereinbar gewesen, entschied das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Dienstag veröffentlichten Beschluss. Das Land muss nun nachbessern und den Betroffenen, die gegen ihre Besoldung Widerspruch oder Klage eingereicht hatten, rückwirkend ein angemessenes Gehalt zahlen. Wie teuer dies für das Land Berlin wird, konnte die Senatsverwaltung für Finanzen am Dienstag auf Nachfrage der Berliner Morgenpost nicht beziffern.

In einer Erklärung teilten die Senatsverwaltungen für Finanzen und Justiz lediglich mit, man habe seit August 2016 die Besoldung für Richter und Staatsanwälte in Berlin um insgesamt 17 Prozent erhöht. Aktuell erhalten Richter in der Besoldungsgruppe R1 zwischen 4480 und 6845 Euro (brutto). „Bis 2021 wird die Besoldung das Niveau des Durchschnitts der Bundesländer erreichen“, heißt es in der Mitteilung.

Berlin hat ein Jahr Zeit, um Besoldung zu korrigieren

Konkret geht es bei der jetzt von den Verfassungsrichtern beanstandeten Besoldung um die Gruppen R1 und R2 in den Jahren 2009 bis 2015 und um die Gruppe R3 im Jahr 2015. Zum Vergleich: 2015 wurden in der Besoldungsgruppe R1 zwischen 3772 und 6057 Euro je Monat gezahlt.

Gegen diese Besoldung hatten sich unter anderem ein Richter sowie ein Vorsitzender Richter am Landgericht gewehrt. Ihre Widersprüche und Klagen waren erfolglos geblieben – bis das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig ihnen beisprang und die Frage schließlich dem obersten deutschen Gericht vorlegte. Das Land Berlin muss nun spätestens mit Wirkung vom 1. Juli 2021 an eine verfassungskonforme Regelung treffen.

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Im Jahr 2015 hatte das Karlsruher Gericht bereits die Besoldung von Richtern und Staatsanwälten in Sachsen-Anhalt für verfassungswidrig erklärt. Dabei zogen die Richter mithilfe von fünf Kriterien gleich auch eine rote Linie, an der sich ein Bundesland als Dienstherr für eine angemessene Bezahlung zu orientieren hat. Im vorliegenden Fall ergebe eine Gesamtschau dieser Parameter, „dass die gewährte Besoldung evident unzureichend war“, befanden die Richter. „Sie genügte nicht, um Richtern und Staatsanwälten einen nach der mit ihrem Amt verbundenen Verantwortung angemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen.“

Zu den Kriterien gehört unter anderem ein Vergleich der Richterbezüge mit der allgemeinen Lohnentwicklung, der Lohnentwicklung für Angestellte im öffentlichen Dienst und auch der Inflation sowie ein Quervergleich mit anderen Bundesländern. Die Richterbesoldung beruht auf der Besoldungsordnung R und umfasst die Stufen R1 bis R10. Dabei gibt es teils erhebliche Unterschiede zwischen den Bundesländern. Klagen gegen die Besoldung beschäftigen Gerichte seit Jahren. Der Deutsche Richterbund forderte in der Vergangenheit immer wieder, zu einer bundesweit einheitlichen Regelung zurückzukehren, wie es sie bis 2006 gegeben hatte.

Marcel Luthe, nach seinem Ausschluss aus der FDP-Fraktion des Berliner Abgeordnetenhauses seit Kurzem fraktionsloses Mitglied in den Ausschüssen für Inneres und Recht, rechnet mit erheblichen Kosten für das Land Berlin. „Wenn alle Richter und Staatsanwälte rückwirkend angemessen besoldet würden, sprechen wir von einem zweistelligen Millionenbetrag“, rechnet Luthe vor.

Auch Löhne von Polizei und Feuerwehr im Fokus

Mit den gleichen Erwägungen dürfte auch die A-Besoldung, die etwa für weite Teile der Polizei und Feuerwehr entscheidend ist, ebenfalls verfassungswidrig sein. Die Entscheidung darüber soll in den nächsten Monaten folgen. „Ich freue mich, dass Berlin nun endlich gezwungen sein wird, die Bedeutung von Polizei, Staatsanwaltschaft und Justiz wieder ausreichend zu würdigen.“ Die dafür notwendigen Mittel müssen durch sofortige Aufgabe rot-rot-grüner Ideologieprojekte freigesetzt werden; statt planwirtschaftlichem Umbau der Stadt muss nun wieder der Rechtsstaat finanziert werden.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) sprach von einem Fingerzeig für die noch ausstehende Bewertung der A- und B-Besoldungsgruppen. „Wir weisen seit Langem darauf hin, dass die Besoldung in Berlin in den zurückliegenden Jahren verfassungswidrig war“, so GdP-Landesvize Stephan Kelm. Rot-Rot-Grün habe die Besoldung in dieser Legislaturperiode zwar spürbar angehoben. Das könne aber nicht die Versäumnisse der Vergangenheit kaschieren. „Wir erwarten, dass der Berliner Senat dieses klare Signal versteht und endlich Farbe bekennt“, so Kelm. Eine rückwirkende Behebung sei für diejenigen Richter und Staatsanwälte erforderlich, die sich gegen die Höhe ihrer Besoldung zeitnah mit den statthaften Rechtsbehelfen gewehrt haben.

Mit Blick auf die Richterbesoldung wurde festgestellt, dass die Besoldungsanhebung 2010 bis 2014 mehr als zehn Prozent unter der Tariferhöhung lag, das Mindestabstandsgebot der Besoldungsgruppen verletzt wurde und hinsichtlich der Entwicklung des Nominallohnindex und im Quervergleich mit der Besoldung in Bund und Ländern maßgebliche Schwellenwerte nicht erreicht wurden.