Berlin. Strafverteidiger genießen in Haftanstalten ein besonderes Privileg, bei ihnen wird auf die ansonsten strengen Einlasskontrollen verzichtet. Offiziell dient dies dem Schutz des Anwaltsgeheimnis, tatsächlich eröffnen sich mit dieser Vorzugsbehandlung auch andere Möglichkeiten. Auf diesen Gedanken soll auch ein Berliner Rechtsanwalt gekommen sein. Zusammen mit fünf weiteren Männern steht der 70-Jährige seit Donnerstag vor Gericht. Die Staatsanwaltschaft wirft den Männern vor, Drogen in die JVA Moabit geschmuggelt zu haben.
Der Anklage zufolge sollen Anwalt M. und sein zu der Zeit in U-Haft sitzender Mandant V. (34) im Sommer 2016 einen entsprechenden Plan ausgeheckt haben. In die Umsetzung sollen dann vier weitere Angeklagte eingebunden worden sein. Ein zu der Zeit ebenfalls inhaftierter 40-Jähriger soll seinen Bekannten F. (28) beauftragt haben, 50 Gramm Haschisch zu beschaffen und in einer eigens präparierten Shampoo-Flasche zu verstecken. Die Flasche mit dem nicht zur Haarpflege bestimmten Inhalt habe F. dann zwecks Tarnung zusammen mit einem Kassenbon in der Kanzlei des Hauptangeklagten abgeben lassen, heißt es in der Anklage.
Haschisch in Shampooflaschen versteckt
Beim nächsten Besuch seines Mandanten V. in der JVA soll der Anwalt die Flasche eingeschmuggelt und dem Mandanten zur weiteren Verwendung übergeben haben. Etwa einen Monat später sollten erneut Drogen in die Haftanstalt geschmuggelt werden, diesmal 100 Gramm Haschisch mit Unterstützung zweier weiterer Angeklagter. Dieser Versuch scheiterte allerdings, die Shampooflasche war undicht.
Die Entlohnung für die Schmugglerdienste war nach Darstellung der Staatsanwaltschaft mehr als bescheiden, der Anwalt und sein Mandant sollen jeweils zwischen 50 und 100 Euro kassiert haben. Ein lächerliches Honorar angesichts der Summen, die sich mit Drogen im Knast verdienen lassen.
Alle sechs Angeklagten schweigen beim Prozessauftakt
Beim Prozessauftakt am Donnerstag schwiegen alle sechs Angeklagte, ihre Verteidiger kündigten aber Aussagen für die nächsten Verhandlungstage an. Anwalt M. als Hauptangeklagter hatte bereits bei seinen Vernehmungen durch die Polizei die gegen ihn erhobenen Vorwürfe entschieden bestritten. Dabei soll es nach Ankündigung eines seiner Verteidiger auch in der Hauptverhandlung bleiben. Der 70-Jährige habe zu keiner Zeit Drogen in die Haftanstalt geschmuggelt und auch keine Kenntnis von einem solchen Vorhaben gehabt, erklärte der Verteidiger. Der Prozess wird am 25. November fortgesetzt.