Ex-Flughafen

Tempelhofer Feld soll Zentrum für Gewerbe werden

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Jens Anker und Dominik Bath
Die Mittelstandsvereinigung der CDU will die Ränder des Tempelhofer Feldes für Gewerbe bereitstellen.

Die Mittelstandsvereinigung der CDU will die Ränder des Tempelhofer Feldes für Gewerbe bereitstellen.

Foto: euroluftbild.de/Daniel Reiter

Auf dem Tempelhofer Feld will die Mittelstandsvereinigung der CDU ausschließlich Firmen ansiedeln. Wohnungsbau soll es nicht geben.

Berlin. Neue Pläne für das ehemalige Flugfeld im Herzen der Hauptstadt: Die Mittelstands- und Wirtschaftsvereinigung (MIT) der CDU Berlin will aus dem Tempelhofer Feld ein Zentrum für kleine und mittelständische Unternehmen machen. Ein entsprechender Leitantrag soll auf der Landesdelegiertenversammlung des Wirtschaftsverbandes am Mittwoch im Berlin Congress Center beschlossen werden. Das Papier liegt der Berliner Morgenpost vorab vor.

Demnach will sich die MIT künftig bei allen Parteien und politischen Gremien dafür einsetzen, dass am Rande des ehemaligen Flughafengeländes ausschließlich Gewerbeflächen entstehen. So soll ein Teil des Tempelhofer Felds zu einem „Zentrum für Berlins Mittelstand“ werden.

„Unternehmen finden in Berlin immer weniger Gewerbe- und Industrieflächen und noch schwerer bezahlbare Flächen“, sagte Christian Gräff, wirtschaftspolitischer Sprecher der CDU im Berliner Abgeordnetenhaus und MIT-Landesvorsitzender, am Sonntag der Berliner Morgenpost. Der Rand sowie das Bestandsgebäude des ehemaligen Flughafens eigneten sich hervorragend für Gewerbeflächen – auch, weil das Gelände gut an die Autobahn 100 und den öffentlichen Nahverkehr angeschlossen sei, so Gräff.

2014 sprachen sich die Berliner gegen eine Bebauung aus

Ursprünglich hatte sich im Mai 2014 eine deutliche Mehrheit der Berliner in einem Volksentscheid gegen eine Bebauung auf dem Tempelhofer Feld ausgesprochen. Bei der Befragung stand allerdings das Thema Wohnraum im Fokus. Juristisch gesehen könnte das Abgeordnetenhaus diese Entscheidung jederzeit zurücknehmen oder verändern. Innerhalb der Regierungskoalition war dies bislang allerdings offiziell kein Thema. Die CDU hatte zuletzt vorgeschlagen, zu Volksentscheiden nach fünf Jahren erneut eine Befragung durchzuführen. Vor dem Hintergrund der Wohnungsnot in Berlin hatten sich zudem Stimmen gemehrt, doch wieder über Wohnungsbau am Rande des Tempelhofer Felds nachzudenken. Der CDU-Wirtschaftverband schließt Wohnbebauung in großem Stil in dem Antrag allerdings ausdrücklich aus.

Konkret sollen laut MIT-Papier auf 50 Hektar Fläche am Rand Gewerbeflächen sowie Betriebskindergärten gebaut werden. Möglicherweise könnten dort auch einige, wenige Betriebswohnungen entstehen, in denen dann Mitarbeiter der angesiedelten Unternehmen wohnen würden. Insgesamt ist das Tempelhofer Feld rund 300 Hektar groß. Der Großteil des Areals solle aber frei zugängliches Parkgelände bleiben, hieß es.

Kleine und mittlere Betriebe sollen auf dem Tempelhofer Feld angesiedelt werden

Bei den Flächen im Bestandsgebäude und in den neuen Gebäuden sollen kleine und mittelständische Unternehmen bis maximal 250 Mitarbeiter und einem Jahresumsatz von höchstens 50 Millionen Euro ein neues Zuhause finden. Die Nettokaltmiete solle dabei im Bestandsgebäude acht Euro und in den Neubauten für Gewerbe 13 Euro nicht übersteigen. Laut MIT könnte das Land für Bau und Sanierung auch Fördermittel der Europäischen Union und des Bundes einwerben.

Um Planungssicherheit zu erhalten, sollen die Unternehmen Mietverträge von bis zu zehn Jahren erhalten. Bei jeder weiteren Verlängerung solle überprüft werden, ob die Firmen per Definition noch zu kleinen und mittelständischen Unternehmen zählen. Um Vermietung, Verwaltung und den Bau könnte sich laut MIT-Antrag die bereits bestehende Tempelhof Projekt GmbH kümmern.

Innerhalb der Gebäude sollen die angesiedelten Firmen „Cluster“ bilden, damit untereinander Wertschöpfungsketten und Kooperationsmöglichkeiten entstehen. Vor allem Handwerk, Dienstleistungen und kleinteilige Industrieunternehmen sollen laut MIT am Tempelhofer Feld angesiedelt werden. Im Bestandsgebäude könne außerdem ein Teil der Fläche für Unternehmen der Kreativwirtschaft zur Verfügung stehen, geht aus dem Papier hervor.

Auch die Landesregierung will aus dem alten Terminalgebäude ein Zentrum für Künstler und Kreative machen. Dafür werden Teile des Baus derzeit nach und nach saniert. Dieses Konzept sei „beschlossene Sache“, sagte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Grünen-Fraktion im Abgeordnetenhaus, Nicole Ludwig, am Sonntag. „Den Rand des Tempelhofer Felds zu bebauen, steht aus meiner Sicht aber nicht zur Debatte“, ergänzte Ludwig. Flächen ausschließlich für Gewerbe vorzuhalten, bezeichnete die Politikerin als „Weg zurück“. „Wir wollen generell eine Mischnutzung“, sagte Ludwig.

Land will 80 Liegenschaften für Wohnungsbau kaufen

Um Flächen für den Wohnungsbau zu erwerben, steht das Land derzeit in Verhandlungen mit der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (Bima). Dabei geht es um insgesamt 80 Gebäude oder Flächen, wie die Finanzverwaltung in der Antwort auf eine Anfrage der CDU schreibt. „Für circa 50 Liegenschaften laufen aktuell bereits konkrete Ankaufsverhandlungen“, schrieb Finanzstaatssekretärin Margaretha Sudhof darin. 16 Liegenschaften seien bereits von Bundes- in Landeseigentum übergegangen. Über Einzelheiten hat der Senat mit der Bima Stillschweigen vereinbart.

CDU-Politiker Gräff kritisiert die überlangen Verhandlungen, die sich teilweise über Jahre zögen. „Das Land kümmert sich nicht richtig“, sagte Gräff. „Das können wir uns nicht gefallen lassen.“ Er hat Akteneinsicht bei der Finanzverwaltung beantragt, um zu klären, warum die Verhandlungen so langwierig seien.

Die Finanzverwaltung weist die Kritik zurück. „Das ist ein aufwendiger Prozess“, sagte Behördensprecherin Eva Henkel. Wenn über eine Liegenschaft eine Einigung erzielt werde, müsse gleichzeitig ein erkennbarer Zweck für die Verwertung der Immobilie vorliegen, damit das Grundstück vom Bund an das Land abgegeben werden kann und nicht an den Meistbietenden fällt. „Die Verhandlungen laufen effizient und werden nicht behindert“, so Henkel weiter.