Berlin. Shisha-Bars gelten nicht nur als Orte, um eine Wasserpfeife zu rauchen – sondern auch als Rückzugsorte krimineller Familienclans. Seit Anfang des Jahres gehören unangekündigte Kontrollen im Anti-Clan-Kampf daher zum festen Repertoire. Oft zeigen die Maßnahmen Wirkung. Denn beim Verglühen der Kohle setzen die Pfeifen hochgiftiges Kohlenmonoxid frei. Weil die Lüftungen oft nicht funktionieren, werden die Grenzwerte verletzt. Viele Shisha-Bars konnten daher zumindest vorübergehend geschlossen werden.
In einigen Bezirken zeigt der Staat also Zähne – andere Bezirke verfügen dagegen nicht mal über die notwendigen Messinstrumente. Das zeigt die noch unveröffentlichte Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage des Abgeordneten Tom Schreiber (SPD), die der Berliner Morgenpost vorab vorliegt.
Sieben Bezirke verfügen über gar kein Messgerät
Gut ausgestattet ist mit drei Messgeräten Neukölln. Charlottenburg-Wilmersdorf verfügt über ein Gerät, Friedrichshain-Kreuzberg, Mitte und Tempelhof-Schöneberg haben sich je eines angeschafft. Kein Messgerät haben Pankow, Reinickendorf, Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Treptow-Köpenick, Lichtenberg und Marzahn-Hellersdorf.
Daniel Krüger (AfD), Stadtrat in Pankow, kennt den Mangel. Shisha-Bars würden auch in Pankow kontrolliert – aber nicht hinsichtlich der Kohlenmonoxidkonzentration. „Neukölln ist da weiter als wir“, sagt Krüger. Der Sprecher des Bezirksamtes Reinickendorf verweist darauf, dass es in dem Bezirk relativ wenige Shisha-Bars gebe. „Das Bezirksamt plant aber, sich ein Messgerät anzuschaffen“, sagt der Sprecher.
Steglitz-Zehlendorf hält das dagegen für „nicht erforderlich“. Für anlasslose Kontrollen – in anderen Bezirken sind sie längst Routine – fehle „eine belastbare Rechtsgrundlage“, sagt Stadtrat Michael Karnetzki (SPD). Wenn Gäste „sichtbare Anzeichen“ oder Dienstkräfte in Shisha-Bars „spontane Symptome“ zeigten, die auf überhöhte Kohlenmonoxidwerte hindeuteten, werde aber die Feuerwehr alarmiert.
Für Innensenator Andreas Geisel (SPD) dringen die Informationen über die mangelhafte Ausstattung der Bezirke mit Messgeräten zur Unzeit. Denn im Kampf gegen kriminelle arabische Clans gilt Berlin neben Nordrhein-Westfalen eigentlich als Vorreiter. Kaum eine Woche vergeht ohne eine Razzia, kaum ein Monat ohne eine Festnahme. Nach der Innenministerkonferenz in Kiel, bei der die Länder eine verstärkte Zusammenarbeit zur Bekämpfung der Clankriminalität beschlossen, zeigte sich Geisel zufrieden. „Wir brauchen den ganzen Baukasten an Möglichkeiten, um dieses besondere Kriminalitätsphänomen in den Griff zu bekommen“, sagte Geisel.
Die Instrumente kosten nur 200 bis 300 Euro
Nun zeigt sich, dass das Werkzeug der Messgeräte im Anti-Clan-Baukasten nur eingeschränkt zur Verfügung steht – obwohl die Kosten mit 200 bis 300 Euro pro Gerät überschaubar sind. Dieses Geld müsse man investieren, fordert denn auch der SPD-Innenexperte Schreiber. „Wenn es bereits an solchen Kleinigkeiten scheitert, braucht man auch keine nationalen Pläne zur Bekämpfung der Clan-Kriminalität“, sagt Schreiber. Ähnlich äußert sich die Gewerkschaft der Polizei (GdP). „Man kann sich nicht als großer Vorreiter bei Bekämpfung arabischer Clans inszenieren und dann scheitert die politische Entschlossenheit an ein paar hundert Euro für Kohlenmonoxid-Warner, um rechtswidrige Läden zuzumachen“, sagte GdP-Sprecher Benjamin Jendro. Ein Sprecher der Innenverwaltung verwies darauf, dass die Anschaffung der Geräte in den alleinigen Verantwortungsbereich der Bezirke falle.