Ergebnis in drei Monaten

Der Berliner Mietendeckel kommt - vielleicht

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Isabell Jürgens
Ein Blick über Berlin. Im Hintergrund der Fernsehturm.

Ein Blick über Berlin. Im Hintergrund der Fernsehturm.

Foto: istock

Während Senatorin Lompscher noch prüft, ob eine Mietobergrenze möglich ist, hat die SPD schon mal einen einen Werbefilm gedreht.

Berlin.  Um den exorbitanten Mietsteigerungen der vergangenen Jahre einen wirksamen Riegel vorzuschieben, hat der rot-rot-grüne Senat auf seiner Sitzung am Dienstag die Prüfung eines landesrechtlichen Mietendeckels beschlossen. Damit hat Berlins Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher (Linke), nun auch offiziell den Auftrag, sich mit Hochdruck um das Thema zu kümmern. „Wegen seiner großen Auswirkungen auf alle Berliner Haushalte muss die verfassungsrechtliche Zulässigkeit eines solchen landesweiten Mietendeckels sorgfältig geprüft und auch die Umsetzung sowie mögliche Folgen genau analysiert werden“, sagte die Senatorin.

In drei Monaten, so Lompscher weiter, werde das Ergebnis der Überprüfung vorliegen. Der SPD geht das offenbar nicht schnell genug. Am Montag war SPD-Fraktionschef Raed Saleh mit einem von ihm in Auftrag gegebenen Rechtsgutachten vorgeprescht und hatte das Ergebnis auch gleich öffentlich verkündet: „Der Mietendeckel kann kommen“.

Nach Vorstellung der SPD soll damit die Möglichkeit eröffnet werden, die Mieten über einen bestimmten Zeitraum einzufrieren. Offenbar ist man sich bei der SPD sehr sicher, juristisch auf der sicheren Seite zu stehen. Die Berliner Sozialdemokraten haben bereits einen Werbespot für den Landesmietendeckel in Auftrag gegeben, der in Kürze in den Berliner Kinos gezeigt werden soll, verriet Saleh der Berliner Morgenpost am Dienstag.

Um alle rechtlichen Fragen zu klären, hat der Senat nun auf Lompschers Vorschlag beschlossen, dass alle offenen Fragen ressortübergreifend zwischen den Senatsverwaltungen für Wirtschaft , Finanzen, Justiz sowie der Senatskanzlei unter Federführung ihrer Verwaltung geklärt werden sollen. Zur Sommerpause sollen dann die Eckpunkte eines Gesetzentwurfs sowie ein Zeitplan bis zum Inkrafttreten eines Gesetzes durch ihre Verwaltung vorgelegt werden.

Streit wegen der schleppenden Umsetzung

Dass es in der Koalition Streit wegen der schleppenden Behandlung der von der SPD als dringlich empfundenen, rechtlich abgesicherten Mietenobergrenze gegeben hat, ist ein offenes Geheimnis. Seit November werde über einen Mietendeckel in Berlin diskutiert – doch die Senatorin behandele das Thema nicht mit Nachdruck, weil sie den Vorschlag offenbar als Konkurrenzvorhaben zu dem anstehenden Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ empfinde, heißt es hinter vorgehaltener Hand. Das Enteignungsbegehren wird nach einem Beschluss des Parteitages von der Berliner Linken unterstützt.

Dabei hat auch die SPD für Verzögerungen gesorgt: Die Senatorin hatte bereits am vergangenen Dienstag ihre Vorschläge zur Einrichtung eines Arbeitskreises zur juristischen Abklärung präsentieren wollen, war damit aber ausgebremst worden. Auffällig ist nun, dass in dem neuen Antrag einige ihrer Vorschläge geändert, beziehungsweise ganz gestrichen wurden. So ist nun nicht mehr die Rede von der Einsetzung einer Arbeitsgruppe, auch die Einsetzung externer Sachverständiger findet sich in dem neuen Papier nicht mehr. Auch hatte die Senatorin auf der Fraktionsklausur der Berliner Linken am vergangenen Wochenende noch gesagt, die Federführung bei der Erarbeitung eines solchen Vorhabens solle die Senatskanzlei des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller (SPD) übernehmen. Doch auch mit diesem Vorschlag konnte Lompscher sich nicht durchsetzen. Die Senatorin solle Verantwortung nicht einfach weiterdelegieren, hieß es zur Begründung aus Kreisen der SPD.

