15-Jährige vermisst

Rebecca vermisst: Was man über den Fall wissen muss

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Mit diesen Fotos wird nach der vermissten Rebecca Reusch (15) aus Neukölln gesucht.

Mit diesen Fotos wird nach der vermissten Rebecca Reusch (15) aus Neukölln gesucht.

Foto: dpa/Polizei Berlin/BM

Suche, U-Haft, Indizien, Fahndungsfotos: Fragen und Antworten zum Fall der vermissten Berliner Schülerin Rebecca Reusch.

Vermisste Rebecca Reusch: Wie ist der Stand der Ermittlungen in dem Fall ?

Berlin. Rebbeca Reusch (15) verschwand vor etwa drei Wochen in Berlin-Britz. Die Polizei verdächtigt Rebeccas Schwager Florian R. eines Tötungsdelikts, er sitzt in Untersuchungshaft. Die Mordkommission wertet derzeit die mehr als 1400 Hinweise aus, die bisher eingingen. In den vergangenen Tagen wurden mehrere aufwendige Suchaktionen in Brandenburg durchgeführt. Zu Ergebnissen der Aktion hält sich die Polizei bedeckt.

Alle aktuellen Entwicklungen im Fall Rebecca lesen Sie im Blog.

Die Indizien gegen Florian R. werden als dünn bewertet. Innerhalb der Polizei gibt es die Befürchtung, dass die Ermittlungen komplett neu aufgerollt werden müssen. „Das wäre ein Desaster“, sagte ein Beamter der Berliner Morgenpost.

Welche öffentlich bekannten Indizien sprechen gegen Rebeccas Schwager?

Rebecca hielt sich am 18. Februar zuletzt im Haus ihrer Schwester und ihres Schwagers auf. Die Polizei geht davon aus, dass das Mädchen das Haus nicht lebend verließ, sondern getötet wurde.

Öffentlich begründeten Ermittler dies etwa mit einer Analyse der Router-Daten und Rebeccas Telefonverhalten.

Weiteres Indiz: Der himbeerrote Twingo, der von der Schwester und dem Schwager genutzt wird, ist am Tag des Verschwindens und am Folgetag auf der A12 zwischen Berlin und Frankfurt (Oder) von der automatischen Kennzeichenfahndung KESY erfasst worden. Die Kameras hängen an einer Brücke über der Autobahn direkt an der Ausfahrt Storkow. Zu den Zeiten der Erfassung soll nur der Schwager Zugriff auf das Auto gehabt haben. Die Autobahn verläuft etwa zwei Kilometer nördlich des aktuellen Suchorts.

Im Kofferraum des Autos sollen die Ermittler außerdem Haare Rebeccas und Fasern einer Decke, mit der die 15-Jährige verschwunden war, entdeckt worden sein.

Der 27-jährige Schwager des Mädchens schweigt in der Untersuchungshaft. Rebeccas Familie hält Florian R. für unschuldig.

Was ist eine Untersuchungshaft?

Ein Haftrichter ordnet die Untersuchungshaft an, um zu verhindern, dass ein Tatverdächtiger flüchtet, Beweismittel vernichtet oder Zeugen beeinflusst. In der Regel darf die U-Haft höchstens sechs Monate dauern, vereinzelt kann diese Frist aber verlängert werden. Die Zeit der U-Haft wird auf eine spätere mögliche Freiheitsstrafe angerechnet. Für den Verdächtigen gilt in U-Haft - wie für das gesamte Verfahren - die Unschuldsvermutung. Zum konkreten Haftgrund gegen Rebeccas Schwager haben sich die Ermittler bislang nicht geäußert. Bei seiner Vernehmung soll er sich aber in Widersprüche verstrickt haben, die bislang nicht ausgeräumt werden konnten. Allerdings: Erst bei einem hinreichenden Tatverdacht gegen den 27-Jährigen kann es zur Anklage kommen.

Hat die Anwältin des Schwagers Haftbeschwerde eingelegt?

Diese Frage war zunächst unklar. Bei der Staatsanwaltschaft war eine solche Beschwerde am Donnerstag zunächst nicht bekannt. Damit soll die Entlassung aus der U-Haft erreicht werden. Gerichtlich muss dann überprüft werden, ob ein Amtsrichter zu Recht die U-Haft angeordnet hatte.

Warum wurde der Schwager zwischenzeitlich wieder freigelassen?

Florian R. war 28. Februar ein erstes Mal festgenommen worden - zehn Tage nach dem Verschwinden des Mädchens. Nur einen Tag später kam der 27-Jährige wieder auf freien Fuß, weil ein Ermittlungsrichter keinen dringenden Tatverdacht sehen konnte. Am gleichen Tag wurde das Haus des Verdächtigen in Britz kriminaltechnisch untersucht. Am 4. März nahmen die Ermittler Florian R. erneut fest - wegen des dringenden Tatverdachts des Totschlags.

Warum sucht die Mordkommission weiter nach einer Leiche?

Ein Leichenfund könnte der Mordkommission mögliche Hinweise zum Täter liefern, etwa DNA-Spuren, Haare oder Fingerabdrücke. Je länger eine Leiche im Freien oder im Wasser liegt, desto schwieriger wird die Arbeit der Spurensicherung.

Kann es auch ohne den Fund einer Leiche zu einem Mordprozess kommen?

Dem tatverdächtigen Schwager droht auch dann ein Prozess, wenn die Leiche von Rebecca nicht gefunden wird. „Für eine Anklage braucht es nicht zwingend eine Leiche“, sagt der Strafrechtler Hans Lilie aus Halle (Saale) zur Rechtslage.

Für die Ermittler steige ohne Leichenfund allerdings der Druck, belastbare Beweise zu finden. Ein paar Haare und Fasern einer Decke in einem von mehreren Menschen genutzten Familienauto dürften für einen Indizienprozess kaum ausreichen.

„Es gibt einige Fälle, in denen Personen verurteilt worden sind und in denen das Opfer nie gefunden wurde“, sagte Lilie der Nachrichtenagentur dpa. „In diesen Fällen hat die Indizienkette aber ausgereicht, dass bei dem Richter die Gewissheit bestanden hat, dass ein bestimmtes Tatgeschehen zum Tod des Opfers geführt hat.“ Wenn keine Leiche gefunden werde, müsse das Gericht am Ende die Beweise bewerten und seine Schlussfolgerungen ziehen.

Für Verurteilungen wegen Mordes müssen juristisch bestimmte Merkmale wie Grausamkeit oder Heimtücke vorliegen.

Warum sieht Rebecca auf den verschiedenen Fahndungsfotos unterschiedlich aus?

Die Berliner Polizei hat zur öffentlichen Fahndung nach Rebecca zwei Bilder der Vermissten herausgegeben. Das eine Bild zeigt Rebecca geschminkt, das Foto wurde möglicherweise digital nachbearbeitet (oben links). Das andere Bild (rechts) zeigt die 15-Jährige ungeschminkt. Hinzu kommt ein Foto, mit dem die Familie selbst auf Plakaten und Flugblättern nach der Schülerin sucht (Mitte).

Ein Polizeisprecher sagte dazu: „Wir müssen uns danach richten, Bilder zu nehmen, von denen die Angehörigen sagen, dass sie dem Gesuchten sehr ähnlich sehen.“ Bei der Auswahl sei man auf die Unterstützung der Familie angewiesen. Die Fotos seien unter diesen Gesichtspunkten ausgewählt worden.

( bee )