Berlin. Im Juni hatte das Amtsgericht Tiergarten sie wegen unerlaubter „Werbung für den Abbruch von Schwangerschaft“ verurteilt. Am Mittwoch reichte die Berliner Frauenärztin Bettina Gaber Beschwerde beim Bundesverfassungsgericht ein. Das teilte ihr Anwalt mit.
Demnach verstoße der Paragraf 219a, der die Information über Schwangerschaftsabbrüche durch Ärzte und Ärztinnen nur in sehr eingeschränkter Form ermöglicht, gegen die Grundrechte der Äußerungs- und Berufsfreiheit.
Bettin Gaber sagt: „Das aktuelle Gesetz schafft immer noch keine Rechtssicherheit. Die eine wird verurteilt, die anderen werden freigesprochen.“
Anfang diesen Jahres hatte sich die Große Koalition auf eine Änderung des sogenannten Werbungsverbots geeinigt, das zuvor jegliche Information über Schwangerschaftsabbrüche durch Ärzte unter Strafe stellte. Sogenannte Lebensschützer haben reihenweise Anzeigen gegen Gynäkologen gestellt, die trotzdem informierten. Unter ihnen auch Bettina Gaber.
Abtreibungsgesetz: Detaillierte Informationen sind nicht erlaubt
Auf den Internetseiten ihrer Praxis hatte Bettina Gaber diesen Satz geschrieben: „Auch ein medikamentöser, narkosefreier Schwangerschaftsabbruch in geschützter Atmosphäre gehört zu unseren Leistungen.“
Mit der Gesetzesänderung dürfen Ärztinnen zwar nun darauf hinweisen, dass sie diese Abbrüche durchführen. Da hört die Lockerung des Gesetzes aber auch schon auf. Weitere Informationen sind nicht erlaubt. Lediglich ein Verweis auf Behörden, Beratungsstellen und Ärztekammern ist noch gestattet.
Das Amtsgericht hatte Bettina Gaber und eine Kollegin nach dieser Gesetzgebung zu Geldstrafen von je 2000 Euro verurteilt. Schon weil ein ärztliches Honorar anfalle, so die Richterin damals, sei die Information auf der Webseite unzulässig, der Satz trotz Reform strafbar. Danach hatte das Berliner Kammergericht eine Revision zurückgewiesen. Bettina Gaber sagt: „Das Urteil fußt auf einem in unseren Augen verfassungswidrigem Gesetz.“
„Berliner Gerichte machen sich zu Handlangern der Lebensschützer“
Gabers Anwalt argumentiert nun, dass eine entsprechende Liste, auf die die Frauenärztin laut Gesetz hätte verweisen sollen, zum Zeitpunkt der Verurteilung noch nicht existiert habe. Zudem müsse ein Medizinerin das Recht haben, sachlich und in eigenen Worten über eine erlaubte Tätigkeit, die sie durchführt, auch selbst zu informieren. Für hilfesuchende Frauen sei eine schnelle und unkomplizierte Informationen über die angewandte Methode oft entscheidend.
Der Paragraf 219a sei auch nach der Reform in sich widersprüchlich und führe zu Rechtsunsicherheit bei Ärzten. „Den Berliner Gerichten ist vorzuwerfen, dass sie sich zu Handlangern dieser Lebensschützer gemacht haben“, schreibt Gabers Anwalt weiter.
Auch die Gießener Frauenärztin Kristina Hänel hatte in der vergangene Woche angekündigt, gegen den Paragraf 219a vor dem Bundesverfassungsgericht vorzugehen.
Lesen Sie auch: Abtreibungsparagraf 219a - Erneut Geldstrafe für Ärztin