Berlin. Der Mord an einem Georgier in Berlin hat eine diplomatische Krise zwischen den Regierungen in Berlin und Moskau ausgelöst. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) rechtfertigte am Mittwoch am Rande des Nato-Gipfels im britischen Watford die Ausweisung von zwei russischen Diplomaten: „Wir haben diese Maßnahmen ergriffen, weil wir nicht gesehen haben, dass Russland uns bei der Aufklärung dieses Mordes unterstützt.“
Mehr als drei Monate nach dem Mord an dem Georgier in einem Park in Moabit erklärte Deutschland zwei Mitarbeiter der russischen Botschaft mit sofortiger Wirkung zu unerwünschten Personen. Das teilte das Auswärtige Amt am Mittwoch in Berlin mit.
Die Bundesregierung zieht damit die Konsequenzen aus einer möglichen Verstrickung des russischen Geheimdienstes in die Tat. Die russischen Behörden hätten trotz wiederholter hochrangiger und nachdrücklicher Aufforderungen nicht hinreichend bei der Aufklärung des Mordes an Tornike K. am 23. August 2019 mitgewirkt, heißt es. Schon kurz nach dem Mord war spekuliert worden, dass es sich um die Tat eines russischen Auftragskillers handeln könnte.
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Mord in Berlin-Tiergarten: Bundesanwaltschaft in Karlsruhe übernimmt den Fall
Wegen des Verdachts, dass staatliche Stellen in Russland oder in der Teilrepublik Tschetschenien den Mord in Auftrag gegeben haben könnten, hat die Bundesanwaltschaft am Mittwoch den Fall übernommen. Es bestehe ein Anfangsverdacht, teilte die Karlsruher Behörde mit. Ein Sprecher der russischen Regierung hatte wenige Tage nach der Tat jede Verbindung bestritten. Merkel kündigte an, den Fall bei ihrem Treffen mit Russlands Präsidenten Wladimir Putin kommende Woche anzusprechen. Es sei „bilateral schon ein Ereignis, dass wir von Russland leider keine aktive Hilfe bei der Aufklärung dieses Vorfalls bekommen haben“, sagte sie.
Der 40 Jahre alte Tschetschene mit georgischer Staatsangehörigkeit war im „Kleinen Tiergarten“ zwischen Turmstraße und Alt-Moabit von hinten erschossen worden. Sein Mörder hatte sich ihm mittags auf einem Fahrrad genähert und Schüsse auf Kopf und Rücken abgegeben. Der mutmaßliche Täter, ein 49 Jahre alter Mann mit russischem Pass, wurde kurz darauf festgenommen, als er versuchte, die mutmaßliche Tatwaffe in die Spree zu werfen. Seitdem schweigt er.
Der Tatverdächtige Vadim K. ist nach Angaben der deutschen Ermittler auch russischen Behörden bekannt. Demnach fahndeten russische Ermittler 2014 nach ihm. Allerdings wurde ein Jahr später die offizielle Fahndungsmitteilung gelöscht. Ursprünglich sei Vadim K. wegen eines im Juni 2013 in Moskau begangenen Mordes gesucht worden. Der in Berlin Getötete war im Tschetschenien-Krieg an der Seite anti-russischer Separatisten aktiv. Er ging, wie auch andere Kämpfer, ins Exil und lebte seit 2016 in Deutschland.
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Die ausgewiesenen Diplomaten haben noch mindestens 48 Stunden Zeit
Nach Informationen der Berliner Morgenpost handelt es sich bei den ausgewiesenen Diplomaten um Nachrichtendienstmitarbeiter. Sie müssen Deutschland in den kommenden Tagen verlassen, haben aber mindestens 48 Stunden Zeit. Die EU- und Nato-Partner wurden über die Ausweisung informiert.
„Das ist eine absolut haltlose Spekulation“, sagte der Kreml-Sprecher Dmitri Peskow zu dem Verdacht, russische Behörden könnten in den Fall verwickelt sein. „Dieses Thema wird von den deutschen Medien irgendwie aufgebauscht. Aber das bedeutet nicht, dass die Dinge so gelaufen sind.“ Die Ausweisung der beiden Mitarbeiter der russischen Botschaft in Berlin sei „unbegründet und unfreundlich“, erklärte das Außenministerium in Moskau. Eine Antwort werde nicht lange auf sich warten lassen, sagte Außenminister Sergej Lawrow am Mittwoch in Sotschi. mit dpa
Nach Mord: Deutschland weist zwei russische Diplomaten aus
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Es wäre nicht das erste Mal, dass der Verdacht nahe liegt, dass Putin und seine Regierung einen Auftragsmord verantworten. Auch der Anschlag an dem Kreml-Kritiker Sergej Skripal sorgte für internationale Spannungen.