An den Flughäfen Tegel und Schönefeld hängen Plakate, die über das Virus aufklären. Ein Tweet des Senats sorgt derweil für Kritik.

  • In Berlin hat es auf das Coronavirus einen ersten Verdachtsfall gegeben. Eine Frau wurde Im DRK-Klinikum Mitte isoliert. Das Testergebnis war jedoch negativ.
  • In Berlin werden vermehrt Atemschutzmasken gekauft.
  • An einem bei Twitter verbreiteten Aufruf der Senatsverwaltung für Gesundheit, sich im Verdachtsfall in die Notaufnahme zu begeben, gab es heftige Kritik von Nutzern. Am Dienstagmorgen löschte die Senatsverwaltung den kritisierten Tweet.
  • Nun weist die Senatsverwaltung darauf hin, im Verdachtsfall zu Hause zu bleiben und zunächst telefonisch Notaufnahme, Hausarzt oder ärztlichen Notdienst zu verständigen.
  • Die Senatsverwaltung hat unter 030 90 28 28 28 eine Bürgerhotline geschaltet für Menschen, die sich für möglicherweise infiziert halten.

Berlin. Die Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit hat am Dienstagmorgen eine Bürgerhotline geschaltet für Menschen, die sich für möglicherweise mit dem Coronavirus infiziert halten. Zwischen 8 und 20 Uhr sollen Betroffene sich unter 030-90 28 28 28 melden können. Unter der Nummer beraten laut Senatsverwaltung Fachleute Menschen, die befürchten, sich angesteckt zu haben.

Kritik gab es an der Berliner Senatsverwaltung für Gesundheit im Umgang mit dem Coronavirus: Am Sonnabend, 25. Januar, verbreitete die Verwaltung über ihren Twitter-Account die Nachricht "Falls Sie aus dem Risikogebiet (Provinz Hubei, China) kommen oder Kontakt mit Personen aus dem Risikogebiet hatten und Symptome einer Atemwegserkrankung aufweisen, suchen Sie eine Notaufnahme auf und lassen sich testen."

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Coronavirus: Senatsverwaltung für Gesundheit löscht kritisierten Tweet

Mit einem ansteckenden und potenziell tödlichen Virus durch Berlin in die Notaufnahme? Das sorgte für zahlreiche negative Reaktionen. "Sind Sie eigentlich komplett wahnsinnig geworden? In jedem anderen betroffenen Land wird dazu geraten, zunächst Zuhause zu bleiben und Telefonkontakt zu einem Arzt bzw. ärztlichen Bereitschaftsdienst aufzunehmen. Anstatt dessen schön die Notaufnahmen vollhusten?", schrieb eine Nutzerin. "Löschen Sie diesen Tweet. Dringend!", schrieb ein anderer.

"Angesichts der Zustände in den deutschen Krankenhäusern mit dem Nadelöhr Notaufnahme ist dies de facto ein Aufruf zum Weiterverbreiten des Virus. Zum Vergleich: In Frankreich gibt es den öffentlichen Aufruf, im Verdachtsfalle auf keinen Fall die Notaufnahmen aufzusuchen", schreibt ein Twitter-Nutzer. Jemand anderes kommentiert: "Also, mit Euch habe ich nicht den geringsten Zweifel, dass sich das Virus schnell ausbreitet."

Am Folgetag ergänzte die Senatsverwaltung ihren Tweet mit dem Hinweis: "Selbstverständlich ist es sinnvoll, sich vorher telefonisch anzukündigen, wie es auch bereits empfohlen wurde." Zwei weitere Tage später, am 27. Januar, fügte sie zudem Hinweise zum "genauen Vorgehen im Verdachtsfall" hinzu.

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Dort wird dazu aufgerufen, im Verdachtsfall die nächstgelegene Notaufnahme, den Hausarzt oder den kassenärztlichen Notdienst unter 116-117 zu verständigen, "um den Weg zur Abklärung zu besprechen". Der Ursprungstweet, der lediglich den Aufruf enthält, sich in die Notaufnahme zu begeben, war am frühen Dienstagmorgen zunächst noch online, wurde am späteren Morgen aber gelöscht.

