Coronavirus

Berliner Messehalle wird zu Covid-19-Klinik

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Philipp Siebert

Auf dem Messegelände entsteht als Reserve ein Krankenhaus für Coronavirus-Patienten.

Berlin. Unter lautem Surren steigen die roten Hebebühnen nach oben. Die Messebauer befestigen Geräte an der Decke. In Halle 26 des Messegeländes unterm Funkturm haben am Mittwoch die Aufbauarbeiten für das Corona-Notallkrankenhaus begonnen. 500 Betten für Covid19-Erkrankte sollen hier stehen. An rund einem Fünftel davon soll es Beatmungsgeräte geben. Noch ist die knapp 11.000 Quadratmeter große Halle aber noch weitgehend leer.

Neben den vorhandenen 38 Notfallkliniken in Berlin sei das „nur ein Baustein“, sagte Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) bei einem Rundgang durch die Halle. Geplant ist das Behandlungszentrum als Reserve, wenn alle andere Kliniken belegt sind. „Es ist ein Zwischenmodell von einem Krankenhaus und einem Feldlazarett.“ Einen konkreten Eröffnungstermin nannten die Verantwortlichen nicht. Projektleiter Albrecht Broemme sprach von April – eher ein Wunsch. „Aber mein allergrößter Wunsch wäre, wenn hier gar keiner ankommt, weil es so schlimm nicht wird“, sagte der ehemalige Berliner Feuerwehrchef und kürzlich pensionierte Präsident des Technischen Hilfswerks.

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Coronavirus-Krankenhaus in Berlin: Modulare Einheiten, durch Fertigbauwände getrennt

Im Behandlungszentrum soll es insgesamt 1000 Betten geben. Die weiteren 500 sollen in einer anderen Halle der Messe stehen. Laut Broemme beschloss der Senat am Dienstag, dass auf keinen zweiten Standort ausgewichen werden soll. Zuvor waren etwa die Hangars des stillgelegten Flughafens Tempelhof oder das Estrel-Hotel in Neukölln im Gespräch. Laut Broemme seien viele Angebote eingegangen. Seiner Ansicht nach seien aber zwei Standorte ungeeignet. Das Estrel hätte außerdem monatlich 3,6 Millionen Euro gekostet und sei von Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) abgelehnt worden, wie Kalayci der Morgenpost am Dienstag sagte.

In Absprache mit der Messe suche man „jetzt die am besten geeignetste Halle“, so Broemme weiter. Kommende Woche solle dann der Bau des zweiten Teils nach gleichem Schema starten. Das sieht 21 sogenannte Cluster vor – immer gleiche modulare Einheiten, die durch Fertigbauwände getrennt sind. Die meisten davon sind für weniger schwere Fälle vorgesehen. Darin stehen beidseitig eines Ganges jeweils zwölf Betten in einem Abstand von zweieinhalb Metern zueinander. In sieben Clustern, die für die schweren Fälle reserviert sind und mit Beatmungsgeräten ausgestattet sind, sollen nur 16 Betten stehen. Die Versorgung mit Strom und Sauerstoff soll in der ganzen Halle über die Decke erfolgen, wo die sonst zumeist für die Beleuchtung vorgesehenen modularen Träger entsprechend umgerüstet werden.

Das System sei laut des verantwortlichen Architekten Edzard Schultz nach allen hygienischen, brandschutz- und arbeitsschutzrechtlichen Kriterien geplant und könne beliebig ausgeweitet werden. In der Mitte ist außerdem eine Art Gebäude für das Personal geplant, das sich dorthin auch zur Erholung zurückziehen können soll.

Derweil ist mit Vivantes auch ein Träger gefunden. Laut Broemme habe er von anderen Stellen stets Absagen erhalten, der landeseigene Klinikkonzern habe aber sofort zugesagt. „Es hat keine Sekunde gedauert, Ja zu sagen“, so Vivantes-Geschäftsführerin Andrea Grebe. Die Einsatzkräfte sollen auch von ihrem Haus entsprechend geschult werden. Der Konzern übernimmt laut Senatorin Kalayci außerdem gemeinsam mit der Ärztekammer die Personalplanung. Dabei stehe man noch ganz am Anfang. Laut Wulf Pankow, bis zu seiner Pensionierung 2019 Chefarzt im Vivantes-Klinikum Neukölln, plane man ein professionelles Rekrutierungsverfahren. Er gehe davon aus, dass für 500 Betten 100 Ärzte und 500 Pflegekräfte gebraucht würden. Mit allen zusätzlichen Arbeiten, die anfallen, schätzt Broemme den Bedarf auf rund 1000 Mitarbeiter.

Bereits 550 Ärzte haben sich freiwillig gemeldet

Bewerben kann man sich dafür auch bei der Berliner Ärztekammer, die die Kontakte dann laut ihres Präsidenten Günther Jonitz an Vivantes weitergebe. „Mit Stand heute haben wir 550 Ärztinnen und Ärzte, die sich bei der Kassenärztlichen Vereinigung und bei uns gemeldet haben, um hier gegebenenfalls tätig zu werden.“ Nicht alle könne man an der Messe einsetzen. Die Kunst bestehe nun darin, so zu sortieren, dass es funktioniere, so Jonitz weiter.

Dass Problem, auch Pflegekräfte zu finden, ist laut Broemme ebenfalls „lösbar“. Der Engpass an fehlendem Verbrauchsmaterial wie Masken werde sich dank nun wieder anlaufender Handelsketten insbesondere aus China bald auflösen. Einzig das geeignete medizinische Gerät herbeizuschaffen, stelle ihn noch vor Herausforderungen. „Aber es wird funktionieren.“ Gegebenenfalls fordere er die Unterstützung der Bundeswehr an. Die Gesamtkosten für den Bau wurden in der vergangenen Woche auf 100 Millionen Euro beziffert. Für alles übrige kalkuliere man noch, so Broemme.