Berlin. Auf ihrem Landesparteitag in Adlershof am kommenden Sonnabend gibt sich Berlins Linke kämpferisch. Im Leitantrag der Parteiführung, den die 183 gewählten Delegierten abstimmen werden, fordert sie eine „rebellische Stadtpolitik“ – in Berlin genauso wie in Europa.
Bei der Europawahl am 26. Mai will sich die Linke klarer als sozialistische Alternative präsentieren. Es dürfe es kein Zurück in die Zeit der Nationalstaaten geben, heißt es dazu im Leitantrag. Allerdings auch kein „Weiter so“: „Die Politik des neoliberalen Umbaus hat die Spaltungen in den Gesellschaften vorangetrieben“, sagte Berlins-Linken-Chefin Katina Schubert bei der Vorstellung des Parteitagsprogramms am Mittwoch.
Alle europäischen Metropolen teilten die Probleme der Entsolidarisierung und Abschottung, denen die Linke entschieden entgegentreten wolle. Gerade in den Städten würden die Widersprüche und Verwerfungen des globalen Kapitalismus sichtbar. Zugleich würden in den Metropolen aktuell auch die Alternativen entwickelt. „In rebellischen Städten wird eine Politik entwickelt, die die Verfügungsgewalt über die urbane Entwicklung den Marktgesetzen entzieht und in die Hände demokratischer und partizipativer Prozesse legt“, heißt es dazu in dem Leitantrag.
Enteignung bleibt das Top-Thema
Was damit konkret gemeint ist, zeigt sich wohl am Besten in dem, was die Linken auch in Berlin fordern und fördern – nämlich die Rekommunalisierung von vormals landeseigenen Betrieben sowie die Enteignung großer Wohnungskonzerne. Die Angst vor Verdrängung, dem Verlust der eigenen Wohnung und den immer weiter steigenden Mieten sei längst das zentrale Problem für die Menschen in Berlin, heißt es dazu im Leitantrag. Deshalb spreche sich die Linke für die Unterstützung der Initiative „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ aus.
„Wohnen ist ein Grundrecht, welches nicht länger dem Markt überlassen werden darf“, sagte Schubert. Das habe die Partei zwar schon auf dem vergangenen Parteitag im Herbst beschlossen, räumte Schubert ein. „Aber das Thema ist uns wichtig, wir als Linke arbeiten aktiv in dem Bündnis mit und rufen alle Berliner auf, dafür zu unterschreiben“, sagte Schubert.
Neubau nur mit Beteiligung der Anwohner
Die Linke setze aber nicht allein auf die Enteignungs-Kampagne. „Wir stehen für eine Bodenpolitik, die den Verkauf öffentlicher Grundstücke ausschließt und zusätzlich Grund und Boden in öffentliche Hand zurückholt“, sagte die Landeschefin weiter. Zudem wolle man Wohnungen durch Ankauf dem privaten Markt entziehen und die Milieuschutzgebiete ausweiten.
Man setze sich auch für den Neubau ein – wo es möglich und vertretbar ist, solle auch die Möglichkeit von Nachverdichtung in den Kiezen geprüft werden. Dies müsse aber unter Beteiligung der Anwohner geschehen und die Lebensqualität vor Ort erhalten. Weiter soll der Mietendeckel für Berlin so schnell als möglich umgesetzt werden umsetzen. Die genaue Ausgestaltung dieses neuen Instruments werde im rot-rot-grünen Senat erfolgen.
Ablehnung der S-Bahn-Zerschlagung
Neben den Leitanträgen haben die Bezirksverbände und einzelne Delegierte noch eine Reihe weiterer Anträge eingebracht, die beraten werden sollen. Darunter etwa der, Paul von Hindenburg von der Ehrenbürgerliste Berlins zu streichen, die S-Bahn-Berlin nicht zu zerschlagen, die Verschärfung des Polizeigesetzes, wie von der SPD gewünscht, zu verhindern, Fußgängern mehr Platz einzuräumen und eine landesweite Containerreserve für den kurzfristigen Schulersatzbau zu schaffen.
Schluss mit der Tourismus-Werbung
Geht es nach der Antragskommission, werden Anträge wie der, das Stadtmarketing abzuschaffen, weil Berlin ohnehin schon unter den zunehmenden Belastungen durch den dauerhaften Tourismus leide, vorerst nicht beraten. Genauso wenig wie die beiden Anträge, die sich mit dem Neutralitätsgesetz befassen, das es den Berliner Landesbediensteten verbietet, religiöse und weltanschauliche Symbole, darunter auch das Kopftuch, zu tragen. „Dazu gibt es bei uns zwei Anträge mit ganz gegensätzlichen Forderungen“, sagte Schubert. Daher wolle man dieses Thema sowie weitere, zu denen noch umfassender Beratungsbedarf besteht, in die Landesausschüsse überweisen. „Das ist keine Ablehnung, sondern einfach die Chance, sich bis zum Parteitag im Herbst noch einmal ausführlich mit den Themen zu befassen“, sagte Schubert.