Coronavirus: Aufklärungsaktion an Berliner Flughäfen

Der Berliner Morgenpost teilte die Senatsverwaltung für Gesundheit auf Anfrage zuvor mit, sie habe ihre Empfehlungen "konkretisiert". Zudem verstärkte das Land Berlin seine Vorsichtsmaßnahmen. Die Senatsverwaltung startete am Sonntag eine Aufklärungsaktion an den Berliner Flughäfen Tegel (TXL) und Schönefeld (SXF). Airport-Mitarbeiter hängten Plakate auf, die über das Coronavirus informieren, und verteilten Flyer an An- und Abreisende.

Darauf vermerkt sind in Deutsch, Englisch und Chinesisch die Symptome sowie Handlungsempfehlungen, falls Beschwerden auftreten – unter anderem „Bleiben Sie zu Hause“ und „Vermeiden Sie unnötige Kontakte“. Am Sonntag gab es jeweils einen Flug von und nach Peking.

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Angesichts des ersten bestätigten Falls in Deutschland hat die Krankenkasse Barmer eine Hotline zum Coronavirus eingerichtet. Medizinexperten geben hier rund um die Uhr Informationen darüber, wer besonders gefährdet ist, wie man sich schützen und einen Verdachtsfall erkennen kann. „Unsere Experten kennen den aktuellen Stand der medizinischen Forschung und können deshalb helfen, Unsicherheit oder gar Angst zu vermeiden“, erklärte Gabriela Leyh, Landesgeschäftsführerin der Barmer Berlin/Brandenburg. Die kostenlose Hotline stehe jedem – also nicht nur Barmer-Versicherten – rund um die Uhr offen unter 0800 84 84 111.

Coronavirus: In Berlin werden verstärkt Atemschutz-Masken gekauft

Infoplakat zum Coronavirus am Flughafen Tegel
Infoplakat zum Coronavirus am Flughafen Tegel © Julian Würzer

Kaum sind die ersten Verdachtsfälle in Europa gemeldet, reagiert die deutsche Bevölkerung. Erste Apotheken in Berlin meldeten am Montag einen erhöhten Verkauf an Atemschutz-Masken. "Wir sind vollkommen ausverkauft", sagt eine Angestellte der Lichtenberg Apotheke der Berliner Morgenpost. "Die Kunden haben unsere ganzen Vorräte aufgekauft. Wir haben nun vermehrt Mundschutz-Masken nachbestellt." Seit vergangenem Freitag kämen verstärkt besorgte Kunden zu ihnen in die Apotheke.

Auch in anderen Teilen der Stadt reagierten Kunden unruhig. "Es werden deutlich mehr Mundschutz-Masken gekauft", sagte eine Angestellte der Apotheke am Kurfürstendamm. Die MediosApotheke am Hackeschen Markt bestätigt den Anstieg ebenfalls.

In Marzahn reagiert man indes scheinbar gelassener. "Alles easy bei uns", hieß es aus der Pluspunkt Apotheke im Eastgate. Dort habe bisher keiner nach Schutzmaßnahmen gefragt.

Berlins Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci (SPD) sagte am Rande der SPD-Fraktionsklausur in Nürnberg: „Berlin ist gut vorbereitet auf den Ernstfall.“ Notaufnahmen und Rettungsdienste seien über die Erkrankung informiert. Berlin verfüge mit dem Institut für Virologie und der Sonderisolierstation im Universitätsklinikum Charité zudem über eine gute Ausstattung, sollte es auch in der Hauptstadt zu Erkrankungen kommen.

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Verdacht auf Coronavirus in Berlin bestätigte sich nicht

Zuvor gab es in Berlin einen ersten Verdachtsfall auf die Krankheit. Das bestätigte Romina Rochow, Pressesprecherin der DRK-Kliniken, am Sonntag auf Nachfrage. Nach Angaben der Gesundheitsverwaltung hatte sich am Sonnabend im DRK-Klinikum Mitte an der Drontheimer Straße eine Frau mit Atembeschwerden vorgestellt.

