Ernährung

Grüne Woche: Auf der Suche nach veganen Köstlichkeiten

| Lesedauer: 6 Minuten
Anna Lindemann
Lazo Vujinovic ist Filialleiter von Curry 36 an der Warschauer Straße. Er präsentiert auf der Grünen Woche auch eine vegane Currywurst.

Lazo Vujinovic ist Filialleiter von Curry 36 an der Warschauer Straße. Er präsentiert auf der Grünen Woche auch eine vegane Currywurst.

Foto: Reto Klar / FUNKE Foto Services

Von etwa 1000 Ausstellern mit Ernährungsprodukten haben nur rund 150 vegane Produkte im Angebot.

Obwohl der Lebensmittelhersteller Nestlé am vergangenen Freitag medienwirksam seine vegane Wurst vorstellt hat, ist Ernährung ohne Tierprodukte auf der Grünen Woche eher ein Nischenthema. Von etwa 1000 Ausstellern mit Ernährungsprodukten haben nur rund 150 vegane Produkte im Angebot. Deutlich weniger Stände sind komplett vegan, keine Halle hat tierfreie Ernährung zum Motto.

Caroline Zimmer, eine der wenigen Ausstellerinnen mit ausschließlich veganen Produkten, ist überrascht von dem geringen Fokus. Das Interesse an ihrem Stand sei bei den Besuchern sehr groß. In der Streetfood- und Markthalle stellt sie mit „Simply V“ vegane Käse-Ersatzprodukte vor. Sie laufen als Marke der E.V.A GmbH, deren Geschäftsführerin Zimmer ist. Vor fünf Jahren gegründet, sei die GmbH mittlerweile mit mehr als 70 Prozent Marktanteil führend im Segment der Käse-Alternativen. Dieses Jahr ist die Firma das erste Mal auf der Grünen Woche vertreten.

Traditionelle Lebensmittel anders denken

Das Ziel sei es, ein Ersatzprodukt herzustellen „das genauso gut schmeckt und genauso gut verwendet werden kann“, sagt Zimmer. „Meine Motivation für Simply V war es aber, ein traditionelles Lebensmittel mal anders zu denken.“

Die Basis der Simply V-Produkte sind Mandelproteine, auch weil viele Verbrauer inzwischen ein Problem mit der Umweltbilanz von Sojaprodukten hätten, sagt Zimmer. Zu dem Angebot gehören vegane Alternativen zu Frischkäse, Scheibenkäse, Pasta- und Streukäse. Eine Packung kostet dabei um die drei Euro, ist also teurer als die durchschnittliche tierische Alternative im Supermarkt.

„Die vegane Ernährung hat enorm an Fahrt aufgenommen“, sagt Zimmer. „Simply V’s“ Zielgruppe bestehe aus Menschen, die sich gelegentlich oder öfter bewusst vegan ernähren wollten. Diese sei laut einer Forsa-Umfrage in den vergangenen fünf Jahren von 14 auf 41 Prozent gestiegen, so die Geschäftsführerin. Auf der Grünen Woche seien vegane Produkte deshalb im Vergleich enorm unterrepräsentiert.

Messe ist traditionell eine Landwirtschaftsmesse

Dass die Grüne Woche keinen stärkeren Fokus auf vegane Ernährung lege, lasse sich historisch erklären, so Wolfgang Rogall, Pressesprecher der Agrarmesse. Die Grüne Woche sei traditionell eine Landwirtschaftsmesse, da stünden Tierhaltung und tierische Produkte im Mittelpunkt.

Nichtsdestotrotz habe sich das Angebot an veganen Produkten auf der Messe rasant entwickelt. Laut Rogall habe es vor fünf Jahren nur zwei Aussteller mit veganen Produkten gegeben, vor drei Jahren wären es 70 gewesen. Mittlerweile hat sich diese Zahl verdoppelt.

Seit zwei Jahren bietet auch der Berliner Currywurst-Imbiss „Curry 36“ eine vegane Wust-Alternative in der Berlin-Halle der Grünen Woche an. Der Imbiss betreibt in Berlin aktuell drei Fialen, im März eröffnet eine vierte an der Warschauer Straße in Friedrichshain.

