Berlin. Experten beantworten am Lesertelefon Fragen zu dem neuen Gesetz, das am kommenden Wochenende in Kraft tritt.

Der Berliner Mietendeckel wird am kommenden Sonntag, den 23. Februar, in Kraft treten. Wie die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mitteilte, wird das Gesetz einen Tag vorher, am 22. Februar, im Gesetzes- und Verordnungsblatt veröffentlicht werden – die Voraussetzung für das Inkrafttreten des Gesetzes.

Doch welche Änderungen bringt das Gesetz für Mieter und Vermieter mit sich? Wie groß die Unsicherheit der Berliner eine Woche vor Inkrafttreten des Gesetzes immer noch ist, hat sich auch in der gemeinsamen Telefonaktion des Berliner Anwaltsvereins und der Berliner Morgenpost zum Thema Mietendeckel gezeigt. Auch wenn das Mietendeckel-Gesetz vom Verfassungsgericht später für unzulässig erklärt werden sollte – FDP- und CDU-Fraktion bereiten ein Normenkontrollklageverfahren vor –, so sollten sich doch zunächst alle Vermieter an die neuen Regeln halten, empfehlen die Experten.

Die Leser hatten viele kniffelige Fragen an die drei Rechtsanwälte Johannes Hofele, Barbara Hoeck-Eisenbach und Kirsten Metter (v.l.).
Die Leser hatten viele kniffelige Fragen an die drei Rechtsanwälte Johannes Hofele, Barbara Hoeck-Eisenbach und Kirsten Metter (v.l.). © FUNKE FotoServices | Maurizio Gambarini

Die Telefone der drei Immobilienrechtsexperten Barbara Hoeck-Eisenbach, Johannes Hofele und Kirsten Metter standen am Sonnabend nicht still, zudem erreichten zahlreiche schriftliche Anfragen per E-Mail die Redaktion. Weil sich einige Fragen häufig wiederholten, haben wir diese zusammengefasst und an jeweils einem Beispiel konkret beantwortet. Dennoch waren die Fragen so zahlreich, dass wir uns entschlossen haben, in den kommenden Tagen einen zweiten Teil mit den verbliebenen Fragen – und selbstverständlich den Antworten der Experten – zu veröffentlichen.

Ich habe eine Mieterhöhung von derzeit 10,49 Euro auf 11,63 Euro für meine Wohnung in Dahlem zum 1. April 2020 erhalten. Wie soll ich mich verhalten?

Sowie das Gesetz am 23. Februar in Kraft tritt, dürfen die Mieten nicht über dem Betrag liegen, der am 18. Juni 2019 verlangt wurde. Die Mieterhöhung ist also nicht wirksam. Das Gesetz sieht vor, dass der Vermieter innerhalb von zwei Monaten seinen Mietern mitteilen muss, welche sogenannten „Umstände“ für die Wohnung gelten, also, wann das Haus errichtet wurde, in welcher Wohnlage es sich befindet, und wie die Wohnung ausgestattet ist. Eine konkrete neue Mietberechnung muss er zunächst nicht vorlegen. Das muss erst neun Monate nach Inkrafttreten des Gesetzes geschehen, dann besteht auch die Möglichkeit, zu hohe Mieten abzusenken – immer vorausgesetzt, der Mietendeckel hat vor den Gerichten Bestand. Konkret würde ich vorschlagen, der Mieterhöhung zuzustimmen, mit dem Hinweis, dass sich durch den Mietendeckel Änderungen ergeben könnten. Dadurch gehen keine Ansprüche verloren, aber man gerät nicht in Gefahr, Mietschulden anzuhäufen, sollte der Mietendeckel vor Gericht keinen Bestand haben.

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Ich habe ein gutes Verhältnis zu meinem Vermieter und bin bereit, die geforderte Mieterhöhung teilweise zu zahlen. Derzeit verhandele ich mit ihm über einen Kompromiss. Ist das mit dem Mietendeckel zu vereinbaren?

