Senatseinschätzung

Berliner Waldorfschule darf Kind von AfD-Politiker ablehnen

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Susanne Leinemann
Unterricht an einer Schule (Symbolbild)

Unterricht an einer Schule (Symbolbild)

Foto: Daniel Karmann / dpa

Für den Senat ist das Vorgehen nicht zu beanstanden. AfD-Chef Georg Pazderski beklagt dagegen „Ausgrenzung“ und Sippenhaft“.

Berlin. Eine Privatschule hat das Recht, die Aufnahme eines Kindes zu verweigern, wenn man die politischen Ansichten der Eltern nicht teilt. Das ergab eine rechtliche Bewertung der Senatsbildungsverwaltung. Es ging um einen konkreten Fall, der im Dezember 2018 bekannt wurde.

An der Freien Waldorfschule Berlin-Südost im Bezirk Treptow-Köpenick war der sechsjährigen Tochter eines AfD-Politikers die Einschulung verweigert worden, obwohl das Mädchen den dortigen Waldorfkindergarten besucht. Bei einer Vollversammlung, hatten Eltern und Lehrer kontrovers über die Aufnahme diskutiert. Dabei ging es nicht um konkrete Vorwürfe, sondern allein um den Fakt, dass der Vater des Mädchens, der namentlich nicht genannt werden möchte, aktuell für die AfD im Berliner Abgeordnetenhaus sitzt. Bei der Senatsbildungsverwaltung betont man nun die Eigenverantwortlichkeit der Privatschulen. Sie hätten, anders als öffentliche Schulen, „ein Recht der freien Schülerauswahl“. Nur aus Gründen der „ethnischen Herkunft“ dürfe niemand abgelehnt werden.

Senatorin kann die Entscheidung schwer nachvollziehen

Allerdings machte Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) am gestrigen Donnerstag im Schulausschuss des Berliner Abgeordnetenhaus auch deutlich, dass mit dem Ergebnis der Rechtsprüfung unglücklich ist. „Ich finde, die Entscheidung der Schule ist nur schwer nachzuvollziehen“, sagte sie. Gerade weil das Kind vorher jahrelang die Kita besucht habe, ohne dass es Probleme gab. Kinder sollten nicht für die politischen Ansichten ihrer Eltern haftbar gemacht werden, so die Senatorin. Sie sprach von einer „rechtlichen Lücke“, die in diesem Fall vom Allgemeinen Gleichstellungsgesetz nicht abgedeckt sei: die Frage, welche Rolle politische Gesinnung spielt. Trotzdem sehe man keinen rechtlichen Handlungsbedarf. „Es ist ein Einzelfall“, so Scheeres.

Die AfD-Fraktion ist empört, verlangt die Herausgabe der rechtlichen Bewertung. „Ausgrenzung und Sippenhaft verstoßen gegen alle Grundsätze einer freien Gesellschaft und zeigen das schwierige Verhältnis von Teilen des Senats zum Grundgesetz“, sagte Fraktionschef Georg Pazderski. Man werde eine „derartige Rechtsbeugung nicht tatenlos hinnehmen“.

Etwas zurückhaltender äußerte sich der AfD-Abgeordnete, dessen Tochter betroffen ist. Ob er weiter rechtlich gegen die Ablehnung vorgehen will, lässt er offen. Ihm ist anzumerken, wie belastend die Situation für seine ganze Familie ist. Man fühle sich eigentlich in dem Waldorf-Umfeld wohl, besonders die Kinder. Politik habe dort nie eine Rolle gespielt. „Es ist schade, wie es gelaufen ist“, sagte er nun. Seine Frau und er hätten bei einer Aussprache in der Schule nie eine Chance gehabt. „Es wurde nur politisch gefragt, wurden nur AfD-Positionen abgeklopft“, erzählte er. Sein Eindruck sei gewesen, dass der Ausschluss seiner Tochter schon vor dem Treffen festgestanden habe. Diese grundsätzliche Ausgrenzung sei problematisch. In Treptow-Köpenick kam die AfD bei der letzten Bundestagswahl auf 16,9 Prozent.

„Waldorfschulen stehen grundsätzlich allen Kindern offen“, meint Henning Kullak-Ublick, Vorstandssprecher im Bund der Freien Waldorfschulen. Doch man müsse die Wertegemeinschaft teilen. Die Berliner Schule habe sich ihre Entscheidung nicht leicht gemacht.

( BM/dpa )