Ersatzprodukte für vegane Currywurst stammen aus Polen

„Bis die vegane Wurst in den Verkauf ging, haben wir ein halbes Jahr lang verschiedene Produkte von verschiedenen Anbietern probiert“, so Lazo Vujinovic, Filialleiter an der Warschauer Straße. Das Ersatzprodukt werde aus Polen geliefert, in Deutschland hätte es nur wenige und keinen überzeugenden Anbieter gegeben.

Zusammengesetzt ist die Wurst aus Soja-Proteinen und Gluten, frittiert wird sie in Rapsöl. So werde die Textur krosser und sei dichter am Original dran. Auf der Messe kostet die vegane Wurst 3,50 Euro, 70 Cent mehr als die Fleischvariante. Sie sei aber auch doppelt so schwer, so Vujinovic.

Der Anreiz für die vegane Wurst sei die Nachfrage bei Kunden gewesen. Im Vergleich zur originalen Currywurst aus Schweinefleisch sei der vegane Ersatz zwar ein Nischenprodukt, die Beliebtheit nehme aber stetig zu, sagt Vujinovic. In der Ferienzeit sei die Sojawurst auch auffällig beliebt bei Touristen.

Verzicht auf jegliche künstliche Inhaltsstoffe

Drei Stände weiter stellt „Paletas Berlin“ ihr hauptsächlich veganes Eis am Stiel vor. 2012 gründete Denise Alberts gemeinsam mit ihrem Partner die Berliner Eismanufaktur. Ziel sei es, in erster Linie ausschließlich mit frischen Bioprodukten zu arbeiten und auf jegliche künstliche Zusatzstoffe zu verzichten.

„Weil wir nur frische Zutaten verwenden, ergibt sich ganz automatisch, dass wir vegan arbeiten können“, sagt Alberts. Je frischer die Zutaten, desto weniger brauche es tierische Produkte. Paletas’ Eis käme beispielsweise vollkommen ohne Milchpulver aus.

Stattdessen bietet die Eismanufaktur Sorten wie Erdbeer-Limette und Gurke-Zitrone an. Sogar das Schokoladeneis am Stiel sei vegan: Statt tierischer Milch verwendet Paletas Kokosmilch. Das zeigt sich allerdings auch im Preis: Ein Eis kostet rund drei Euro und damit deutlich mehr als viele industriell hergestellte Sorten.

Kunden sind in Berlin schon mehr als 100 Cafés

Die Resonanz sei aber sehr positiv: „Viele Leute, die vegan sind, sind froh, dass sie bei unserem Eis nicht hinten auf der Verpackung die Zutaten durchlesen müssen“, sagt Alberts. Paletas beliefert mit ihrem Eis inzwischen mehr als 100 Cafés.

Eis am Stiel sei zwar ein Nischenprodukt, insgesamt beobachtet Alberts aber bei vielen Unternehmen eine Entwicklung hin zu veganen Produkten. Dass sich das auf der Grünen Woche widerspiegele, könne die Geschäftsführerin nicht wirklich feststellen.

Eine Halle extra für vegane Produkte sei trotz des Interesses bei den Verbrauchern nicht geplant, sagt Pressesprecher Rogall. Der Grund dafür seien auch die Vorstellungen der Aussteller. Viele Anbieter hätten eine Bandbreite an Produkten, nur einige davon seien vegan. Eine vegane Halle führe so zu logistischen Problemen für die Aussteller.

Besucher können sich „veganen“ Rundgang zusammenstellen

Um auf der Grünen Woche vegane Produkte zu finden, müsse man daher auf der Website nach den Standorten der Anbieter suchen, sagt Rogall. So könnten sich vegan-interessierte Besucher einen individuellen Ausstellungsplan zusammenstellen. Eine vegane Halle ist also vorerst unrealistisch. Aber: Man solle niemals nie sagen, so Rogall.