Rigaer Straße

Gericht: Räumungsklage gegen Kadterschmiede nicht zulässig

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Hans H. Nibbrig
SEK-Einsatz an der Rigaer Straße

SEK-Einsatz in der Rigaer Straße

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Die Eigentümerin des Hauses an der Rigaer Straße ist erneut mit ihrer Klage gegen die Betreiber der Autonomenkneipe gescheitert.

Berlin. Pünktlich um 10 Uhr begann am Donnerstag vor dem Berliner Landgericht eine neue Runde im seit Jahren schwelenden Rechtsstreit um die Autonomenkneipe „Kadterschmiede“ im Haus Rigaer Straße 94 in Friedrichshain. Das Vorspiel zum Prozess fand allerdings schon Stunden vorher zehn Kilometer weiter östlich statt. In den frühen Morgenstunden legten Unbekannte mehrere Reifen auf der Elsenbrücke ab und zündeten sie an. Der Verkehr auf der vielbefahrenen Verbindung zwischen Treptow und Friedrichshain war für zwei Stunden unterbrochen, erst gegen 8 Uhr konnte die Sperrung der Brücke wieder aufgehoben werden.

Autonome drohen bei möglicher Räumung mit Gewalt

Ein Zusammenhang mit der für Donnerstag angesetzten Gerichtsverhandlung ergibt sich für die Polizei aus einem Bekennerschreiben, das auch der dpa vorliegt. In dem schrieben die Täter, die Barrikaden seien aus Protest gegen die Räumungsabsichten im Haus Rigaer 94 erreichtet worden. Gleichzeitig bekundeten sie ihre Solidarität mit den Betreibern der „Kadterschmiede“. „Wenn die Bullen zur Räumung anrücken, werden wir da sein“, hieß es in dem Bekennerschreiben weiter.

„Die Bullen“ werden allerdings vorerst nicht zur Räumung der „Kadterschmiede“ anrücken. Denn die 27. Zivilkammer wies die Klage der Hauseigentümerin auf Herausgabe der Räume im Gebäude Rigaer 94 ab. Die Entscheidung erfolgte nach Angaben einer Gerichtssprecherin aus formalen Gründen. Wie schon bei mehreren Terminen zuvor, war der Anwalt der Klägerin, einer Gesellschaft nach britischem Recht, nicht in der Lage, eine den Ansprüchen eines deutschen Gerichts genügenden Prozessvollmacht vorzulegen.

Bescheinigung eines englischen Notars reichte nicht aus

Die Verwirrung um den Eigentümer des Hauses konnte das Gericht auch am Donnerstag nicht auflösen. Diesmal hatte der Anwalt der Klägerin eine Bescheinigung eines englischen Notars vorgelegt, die belegen sollte, dass die Klägerin auch tatsächlich Eigentümerin des Hauses Rigaer Straße 94 ist. Nach Ansicht des Gerichts ging daraus allerdings nicht hervor, wer tatsächlich die Eigentümergesellschaft vertritt.

Der Vorsitzende Richter äußerte wiederholt seine Verwunderung darüber, dass die Klägerin und der sie vertretende Anwalt zum wiederholten Mal nicht in der Lage waren, die nötigen Vollmachten vorzulegen. Als Konsequenz daraus wies die Kammer die Klage schließlich ab. Da die Ablehnung aus formalen Gründen erfolgte, hat die Eigentümergesellschaft die Möglichkeit, eine neue Klage anzustrengen, dann aber - wie es am Rande der Verhandlung hieß - bitte endlich mit ausreichenden Prozessunterlagen und Vollmachten.

Die Kneipe darf vorerst bleiben

Nach dem aktuellen Urteil darf die Autonomenkneipe vorerst weiter betrieben werden. Ob das von Dauer ist, bleibt abzuwarten. Bislang waren mehrere Berliner Gerichte stets mit formalen Ungereimtheiten beschäftigt, inhaltlich konnten sie sich noch nicht einmal mit der Räumungsklage befassen. Aber bereits 2017 deutete die Vorsitzende einer anderen Zivilkammer an, in der Sache habe die Klage durchaus Erfolgsaussichten.

Ein Erfolg der Räumungsklage wiederum dürfte Ausschreitungen in der autonomen Szene zur Folge haben. Gewalttätige Attacken gegen Polizeibeamte sind fast schon Alltag im Bereich Rigaer Straße / Liebigstraße. Auch die Barrikaden auf der Elsenbrücke zeigen deutlich, wozu die Szene fähig ist. Die brennenden Reifen blieben dabei nicht der einzige Zwischenfall. Schon in der Nacht brannten auch im Bereich der Rigaer Straße Autoreifen. Und vor dem Haus des Anwalts der klagenden Eigentümerin wurde ein Müllcontainer angezündet, dazu kam es zu Sachbeschädigungen an der Hausfassade und im Treppenhaus.

Politiker fordern vom Senat entschlossenes Vorgehen

Diese Attacken empören insbesondere den FDP-Innenexperten Marcel Luthe, der den Prozess am Donnerstag verfolgte. „Die peinliche Posse um die Rigaer Straße 94 findet kein Ende, weil offensichtlich die Eigentümer des Objekts aus Furcht vor Linksextremisten anonym bleiben wollen. Angesichts der andauernden linken Gewalt in Rigaer Straße und Liebigstraße muss der Senat endlich entschlossen vorgehen und einem jeden klarmachen, dass selbstverständlich auch Linksextremismus in Berlin nichts verloren hat“, sagte der Abgeordnete der Berliner Morgenpost.

Auch SPD-Innenexperte Tom Schreiber kritisierte die neuerlichen Ausschreitungen. Auf Twitter hatte er eine vermutlich nicht ganz ernst gemeinten Empfehlung parat: "Eigentlich könnte man doch gleichzeitig neben dem heutigen Prozess Durchsuchungsbeschlüsse in der R94 durchführen“.