Berlin. Dass Berlin als einziges Land Lehrer nicht verbeamtet, ist ein schwerer Standortnachteil, schreibt Senatorin Sandra Scheeres.

Sandra Scheeres (SPD) ist Senatorin für Bildung, Jugend und Familie in Berlin

Das neue Schuljahr hat mit einer guten Nachricht begonnen: Berlin konnte erneut alle rund 2700 offenen Lehrkräftestellen besetzen. Und mit einer schlechten: Auch in diesem Jahr sind nicht einmal die Hälfte der Neueinstellungen Lehramtsabsolventen. Ich bin dankbar für jeden Quer- und Seiteneinsteiger, der oder die in den Berliner Schuldienst und das begleitende Qualifizierungsprogramm startet. Doch auf Dauer muss Berlin wieder mehr Lehramtsabsolventen gewinnen können.

Die Rückkehr zur Verbeamtung ist dafür eine unverzichtbare Bedingung. Mir fällt diese Einsicht nicht leicht, da ringen Herz und Verstand miteinander. Und so geht es vielen in der SPD, deshalb ist es gut, dass uns der Parteitag im März Zeit für eine ausführliche Debatte und die Prüfung aller Alternativen gegeben hat.

Berlin ist das letzte Land, das neue Lehrkräfte nur anstellt

Als Berlin 2004 die Lehrkräfteverbeamtung abgeschafft hat, war ich optimistisch, dass die restlichen Bundesländer diesem Schritt früher oder später folgen würden. Das Gegenteil ist eingetreten, heute ist Berlin das letzte Land, das neue Lehrkräfte nur anstellt. Auf einem bundesweiten Arbeitsmarkt mit konstantem Absolventenmangel ist diese Sonderrolle ein Nachteil, der uns jedes Jahr mehrere hundert Lehrkräfte kostet. Und seit auch Brandenburg mit dem Beamtenstatus lockt, findet jedes Jahr eine Abstimmung mit den Füßen oder der S-Bahn statt.

Lesen Sie auch: Berlin rutscht in Bildungsranking auf letzten Platz ab

Höhere Nettobezüge und Pensionen, Unkündbarkeit und berufliche Mobilität im Rest der Republik – das sind Vorteile, die eine Anstellung kaum bieten kann. Berlin bezahlt seine angestellten Lehrer heute hervorragend, bietet multiprofessionelle Teams an den Schulen, erstklassige Fortbildungen und die Brennpunktzulage für Schulen in schwieriger Lage. Aber im Wettbewerb um Lehramtsabsolventinnen und -absolventen reicht das nicht aus, da spricht die Praxis eine deutliche Sprache.

Verbeamtung würde Berlin endlich Chancengleichheit bringen

Natürlich ist die Verbeamtung kein Allheilmittel für die Lehrkräftegewinnung. Sie würde uns aber endlich Chancengleichheit mit den anderen Bundesländern bringen. Berlin muss seine Attraktivität auch im Kampf um die besten Lehrkräfte ausspielen können, das erwarten die Menschen von uns. Diese voll ausgebildeten Lehrkräfte kämen in Berlin auch den Brennpunktschulen zu Gute, an denen der Anteil an Quer- und Seiteneinsteigern derzeit noch besonders hoch ist.

Auch wenn die Rückkehr zur Verbeamtung eher auf Pragmatismus als aus politischer Leidenschaft beruhen wird: Berlin sollte seine Kraft nicht in einem Kampf vergeuden, den es alleine nicht gewinnen kann. Das dankt uns keiner, und das schadet am Ende unserer Stadt.

Zuerst erschienen in der Berliner Stimme.

Lesen Sie auch: Auf einmal fehlen in Berlin nur noch 9500 Schulplätze