„Open Humboldt“

Die Humboldt-Universität will raus aus dem Elfenbeinturm

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Anna Lindemann
Das geplante Humboldt Labor im künftigen Humboldt Forum ist Teil des Wissenschaftskiezes.

Das geplante Humboldt Labor im künftigen Humboldt Forum ist Teil des Wissenschaftskiezes.

Foto: DAVIDS/Lem

Die Humboldt-Universität will sich mit dem neuen „Wissenschaftskiez“ auch der Gesellschaft öffnen.

Berlin.  Die Humboldt-Universität plant für die kommenden Jahre einen offensiveren und stärkeren Dialog zwischen Wissenschaft, Gesellschaft und Kultur. Unter dem Titel „Open Humboldt“ wolle die Universität 2020 dafür verschiedene Formate vorantreiben, wie die Universitäts-Präsidentin Sabine Kunst am Montag auf einer Pressekonferenz mitteilte. Wissenschaftliche Erkenntnisse alleine würden nicht mehr ausreichen. „Trotz Faktenwissens muss es Klick machen, für ein echtes Verstehen muss man auch berührt werden“, sagt Kunst.

Auch die Migrationsforscherin Naika Faroutan betonte die Wichtigkeit von neuen Kommunikationsstrategien zwischen Forschern und Bürgern. Allein mit wissenschaftlicher Grundlagenforschung käme man nicht mehr gegen das Bauchgefühl vieler Menschen an. Es bräuchte neue Wege, um wissenschaftliche Erkenntnisse schneller und transparenter an eine breite Öffentlichkeit zu bringen. Dafür sei es wichtig, mit Menschen außerhalb der Wissenschaft zusammenzuarbeiten, um Ergebnisse in Zukunft besser an die Öffentlichkeit zu transportieren.

Ziel von „Open Humboldt“ sei es, Interaktionsmöglichkeiten zwischen Wissenschaft und Gesellschaft experimentell zu erproben. Die Universität wolle so mehr Vertrauen in die Wissenschaft und mehr nachhaltigen gesellschaftlichen Einfluss erreichen. Konkret umfasst der Prozess sieben teilweise bekannte und teilweise neue Projekte. Fünf stellen wir vor.

Wissenschaftscampus für Natur und Gesellschaft

Gemeinsam mit dem Museum für Naturkunde Berlin entwickelt die Humboldt Universität in den kommenden zehn Jahren einen Wissenschaftscampus an der Invalidenstraße in Mitte. Der Campus solle als Schnittstelle zwischen Museum, Forschung und Gesellschaft neue Wege der Interaktion ermöglichen. Die Gesamtkosten belaufen sich nach aktueller Prognose auf etwa 660 Millionen Euro, wie ein Sprecher der Universität mitteilte. Geplant sei es, auf dem Campus transdisziplinäre Forschung mit verschiedenen Fachbereichen und internationalen Partnern voran zu treiben. In Ausstellungsräumen sollen außerdem über 30 Millionen Objekte aus naturhistorischen Sammlungen untergebracht werden. Darüber hinaus soll die „Berlin School of Public Engagement“ neue Austauschmöglichkeiten für Forscher und Bevölkerung geben. Eine dreijährige Pilotphase finanziert von der Robert Bosch Stiftung sei bereits in Planung.

Humboldt Labor im Humboldt Forum

Im September 2020 soll im Humboldt Forum mit dem Humboldt Labor ein öffentlicher Ort der Wissenschaft entstehen. Präsentiert wird hier in erster Linie die Forschung der Exzellenz-Cluster des Berliner Universitäten-Verbundes. So sollen aktuell drängende Fragestellungen interdisziplinär untersucht werden. Und ein Ort der Vernetzung und des Austausches zwischen Wissenschaft und Gesellschaft entstehen.

Theater des Anthropozän

Das Theater des Anthropozän soll zu der Vernetzung zwischen Künstlern, Wissenschaftlern, Gestaltern und Gesellschaft beitragen. Dafür sollen neue gesellschaftliche und ökologische Entwicklungen mit den Mitteln der Bühne untersucht werden. Die Thematiken umfassen unter anderem Emission und Atmosphäre, Recht und Gerechtigkeit, die Verschmutzung der Ozeane und der Verlust an Biodiversität. In den Inszenierungen sollen einerseits Schauspieler und andererseits Wissenschaftler mitwirken. „Das Publikum soll sowohl emotional als auch kognitiv berührt werden“, sagt Frank Radditz, der das Theater künstlerisch leitet. In diesem Frühjahr läuft die Veranstaltungsreihe „Requiem für den Wald“.

Bahnhof der Wissenschaften

Im U-Bahnhof „Unter den Linden“ soll mit der Öffnung der Line U5 ein Wissenschaftsbahnhof mit einer Ausstellung der Humboldt Universität entstehen. Grafische Wimmelbilder sollen das geologische Zeitalter des Menschen, das sogenannte Anthropozän, thematisieren. Konkret ist in Planung, verschiedene Umwelten wie Atmosphäre, Stadt und Wald und Boden zu visualisieren. Die Ausstellung solle zeigen, wie wissenschaftliche Forschung auf die Problemlage reagiere und welche Handlungsperspektiven sich daraus entwickeln.

Wissensportal Nachhaltigkeit

In Kooperation mit dem Hasso-Plattner-Institut in Potsdam entwickelt die Humboldt-Universität derzeit eine digitale Plattform zur Verbreitung wissenschaftlicher Erkenntnisse. Fokus liegt dabei auf Nachhaltigkeitsthemen, die wissenschaftlich und bürgernah aufbereitet werden sollen. So soll ein Austausch zwischen Wissenschaftlern, Aktivisten, Qualitätsmedien und Interessierten entstehen. Das Wissensportal soll noch 2020 online gehen. Darüber hinaus plant die Universität neue Formate der Wissenschaftskommunikation im Rahmen des Berliner Universitäten-Verbundes, sowie die Mitwirkung bei den Plänen im Palais am Festungsgraben in Mitte.