Seit November wird diskutiert

Von Streit könne keine Rede sein, betonte die Senatorin allerdings am Dienstag: „Wir haben nicht über das ob gestritten, sondern darüber, wie so ein Mietendeckel rechtssicher ausgestaltet werden kann.“ Alle seien sich einig, dass ein solcher Deckel ein wichtiges mietenpolitisches Instrument sei – „wenn es denn verfassungsrechtlich möglich ist“, ergänzte sie und warnte zugleich davor, Erwartungen zu enttäuschen“.

Wie berichtet, wird bereits seit November vergangenen Jahres über einen Landesmietendeckel für die Hauptstadt debattiert. Angestoßen hatte dies der Jurist Peter Weber mit einem Beitrag in einer juristischen Fachzeitschrift, den die Berliner SPD-Bundestagsabgeordnete Eva Högl aufgegriffen hatte. Zuletzt hatte die Berliner SPD-Fraktion am Montag ein in ihrem Auftrag erarbeitetes Gutachten veröffentlicht, das einen sogenannten Mietendeckel für rechtlich möglich hält. Allerdings gibt es auch Expertisen, unter anderem des wissenschaftlichen Dienstes des Bundes, die zu ganz anderen Auffassungen kommen. Denn grundsätzlich ist das Mietenrecht erst einmal Sache des Bundes.

Regelung auf Landesebene schon einmal gescheitert

Die Senatorin zeigte sich generell überzeugt, dass die Möglichkeit bestehe, einen öffentlich-rechtlichen Mietendeckel auf Landesebene einzuführen. „Ähnliches haben wir ja bereits mit der Zweckentfremdungsverbotsverordnung eingeführt“, sagte Lompscher. So dürfen Bauherren, die für einen Neubau einen Altbau abreißen, von ihren Mietern in dem Neubau nicht mehr als 7,92 Euro Miete verlangen.

Zudem gebe es in der Geschichte der Stadt bereits rechtliche Anknüpfungspunkte: „In West-Berlin gab es bis 1987 eine sogenannte Altbaumietenverordnung, die die Mieten in diesen Wohnungsbeständen begrenzte“, sagte Lompscher. Zudem habe in den Berliner Sanierungsgebieten bis 2004 ebenfalls eine Mietobergrenze gegolten. Diese war jedoch vom Bundesgerichtshof für unzulässig erklärt und gestoppt worden.

Kritik von der Immobilienwirtschaft und Opposition

Dass sich der Senat keineswegs sicher sein darf, dass die rechtliche Überprüfung ergibt, eine landesweite Mietobergrenze sei zulässig, betonte am Dienstag auch der Zentrale Immobilien Ausschuss (ZIA), der Spitzenverband der Immobilienwirtschaft - ebenfalls mit Verweis auf ein Gutachten. „Dass sich die Lage auf dem Berliner Wohnungsmarkt durch einen Mietendeckel entspannt, ist ein Irrglaube und zudem verfassungsrechtlich stark zweifelhaft“, so Niclas Karoff, Sprecher der ZIA-Region Ost. Die einzig nachhaltige Lösung für bezahlbares Wohnen in der Hauptstadt ist der Neubau von Wohnungen – alles andere ist Augenwischerei.“

So sieht es auch die Opposition. „Mit dem Mietendeckel will der rot-rot-grüne Senat im Innenstadtbereich punkten – vor allem mit dem Anschein einer Problemlösung, wo man doch ansonsten versagt. Trotz aller Gutachten, die mit Gefälligkeit eingeholt wurden, wird jedem einleuchten, dass das Preisrecht im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt ist. Sonst könnte man ja auch den Benzin- und Strompreis einfach “deckeln“, so Matthias Brauner Vorsitzender des Forums Stadtentwicklung und Wohnen der Berliner CDU.