Wenn die Miete über den vom Mietendeckel festgesetzten Obergrenzen liegt, droht dem Vermieter ein Bußgeld, auch wenn Sie freiwillig bereit sind, mehr Miete zu zahlen. Beim Mietendeckel handelt es sich um ein Verbotsgesetz. Während die Risiken für Mieter relativ gering sind, steht der Vermieter in der Pflicht, das Gesetz einzuhalten. Übrigens: Das Gesetz erlegt auch den Mietern eine – bußgeldbewehrte – Pflicht zur Auskunfterteilung. Wenn das Amt Sie fragt, müssen Sie also auch als Mieter alle gewünschten Angaben machen (§ 2 Abs. 3 Satz 3, § 11 Abs. 1 Nr. 1).

Ich vermiete ein Reihenhaus in Reinickendorf, habe ein Mietwertgutachten erstellen lassen und möchte die Miete um 15 Prozent erhöhen. Die Mieter haben der Erhöhung im Hinblick auf den Mietendeckel nicht zugestimmt. Wie berechne ich die zulässige Höchstmiete? Als Privatvermieter fühle ich mich allein gelassen.

Wenn das Gesetz in Kraft getreten ist, haben Sie zunächst zwei Monate lang Zeit, den Mietern die Wohnumstände mitzuteilen. Dazu gehören Informationen über das Baujahr, ob das Haus über eine Sammelheizung und ein Bad verfügt, ob eine moderne Ausstattung vorliegt und ob seit dem 18. Juni 2019 Modernisierungen vorgenommen wurden. Mit diesen Informationen kann der Mieter anhand der Miettabelle des Senates seine erlaubte Miethöhe selbst berechnen. Erst in neun Monaten müssen dann vom Vermieter konkrete Zahlen genannt werden. Genau kann man das derzeit noch nicht berechnen, da der Senat noch keine Tabellen veröffentlicht hat, die die Wohnlage beschreibt.

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Ich möchte mit meiner Freundin zum 1. März eine neue Wohnung beziehen. Die Miete liegt mit 15 Euro je Quadratmeter weit über den vom Mietendeckel geforderten Obergrenzen. Der Vermieter begründet das damit, dass die Wohnung umfassend saniert wurde und es sich quasi um einen Erstbezug handelt – und damit nicht vom Mietendeckel gedeckt ist. Ist das richtig so?

Wenn die Wohnung schon vor 2014 existierte und nicht leer stand, dann fällt sie unter die Regelungen des Mietendeckels. Ich würde mich allerdings vor der Unterzeichnung des Mietvertrages nicht auf den Mietendeckel berufen. Der Vermieter muss von sich aus tätig werden. Nach Inkrafttreten des Gesetzes darf er keine Miete fordern oder entgegennehmen, die über den vom Mietendeckel geforderten Grenzen liegt. Unabhängig davon können Sie prüfen lassen, ob die Miete gegen die Mietpreisbremse des Bundes verstößt. Das könnte hier der Fall sein.

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Ich habe als Vermieter mehrere Mieterhöhungen ausgesprochen, teilweise vor dem 18. Juni und teilweise danach. Alle Mieter haben zugestimmt. Wenn der Mietendeckel gilt, muss ich die Mieten neu berechnen. Aber muss ich zu viel gezahlte Miete auch rückwirkend erstatten?

Der Senat möchte das so, aber ob man auch rückwirkend zu viel gezahlte Miete erstatten muss, ist noch nicht geklärt. Ich würde in jedem Fall nicht unaufgefordert rückwirkend Miete erstatten.

Ich habe für meine Schmargendorfer Wohnung einen Index-Mietvertrag. Demnach müsste ich im kommenden Jahr mehr Miete zahlen. Bin ich vom Mietendeckel geschützt?

Ja. Der Mietendeckel gilt auch für Index- und Staffelmieten – wenn die Wohnung vor 2014 fertig gestellt wurden. Wie es dann nach Ende des Mietendeckels in fünf Jahren aussieht, ist unklar.

