Berliner Verdienstorden

Engagement, so vielfältig wie Berlin

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Liedermacher Klaus Hoffmann gehört seit Dienstag zu den Trägern des Verdienstordens des Landes Berlin.

Liedermacher Klaus Hoffmann gehört seit Dienstag zu den Trägern des Verdienstordens des Landes Berlin.

Foto: jörg Krauthöfer

Michael Müller verleiht im Großen Saal des Roten Rathauses den Verdienstorden des Landes Berlin. Auch ein Prominenter ist unter den Preisträgern.

Berlin.  Als 1987 zum ersten Mal der Verdienstorden des Landes Berlin vergeben wurde, lebte Sebastian Pflugbeil in der Hauptstadt der DDR und bekam von der neu gestifteten Auszeichnung laut eigener Erinnerung nichts mit. Über 30 Jahre später steht der Physiker im Großen Saal des Roten Rathauses und bekommt die Würdigung von Michael Müller um den Hals gelegt.

13 Bürgerinnen und Bürger, die sich in besonderem Maße um ihre Stadt verdient gemacht haben, hat der Regierende Bürgermeister von Berlin am Dienstagnachmittag mit der höchsten Auszeichnung des Landes geehrt. Unter den Gästen waren unter anderen Wirtschaftssenatorin Ramona Pop, Sawsan Chebli, Staatssekretärin für Bürgerschaftliches Engagement und Internationales, Kultursenator Klaus Lederer und Schauspielerin Barbara Schöne.

Michael Müller: „Eine Gesellschaft lebt davon, dass sich Menschen engagieren"

Sebastian Pflugbeil engagierte sich in der Friedens- und Umweltarbeit der Evangelischen Kirche in Berlin. Nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl 1986 beriet er die Kirche in der DDR zu Gefahren der Kernkraftnutzung in der DDR. Im September 1989 war er Mitbegründer der größten Bürgerbewegung Neues Forum und deren Sprecher am Berliner und am Zentralen Runden Tisch.

Von 1990 bis 1994 war er für das Neue Forum Mitglied des Abgeordnetenhauses von Berlin. Ab 1993 war er Vorsitzender des Vereins Kinder von Tschernobyl, seit 1999 ist er Präsident der Gesellschaft für Strahlenschutz. Die Gefahren der militärischen wie auch der „friedlichen“ Nutzung der Atomkraft lassen ihn bis heute nicht ruhen. „Dass stilles Engagement in den Fällen der heute Ausgezeichneten seine Spuren in der Berliner Geschichte hinterlässt, freut mich ganz besonders“, so Pflugbeil, der sich stellvertretend für alle Ordensträger bedankte.

„Eine Gesellschaft lebt davon, dass sich Menschen für das Gemeinwohl engagieren“, sagte Michael Müller. So wie vor 30 Jahren der Einsatz Mutiger dazu geführt habe, dass Berlin heute keine geteilte Stadt mehr sei. „Angesichts des Mauerfalljubiläums sollten wir nicht immer nur kritisieren, sondern einmal die Freude darüber in den Mittelpunkt stellen, was alles gelungen ist. Dass wir dank einer friedlichen Revolution heute in einem friedlichen Land leben.“ Leidenschaft für ein Thema, Kunst und Kreativität seien ein wichtiger Faktor, dass Berlin auch in Zukunft eine so offene, freie und tolerante Metropole bleibe.

Die Aufarbeitung der SED-Diktatur und später Beiträge zur politischen Bildung im Allgemeinen hat sich ganz in diesem Sinne auch Christoph Links zum Lebensthema gemacht. 1989 gründete er den Ch. Links Verlag mit einem Programmschwerpunkt auf Politik und Zeitgeschichte des 20. Jahrhunderts, zunächst, um als Herausgeber und Autor die jahrelang in der DDR tabuisierten Themen aufzuarbeiten. Seine Publikationen und seine Verlegertätigkeit sind gekennzeichnet durch ausdauerndes Engagement um politische und historische Aufklärung in Form von weitreichender Hintergrundrecherche und kritischer Analyse. „Mit seiner programmatischen Verlagstätigkeit hat sich Christoph Links in besonderer Weise um die politische Diskussion und Bildung der Allgemeinheit verdient gemacht“, so Michael Müller über den Ausgezeichneten.

Klaus Hoffmann ist der prominenteste Ordensträger

Prominentester Ordensträger im Roten Rathaus war am Dienstag Klaus Hoffmann. Der Liedermacher hatte bereits Ende der 60er-Jahre seine ersten musikalischen Auftritte. Ab 1970 lernte er Schauspiel an der Max-Reinhardt-Schule. 1976/77 erhielt Hoffmann die Goldene Kamera und den Bambi für die Hauptrolle im Film „Die neuen Leiden des jungen W.“. Ein Jahr später wurde ihm der Deutsche Kleinkunstpreis verliehen. In den folgenden Jahren hatte er Engagements in Film und Fernsehen, veröffentlichte Alben und ging auf zahlreiche Tourneen in Ost und West und auch im Ausland. Bis heute begeistert er mit seiner Musik das Publikum und engagiert sich nebenbei für Kinder in Afghanistan und die Berliner Aids-Hilfe. „Er ist ein Berliner ohne Wenn und Aber. Ein exzellenter Botschafter unserer Stadt“, so Michael Müller. Hoffmann habe seine Liebe zu Berlin in zahlreichen Songs besungen. „Mit einem unverstellten, aber stets liebevollen Blick.“

Orden wird traditionell am Tag der Verfassung verliehen

Der Senat würdigt hervorragende Verdienste um das Land Berlin traditionell am Jahrestag des Inkrafttretens der Berliner Verfassung von 1950. Zu den Ausgezeichneten gehörten in diesem Jahr unter anderen auch Riza Baran für sein Bemühen um Chancengleichheit im Bildungswesen, Sybill Knobloch, die es sich mit ihrem Verein zum Ziel gesetzt hat, die Informationsversorgung in den Haftanstalten mit kostenlosen Leseangeboten von Zeitungen zu verbessern, und Volker Schröder, der sich den Erinnerung an die Berliner Barrikadenkämpfe vom 18. März 1848 widmet. „Gerade in Zeiten, in denen starke gesellschaftliche Fliehkräfte wirken, ist es wichtig, bürgerschaftliches Engagement zu stärken“, so Michael Müller. Er hoffe, mit der Auszeichnung zudem auch anderen Mut zu machen. „Jeder hat die Chance, im nächsten Jahr dabei zu sein.“