Mordfall

Weizsäckers Freundin: Wie sein Mörder ihr Glück zerstörte

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Michaela Menschner
Staatsanwaltschaft - Motiv soll allgemeine Abneigung gegen Weizsäcker-Familie sein

Staatsanwaltschaft - Motiv soll allgemeine Abneigung gegen Weizsäcker-Familie sein

Fritz von Weizsäcker, Chefarzt an der Berliner Schlosspark-Klinik und Sohn von Ex-Bundespräsident Richard von Weizsäcker, wurde am Dienstagabend bei einer Messerattacke getötet.

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Vor einem halben Jahr wurde Fritz von Weizsäcker in der Schlosspark-Klinik ermordet. Nun spricht seine Freundin erstmals über die Tat.

Berlin. Sechs Monate nach der tödlichen Messerattacke gegen Fritz von Weizsäcker († 59), hat der angeklagte Gregor S. vor wenigen Tagen vor dem Berliner Landgericht die Tat gestanden. Er bereue nichts, erklärte der 57-Jährige. Die Tötung des Chefarztes der Charlottenburger Schlosspark-Klinik sei geplant und ein Anschlag auf die Familie seit Jahren sein „Lebensziel“ gewesen.

Jetzt sprach die Lebensgefährtin von Fritz von Weizsäcker erstmals öffentlich über die Trauer um ihre „Lebensliebe“ – und über dessen Mörder. „Mir half (…), den Täter in meinen Gedanken zu neutralisieren. Ich empfinde für ihn gar nichts, nicht mal Hass“, sagte die Medizinerin Daniela Kielkowski (48) der Zeitschrift „Bunte“. „Mit seiner sinnfreien Tat nahm er mir das Liebste und zerstörte meine ganze Lebensplanung.“ Und weiter: „Mehr Aufmerksamkeit möchte ich ihm nicht geben“, so die 48-Jährige, „sonst verzweifelt man“.

Fritz von Weizsäcker wohl aus Hass auf die Familie getötet

Gregor S. aus Andernach (Rheinland-Pfalz) wird Mord sowie versuchter Mord an einem Polizisten zur Last gelegt. Als Motiv nimmt die Staatsanwaltschaft wahnhaften Hass auf die Familie des Getöteten an, insbesondere auf den früheren Bundespräsidenten. Bei dem Angriff wurde zudem ein Polizist schwer verletzt. Er besuchte privat den öffentlichen Vortrag, den von Weizsäcker an dem Abend hielt, und konnte den Angreifer schließlich überwältigen.

Die Ernährungsmedizinerin Kielkowski war seit 2012 mit dem Sohn des ehemaligen Bundespräsidenten, Richard von Weizsäcker († 2015) liiert, die in Charlottenburg eine Praxis betreibt. „Wir kannten uns seit zwölf Jahren. Wir waren gute Freunde, bevor wir uns in einander verliebten“, sagte sie der „Bunte“. Seit 2010 hatte Fritz von Weizsäcker von seiner Frau getrennt gelebt, hatte sich später von ihr scheiden lassen. Mit seiner Lebensgefährtin Daniela und deren Kindern hatte der Mediziner zuletzt in Zehlendorf gelebt.

Auch Weizsäckers Freundin wollte am Vortrag teilnehmen

Weil sie am Tag des Verbrechens selbst Sprechstunde hatte bewahrte Kielkowski davor, beim Vortrag in der Charlottenburger Schlosspark-Klinik anwesend zu sein. Über einen Anruf erfuhr sie, dass ihr Partner schwer verletzt sei. Als Kielkowski die Virchow-Klinik erreichte war es bereits zu spät – Fritz von Weizsäcker war in Folge der Messerstiche, die ihm der Attentäter zugefügt hatte, verstorben.

Abschied nehmen konnte Kielkowski von ihrem Lebensgefährten nicht. „Man ließ mich nicht zu ihm.“ Das belastet sie bis heute. „An diesem 19. November ist mein gesamtes bisheriges Leben, auch meine Lebensplanung, buchstäblich versunken.“

Gregor S. erklärte, die Tat sei aus einer „Traumatisierung“ heraus geschehen. Nachdem er 1991 einen Artikel über den Einsatz des Entlaubungsmittels „Agent Orange“ im Vietnamkrieg gelesen hatte, habe er eigentlich einen Anschlag gegen den ehemaligen Bundespräsidenten verüben wollen. Aus seiner Sicht sei Richard von Weizsäcker (1920-2015) durch seine frühere Tätigkeit für das Pharmaunternehmen Boehringer Ingelheim mitverantwortlich. Nun habe er seinen Sohn als Opfer ausgewählt. Gutachter müssen nun im Prozess abschließend über die Schuldfähigkeit von S. befinden.

Weizsäckers Partnerin wollte den Täter im Gerichtssaal sehen

Mit seiner Tat hat Gregor S. das Lebensglück von Daniela Kielkowski zerstört. „Er war die Stecknadel im Heuhaufen. So jemanden wie ihn findet man nur einmal im Leben.“ Manchmal ist die Trauer übermächtig: „Ich weine viel. Heute noch mehr als direkt nach dieser sinnlosen Tat.“ Zunächst habe sie unter Schock gestanden. „Es schützt einen, sich vor lauter Schmerz und Trauer vor ein Auto zu werfen oder aus dem Fenster zu springen.“

Dass sie Gregor S. nun im Gerichtssaal gegenüber getreten ist, war für Kielkowski wichtig. „Diese Konfrontation ist ein Meilenstein auf dem schweren Weg meiner Trauerbewältigung.“