Meine Schwiegermutter ist gestorben, und wir haben ihre Wohnung geerbt. Da wir ein Geschwister auszahlen müssen, haben wir einen Kredit aufgenommen. Nun wollen wir die 1962 gebaute Wohnung instandsetzen und vermieten. Wie viel Miete können wir verlangen, und können wir einen Aufschlag für die Gartennutzung erheben?

Da die Wohnung bereits als Wohnung genutzt und vor 2014 gebaut wurde, ist sie an den Mietendeckel gebunden. Wenn sie über eine Heizung und ein Bad verfügt, dann beträgt die Höchstgrenze 6,08 Euro, und es kommen noch Zu- oder Abschläge wegen der Wohnlage dazu. Dazu können sie bei bestimmten Sanierungsmaßnahmen bis zu einen Euro Aufschlag verlangen, zum Beispiel für eine energetische Fenstersanierung oder eine hochwertige Sanitärausstattung. Die Gartennutzung gehört allerdings nicht dazu.

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Meine Mutter ist Mieterin in einer Einrichtung des betreuten Wohnens. Sie zahlt eine Netto-Kalt-Miete und ein zusätzliches Service-Entgelt für bestimmte Leistungen. Die Netto-Kalt-Miete liegt deutlich über den Obergrenzen des Mietendeckels. Findet er hier Anwendung?

Laut Mietendeckelgesetz sind Einrichtungen der Wohlfahrtspflege und der Teilhabe von der Regelung ausgenommen. Wie es sich hier verhält, ist eine interessante Frage. Ich tendiere dazu, dass hier der Mietendeckel gilt, weil ja ein Zusatzvertrag für bestimmte Service-Leistungen besteht.

Ich lebe in einer kleinen Mietwohnung mit 36 Quadratmetern in Wedding und zahle 156 Euro Kaltmiete. Das Haus wurde zwischen dem 1. April und dem 1. Oktober 2019 energetisch saniert. Wir bekamen neue Fenster, die Fassade und das Dach wurden gedämmt. Jetzt bekam ich am 30. Dezember eine Mieterhöhung um 74 Euro, die ab dem 1. März zu zahlen ist. Ist diese Erhöhung gerechtfertigt?

Für Ihre Wohnung gilt der Mietendeckel. Das heißt, nach einer energetischen Sanierung darf die Miete nur um maximal ein Euro je Quadratmeter ausfallen. Hier sind es rund zwei Euro. Die Miete darf erhöht werden, aber nicht in dieser Höhe.

Ich habe meinen Mietern im Mai 2019 – also vor Ankündigung des Mietendeckels – eine Mieterhöhung mit Wirkung zum 1. August angekündigt. Die Mieter haben dem nicht zugestimmt, sind aber vom Amtsgericht dazu verpflichtet worden. Das Verfahren liegt beim Landgericht. Müssen die Mieter die zu Recht erhöhte Miete zwischen dem 1. August und dem Inkrafttreten des Gesetzes trotzdem zahlen?

Das ist eine interessante Frage. Zunächst einmal müssen Sie die Mieter in den kommenden zwei Monaten über die Wohnumstände informieren. Ansonsten sollten Sie zunächst die Entscheidung des Landgerichts abwarten und sich juristischen Rat einholen. Ich würde jetzt noch nicht die erhöhte Miete rückwirkend ab dem 1. August von den Mietern einfordern.

Ich besitze eine Drei-Zimmer-Wohnung in Spandau, die ich mit jeweils einzelnen Mietverträgen an drei Studenten vermietet habe. Gilt denn der Mietendeckel auch für WG-Zimmer?

Ja, auch Ihre Wohnung fällt unter die Regelungen des Mietendeckels. Und da Sie mit jedem der drei Bewohner einzeln einen Mietvertrag geschlossen haben, müssen Sie auch jeden einzeln innerhalb der gesetzlich vorgeschriebenen Zwei-Monats-Frist nach Inkrafttreten des Gesetzes über die sogenannten Wohnumstände informieren – also über das Baualter, die Ausstattung mit Sammelheizung und Bad sowie eventuell hochwertige Ausstattungsmerkmale.

