Berlin. Nahverkehrskunden in Berlin warten händeringend auf neue U-Bahnen. Ob es schon bald weniger Gedränge in den Wagen und weniger Zugausfälle aufgrund von Technikpannen gibt, hängt jetzt maßgeblich vom Berliner Kammergericht in Schöneberg ab.
Dort wird ab dem heutigen Freitag über eine Beschwerde des Schienenfahrzeugherstellers Alstom Germany gegen die Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) verhandelt. Es geht dabei um 1500 neue U-Bahnwagen, mit denen die BVG ihre nach vielen Sparjahren völlig veraltete U-Bahnflotte bis 2033 komplett erneuern will. Mit einem Einkaufswert von rund drei Milliarden Euro ist dies die größte Fahrzeugbeschaffung, die die landeseigenen Verkehrsbetriebe je zu vergeben hatten.
Neue U-Bahnen für Berlin: BVG hatte Auftrag an Stadler Pankow vergeben
Den Auftrag dafür hatte die BVG bereits im Mai am Ende eines langwierigen EU-weiten Vergabewettbewerbs an den Alstom-Konkurrenten Stadler Pankow vergeben. Der deutsche Ableger der Schweizer Stadler Rail AG sollte nach dem Willen von Senat und BVG bereits 2022 die ersten Züge ausliefern. Doch dieser Zeitplan ist schon jetzt Makulatur.
Allerdings könnte es noch zu deutlich größeren Verzögerungen kommen, wenn der Vergabesenat des Kammergerichts der Alstom-Beschwerde ganz oder in Teilen recht gibt. Im schlimmsten Fall müsste die BVG das Vergabeverfahren komplett von vorne beginnen.
Eine solche Gefahr bestehe durchaus, sagen Verkehrsexperten. Sie verweisen auf die mehrfachen Anforderungsänderungen im Vergabeverfahren. So wurde erst im Vorjahr der Auftrag von 1300 auf 1500 U-Bahnwagen aufgestockt, zudem erhöhte die BVG die jährlichen Lieferanforderungen. All dies zwang die Bieter, ihre Angebote kurzfristig zu ändern. In der Kritik stehen auch branchenunübliche Anforderungen an die Haltbarkeit der Züge, ohne dass die Hersteller die Fahrzeuge selbst warten dürfen.
Ob der Vergabesenat bereits am Freitag eine Entscheidung fällt oder diese später verkündet, ist laut einem Gerichtssprecher offen.