Weil sie in den vergangenen Tagen in China gewesen sei, habe man sie auf einer Isolierstation untergebracht, Proben genommen und diese im Labor der Virologie an der Charité überprüfen lassen. Der Verdacht auf das Coronavirus habe sich aber nicht bestätigt, sagte Lena Högemann, Sprecherin der Gesundheitsverwaltung. Die Frau habe nur eine einfache Erkältung.

Während die Situation um den Verdachtsfall am Sonntagmittag noch unklar war, herrschte auf dem Flughafen Tegel Alltag. Passagiere wie Walter Schmidt warteten auf ihren Abflug – in seinem Fall nach Thailand. Angst habe er nicht, sagte er entschieden. Besorgter wirkte Cao Lei. Der Chinese war gerade aus Singapur gekommen und trug einen Mundschutz. „In Singapur laufen fast alle wegen des Virus’ mit einem Mundschutz herum“, sagte er. In Berlin fühle er sich aber sicher.

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Gesundheitssenatorin Dilek Kalayci warnt vor Panikmache

Im Gegensatz zu Singapur gilt das Risiko in Deutschland nach Angaben des Robert-Koch-Instituts (RKI) als gering. Deshalb warnte Gesundheitssenatorin Kalayci vor Panikmache. Man werde auch nicht alle Fälle öffentlich machen, in denen Patienten mit früheren Kontakten zu China-Reisenden mit Symptomen in die Krankenhäuser kämen. Berlins Gesundheitsbehörden haben den Begriff „Verdachtsfall“ etwas weiter gefasst als das RKI. Für das Institut gilt als Verdachtsfall, wer innerhalb der vergangenen 14 Tage in den betroffenen chinesischen Regionen war oder mit Personen von dort Kontakt hatte.

Wer mit Symptomen wie Fieber, Husten und Atemnot einreise, solle sich direkt an das Flughafenpersonal wenden, so Lena Högemann, Sprecherin der Gesundheitsverwaltung. Erst vor fünf Monaten seien im Rahmen einer Übung am Flughafen Tegel die Prozesse geprüft worden. Der Test habe ergeben, dass das Zusammenwirken von Flughafengesellschaft, Charité und Feuerwehr gut funktioniere. Die Charité verfügt über Deutschlands größte Sonderisolierstation. Es gebe ausreichende Kapazitäten, um Verdachtsfälle zu testen, sagte Högemann.

Inzwischen mehr als 100 Virus-Tote in China

Die Ansteckung mit dem neuartigen Coronavirus hat inzwischen mehr als 100 Menschen in China das Leben gekostet. Wie das Staatsfernsehen am Dienstagmorgen (Ortszeit) berichtete, gab es bis dahin landesweit 26 neue Todesopfer, von denen allein in der besonders schwer betroffenen Provinz Hubei 24 ums Leben gekommen sind. Damit sind 106 Tote bestätigt. Die Gesamtzahl der bekannten Erkrankungen stieg auf 4515 - ein Sprung um mehr als 1700 Fälle im Vergleich zum Vortag.

Auch die chinesische Hauptstadt Peking hatte am Montagabend den ersten Todesfall gemeldet. Wie die Behörden mitteilten, handelte es sich um einen 50-jährigen Mann, der sich in der Millionenstadt Wuhan aufgehalten hatte, wo das Virus ursprünglich ausgebrochen war - wahrscheinlich auf einem Tiermarkt.

Unter den weltweit bestätigten Erkrankungsfällen findet sich inzwischen auch einer aus Deutschland: Ein Mann aus dem Landkreis Starnberg in Bayern habe sich infiziert, teilte ein Sprecher des Gesundheitsministeriums in München am späten Montagabend mit. Es ist der erste nachgewiesene Fall in Deutschland. Das bayerische Gesundheitsministerium und das Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit wollen die Öffentlichkeit am Dienstagvormittag bei einer Pressekonferenz informieren.

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