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Ich plane eine Wohnung in Prenzlauer Berg zu kaufen, in der aktuell noch der Sohn des Besitzers wohnt. Der zahlt jedoch keine Miete. Wie ermittele ich nun, welche Miete bei einer Neuvermietung gilt?

In diesem Fall gibt es keine Vormiete, die auf den Stand vom 18. Juni 2019 eingefroren werden kann. In diesem Fall müssen Sie die erstmalige Miete nach den Tabellenwerten ermitteln, die im Gesetz für eine Wohnung entsprechenden Baualters und Ausstattung sowie Lage und eventuell moderner Ausstattung ausgewiesen ist.

Ich vermiete eine Anfang der 60er-Jahre errichtete Wohnung in der Gropiusstadt in Neukölln. Der Mieter wohnt dort seit vielen Jahren und zahlt entsprechend eine sehr geringe Miete, die deutlich unter den Mietendeckelwerten liegt. Muss ich ihm trotzdem ein Informationsschreiben zuschicken? Das macht doch gar keinen Sinn?

Auch wenn Sie sich sicher sind, dass die von Ihnen verlangte Miete deutlich unter den Obergrenzen des Mietendeckels liegt, sind Sie dennoch nicht von der Informationspflicht befreit. Wenn Sie dieses Schreiben nicht fristgerecht binnen zwei Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes losschicken, begehen Sie eine Ordnungswidrigkeit, die mit einem Bußgeld belegt werden kann.

Gibt es Vordrucke, Formblätter oder Formulierungshilfen, die mir dabei helfen, meiner Informationspflicht als Vermieter nachzukommen ?

Formulierungsvorschläge gibt es sicherlich von Vermieterorganisationen, ich denke, dass Sie solche bald im Internet finden. Man kann nur hoffen, dass die Senatsverwaltung auch welche auf die Homepage stellt und die Vermieter hier nicht vergisst. Ansonsten müssten Sie sich konkret beraten lassen, wenn Sie unsicher sind.

Ich vermiete eine Wohnung Baujahr 1965 in Mariendorf. Ich bin jedoch schon alt und habe keinen eigenen Internetzugang. Wo finde ich denn die Tabelle, nach der ich herausfinden kann, was der Mieter künftig zu zahlen hat?

Fachverlage wie Haus & Grund haben die Tabelle bereits veröffentlicht, auch Tageszeitungen wie die Berliner Morgenpost haben sie mehrfach abgedruckt – und auch dem heutigen Bericht wieder beigestellt. Zudem hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung mitgeteilt, dass in Kürze am Standort der Verwaltung an der Württembergischen Straße 6, 10707 Berlin, eine Informationsstelle eingerichtet wird. Auch die Bezirksämter werden entsprechende Anlaufstellen einrichten. Ein genaues Datum steht noch nicht fest. Sonst empfehle ich Ihnen, bei Bekannten oder Verwandten mit Internetzugang anzufragen, ob diese Ihnen das Gesetz mit der Tabelle nicht ausdrucken können. Das Gesetz finden Sie auf der Homepage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung unter dem Stichwort Mietendeckel. Unter Paragraf 6 finden Sie dort die Tabelle.

Die Berliner Morgenpost veranstaltet am Mittwoch, 19. Februar, ein Forum, auf dem sich Leserinnen und Leser bei Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke) sowie anderen Experten über die Bau- und Mietenpolitik in der Stadt informieren können. Das Forum „Bauen oder deckeln – der Streit um die Wohnungspolitik in Berlin“ ist allerdings komplett ausgebucht. Wir werden über die wichtigsten Ergebnisse dieser Veranstaltung in unserer Freitag-Ausgabe berichten. Den zweiten Teil der Auswertung unserer Telefonaktion und der von Ihnen per E-Mail übermittelten Fragen veröffentlichen wir in den kommenden Tagen.