Verkehr in Berlin

Polizei setzt bei Kontrollen auf den „Überraschungseffekt“

| Lesedauer: 4 Minuten
C. RAUTENBERG, U. Kraetzer UND A. DINGER
Ein Polizist weist einen Autofahrer daraufhin, dass er nicht auf dem Fahrradweg halten darf. Heute startet eine fünftägige Verkehrsaktion der Ordnungsämter, Polizei und Verkehrsbetriebe gegen Falschparker in der Innenstadt.

Ein Polizist weist einen Autofahrer daraufhin, dass er nicht auf dem Fahrradweg halten darf. Heute startet eine fünftägige Verkehrsaktion der Ordnungsämter, Polizei und Verkehrsbetriebe gegen Falschparker in der Innenstadt.

Foto: Annette Riedl / dpa

Die Polizei geht mit den Berliner Verkehrsbetrieben eine Woche lang verstärkt gegen Falschparker und Temposünder vor.

Berlin. Autofahrer, die am Montagmorgen an der Schlüterstraße ihr Fahrzeug auf dem Radweg abstellten, blieben nicht unbeobachtet. Viele von ihnen wirkten erschrocken, als Polizeibeamte neben ihnen auftauchten und sie zurechtwiesen. Eine Fahrerin stellte sich nach dem Besuch einer Boutique vor ihren Smart und versuchte, sich zu rechtfertigen. „Ich dachte, mein Auto wäre kleiner“, sagte sie. Doch es half nichts, die Beamten verhängten ein Bußgeld von 30 Euro. „Sie hat ihr Auto auf dem Schutzstreifen gestellt und sich entfernt, wodurch Radfahrer gefährdet wurden“, sagte Polizeiführer Oliver Jäckel.

Kontrollen von Falschparkern an 185 Straßen in Berlin

Es war der Auftakt für eine gemeinsame Kontrollaktion der Polizei und der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG) gegen Falschparker, die noch bis zum Ende der Woche andauern und zu einer Steigerung der Verkehrssicherheit beitragen soll. „Wir versuchen damit, die Verkehrsteilnehmer für mehr Verkehrssicherheit zu sensibilisieren. Falschparken wird oft sorglos als Kavaliersdelikt bagatellisiert“, sagt Rainer Paetsch, Leiter der Verkehrsüberwachung. Im Vorfeld haben Ordnungsamt und BVG insgesamt 185 Straßen in Berlin ausgesucht, an denen die Kontrollen stattfinden sollen. Dort sind nun 275 Polizeieinsätze mit rund 1300 Beamten eingeplant.

Im Fokus der Aktion stehen Zweite-Reihe-Parker

Kontrolliert werden Straßen in ganz Berlin, die besonders häufig von Fahrzeugen blockiert werden, wie etwa die Hauptstraße in Schöneberg und die Karl-Liebknecht-Straße in Mitte. „Die Polizeiabschnitte und die Bezirke kennen ja ihre Bereiche, wo besonders viele Autofahrer Parkplätze suchen, Radfahrer auf ihren Streifen behindert und Busspuren immer wieder zugeparkt werden“, sagte Paetsch bei den Kontrollen am Montag. Im Fokus der Aktion stehen besonders sogenannte Zweite-Reihe-Parker.

Bei Lieferfahrzeugen könnten Ausnahmen gemacht werden

Bei Lieferfahrzeugen könnten die Kontrolleure allerdings Ausnahmen machen. „Wenn ein solches Fahrzeug definitiv keinen Alternativstandort in der Nähe hat und nicht ganze Straßenzüge im Berufsverkehr blockiert, sollte man so etwas als Polizeibeamter tolerieren“, sagte der Leiter der Verkehrsüberwachung. Es müsse im Einzelfall entschieden werden.

Die BVG beteiligt sich an der Aktion, da Busfahrer durch falsch abgestellte Autos oft behindert werden. Seit 2018 dürfen BVG-Mitarbeiter bereits selbst Knöllchen an Falschparker verteilen, die Bushaltestellen, Straßenbahngleise oder Sonderfahrstreifen blockieren. Zuvor mussten sie dafür immer noch die Polizei herbeirufen.

2018 wurden bei ähnlicher Aktion 7.515 Falschparker bestraft

Dass sich Kontrollen lohnen, zeigt die Zahl der Verkehrsverstöße im vergangenen Jahr: Insgesamt 43.646 Halt- und Parkverstöße auf Radschutzstreifen und Radwegen wurden 2018 angezeigt. Auf Busspuren waren es 26.569. Für Parken in zweiter Reihe auf der Fahrbahn gab es 60.940 Anzeigen. Bei einer vergleichbaren fünftägigen Verkehrssicherheitsaktion im Oktober vorigen Jahres wurden 7.515 Falschparker bestraft. Die Polizei ließ 370 Fahrzeuge kostenpflichtig umsetzen.

Die aktuelle Kontrollaktion hat sich offenbar herumgesprochen. An der Schlüterstraße erwischte die Polizei eher wenige Autofahrer, die ihr Fahrzeug auf dem Radweg abstellten. Die Beamten stellten vier Ordnungswidrigkeiten fest und erteilten neun Verwarnungen. Eine Bilanz der Aktionswoche will die Polizei in einer Woche ziehen.

Mobile Blitzer erfassten 89.000 Geschwindigkeitsüberschreitungen

Unruhige Zeiten stehen Verkehrssündern auch im fließenden Verkehr bevor. Die Polizei will Geschwindigkeitsübertretungen künftig verstärkt mit mobilen Blitzgeräten ahnden. „Das ist für uns eine tolle Ergänzung“, sagte der Leiter des Verkehrsdienstes der Polizei, Markus van Stegen, am Montag im Innenausschuss. Seit Beginn der auf sechs Monate angelegten Testphase im Februar dieses Jahres seien mit zwei mobilen Blitzgeräten bei 94 Einsätzen 89.000 Geschwindigkeitsüberschreitungen gemessen worden.

Polizei setzt auf Überraschungseffekt

Die Anlagen könnten mehrere Tage ohne personelle Begleitung aufgestellt werden und kämen vor allem an Schulen, Kindertagesstätten oder Seniorenheimen zum Einsatz. „Wir setzen zunehmend auf mobile Überwachung, um einen deutlich höheren Überraschungseffekt zu haben“, sagte Polizeipräsidentin Barbara Slowik. Die 32 stationären Anlagen würden vor allem an Unfallschwerpunkten eingesetzt. Die Regierungsfraktionen von SPD, Linken und Grünen forderten den Senat auf, die Kontrollen weiter zu intensivieren.