Berlin. Seit 2014 hat die Polizei 36 Millionen Euro für Übersetzungen ausgegeben. In einigen Sprachen kommt es zu Engpässen.

Dolmetscher und Übersetzer sind für die polizeiliche Arbeit unerlässlich. Sie übersetzen Mitschnitte von Überwachungsmaßnahmen und sie dolmetschen bei Gesprächen mit Zeugen und Tatverdächtigen. Allein für die Berliner Polizei sind 563 Dolmetscher im Einsatz. Allerdings ist die Arbeit nicht sonderlich attraktiv. Denn die Polizei zahlt deutlich weniger als die Justiz. Der Landesverband der Dolmetscher und Übersetzer (BDÜ) Berlin-Brandenburg fordert daher eine Vergütung nach Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG). In Brandenburg ist das bereits der Fall. Unterstützung für diese Forderung kommt nun aus der Politik.

Polizei bezahlt Millionen für Übersetzungen

Arbeiten Übersetzer für die Justiz, bekommen sie einen Stundensatz von 70 Euro. Geregelt ist das im JVEG. Arbeiten Dolmetscher und Übersetzer hingegen für die Polizei, kann die Vergütung frei vereinbart werden. Der Stundensatz beträgt in der Regel 55 Euro. Einen Rahmenvertrag wie bei der Justiz gibt es nicht. Seit dem Jahr 2014 hat die Polizei mehr als 36 Millionen Euro für Dolmetscher und Übersetzer bezahlt. Das geht aus einer Antwort auf einer kleinen Anfrage des innenpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, Marcel Luthe, hervor.

Politiker fordert einheitliche Bezahlung

Luthe fordert eine bessere Bezahlung für die Übersetzer. „Wenn dieselbe Arbeit durch dieselbe Person beim selben Kunden unterschiedlich bezahlt wird, wundert es nicht, dass viele Übersetzer bei dem schlechteren Tarif abwinken und die Polizei Mühe hat, im täglichen Dienst Zeugenaussagen übersetzen zu lassen“, sagte Luthe der Berliner Morgenpost. Einmal mehr knausere der Senat bei der Sicherheit. „Wir brauchen einen attraktiven Rahmenvertrag, der sicherstellt, dass rund um die Uhr Dolmetscher verfügbar sind“, so Luthe weiter.

Freie Wirtschaft zahlt viel besser

Was die Übersetzer besonders ärgert: Beide Stundensätze – also bei Gericht und Polizei – liegen unter dem üblichen Stundensatz in der freien Wirtschaft. Einsätze am Abend, in der Nacht und an Wochenenden und an Feiertagen werden ebenfalls nicht gesondert vergütet. Zum Vergleich: In Berlin liegt die Tagespauschale laut BDÜ im Schnitt bei 800 Euro, die Halbtagspauschale bei 500 Euro.

Behörden drücken die Preise

Der BDÜ beobachtet auch immer wieder, dass Behörden die Preise drücken. Die Praxis zeige, dass die alltägliche, selbst im einigermaßen reglementierten Justizbereich oft recht unterschiedlich gehandhabte und nicht selten auch von finanziellen Überlegungen beeinflusste Vorgehensweise bei der Ladung beziehungsweise dem Einsatz von Dolmetschern dazu führe, dass die Auftraggeber einerseits bei ungünstigen Bedingungen schlechte Erfahrungen mit unqualifizierten Dolmetschern machen müssen und der Beruf daher leider in einem negativen Licht erscheine, heißt es vom BDÜ auf Nachfrage. Andererseits werde die Zusammenarbeit mit einem professionell arbeitenden Dolmetscher häufig auch positiv bewertet. Gerade deshalb sei es wichtig, dass nur Dolmetscher beauftragt würden, die für diese Tätigkeiten ausreichend qualifiziert seien. Daher setzte sich der BDÜ als Berufsverband schon seit Langem für eine Qualifizierung der Dolmetscher ein. Im Landesverband sind 970 professionelle Dolmetscher organisiert.

Engpässe bei vielen Sprachen

Während es 98 „zuverlässigkeitsüberprüfte“ Russisch-Dolmetscher gibt, kann die Polizei aber nur auf acht Chinesisch-Dolmetscher zurückgreifen. Auch Englisch- (85) und Polnisch-Übersetzer (65) gibt es viele, aber nur einen Dolmetscher, der Tschetschenisch kann. In Berlin gibt es auch nur drei serbokroatische Dolmetscher.

Für die Sicherheitsbehörden ist das ein Problem. Denn sie sind auf die Übersetzungen angewiesen. Gibt es wie beim Tschetschenischen aber nur einen zertifizierten Dolmetscher, kann es zu Engpässen kommen. Gerade in der Strafverfolgung sei das fatal, heißt es aus Polizeikreisen. Denn da gehe es um Schnelligkeit. Laut Sicherheitsbehörden seien gerade tschetschenische Banden in Berlin auf dem Vormarsch. Auch im Fall des Attentäters vom Breitscheidplatz, Anis Amri, wurden zahlreiche abgehörte Gespräche nicht ausgewertet und übersetzt, weil die Polizei überlastet war.