Mittlerweile ist es völlig unstrittig, dass Kinder etwas davon haben, wenn sie eine Kindertagesstätte besuchen. Kitas sind Bildungseinrichtungen, die die Kleinsten spielerisch auf den großen Sprung in die Grundschule vorbereiten. Besonders profitieren davon Kinder, die zu Hause nicht malen oder basteln, die ohne Bücher und ohne Gute-Nacht-Geschichten aufwachsen, weil die Eltern selbst nicht das Rüstzeug mitbringen, ihren Nachwuchs zu fördern.
Dennoch geht es an den Realitäten in Berlin vorbei, wenn die Berliner SPD-Fraktion jetzt ebenso wie FDP und AfD den Besuch einer Vorschule oder eben des letzten Kita-Jahres verpflichtend machen möchte. Grundsätzlich spräche zwar nichts dagegen, das verpflichtende Bildungssystem auch in Deutschland schon für Fünfjährige starten zu lassen. Das ist in anderen Staaten auch so.
Aber Deutschland hat ein anderes System, und in Berlin gibt es schon jetzt zu wenig Kita-Plätze. 19 von 20 Fünfjährigen gehen sowieso schon in eine Kita, ganz freiwillig. Die SPD möchte die letzten fünf Prozent, die gar nicht oder nur sehr unregelmäßig kommen, über eine Pflicht ins System ziehen. Sie räumt damit aber auch ein, dass das SPD-geführte Bildungsressort nicht ordentlich arbeitet. Denn längst ist es vorgeschrieben, dass alle Kinder, die beim Sprachtest mit viereinhalb Jahren schlecht abschneiden, das letzte Jahr vor der Einschulung verpflichtend Sprachförderung wahrnehmen müssen. Das passiert aber nur in den wenigsten Fällen. Wie so oft schafft es die Administration nicht, den hehren Ansprüchen der Gesetzgeber zu entsprechen.
Um Kinder wirklich gut auf die Schule und das Leben vorzubereiten, sollten sie ohnehin nicht erst mit fünf Jahren in die Kitas kommen, sondern deutlich eher. Das wird nur gelingen, wenn glaubwürdige Menschen noch mehr Familien deutlich machen, dass es zum Besten ihrer Kinder ist, früh eine Kita zu besuchen. Überzeugung ist wirksamer als die Einführung einer Pflicht, die sich mangels Räumen und Erziehern nicht umsetzen ließe.