Berlin. Mit internen Kontrollvorschriften sollen die Unfallzahlen reduziert werden. An den Zielvorgaben gibt es Kritik.
Weil in Berlin seit Jahren die Unfallzahlen steigen, will die Polizei härter gegen Verkehrssünder vorgehen. Dabei sollen auch interne Zielvereinbarungen helfen. Darin ist festgelegt, wo und wie oft die Beamten kontrollieren müssen. Für die Jahre 2018 und 2019 hat sich die Polizei demnach verpflichtet, in allen Direktionen an fünf ausgewählten Kreuzungen stärker zu kontrollieren. Dort sollen jeweils mindestens 150 Verkehrssünder bestraft und fünf Präventionseinsätze pro Jahr durchgeführt werden.
Auch für die Direktion Einsatz gibt es solche Absprachen. Hier müssen mindestens 100 Verkehrssünder an jeweils fünf ausgewählten Kreuzungen bestraft werden. Welche Kreuzungen das sind, entscheiden die Direktionen selbst. Laut Polizei gehörten 2018 aber die Schlesische Straße/Skalitzer Straße (354 Unfälle), der Jakob-Kaiser-Platz (337), der Große Stern (289), der Theodor-Heuss-Platz (275 ) und der Ernst-Reuter-Platz (255 ) zu den Unfallschwerpunkten in Berlin.
Neben Absprachen, wie oft und wo kontrolliert werden soll, gibt es in den Zielvorgaben auch allgemeinere Formulierungen. Etwa die verstärkte Kontrolle von Vorfahrtsverstößen. Das „gesamtbehördliche Zielverfahren“, so der Name der Absprachen, gibt es seit dem Jahr 2002. Obwohl darin konkrete Zahlen genannt werden, sei laut Innenverwaltung aber nicht die Quantität der Kontrollen entscheidend. Es gehe vielmehr um die Reduzierung der Zahl der Verkehrsunfälle sowie die Minimierung der Zahl der Verletzten und Toten im Straßenverkehr. „Im Rahmen der strategischen Ausrichtung der Polizei Berlin in der Verkehrssicherheitsarbeit steht insbesondere die wirkungsorientierte Bekämpfung der Hauptunfallursachen (HUU) im Fokus polizeilichen Handelns“, heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des innenpolitischen Sprechers der FDP-Fraktion, Marcel Luthe.
Vorgaben auch im Bereich Kriminalitätsbekämpfung
Auch im Jahr 2018 gab es wieder mehr Verkehrsunfälle und Tote im Berliner Straßenverkehr. Insgesamt wurden 144.325 Verkehrsunfälle aufgenommen, 15.132 davon mit Personenschaden. Die Zahl der registrierten Unfälle ist damit im Vergleich zum Jahr 2017 um 0,63 Prozent gestiegen. Dass die Zahl der Unfälle kontinuierlich steigt, liegt vor allem daran, dass Berlin wächst. Polizeipräsidentin Barbara Slowik sagte bei der Vorstellung der aktuellen Verkehrsunfallstatistik am Montag, dass es zwar wieder mehr Unfälle in Berlin gegeben habe, die Steigerung im Vergleich zum Bevölkerungswachstum aber geringer sei. Berlin wuchs von 2017 zu 2018 um ungefähr ein Prozent. Weil das Thema Verkehr aber immer wichtiger werde, solle im Zuge der Polizeistrukturreform die Verkehrspolizei eine eigene Direktion bekommen.
Bei Politikern und Gewerkschaften sorgen diese Vereinbarungen für ein geteiltes Echo. FDP-Innenexperte Luthe spricht gegenüber der Berliner Morgenpost von „Planwirtschaft“. Luthe sagte dieser Zeitung: „Die Polizei muss in einem Rechtsstaat Recht gleichermaßen gegenüber allen und überall durchsetzen.“ Dafür brauche Berlin eine Polizei, deren Personalstärke der gewachsenen Stadt angemessen ist, und keine „Fangquoten“. Polizeiarbeit sei aber nicht möglich, wenn festgelegt sei, wie viele Verkehrsverstöße an einer bestimmten Kreuzung festgestellt werden müssen.
„Die Zielvereinbarungen können durchaus ein sinnvolles Instrument sein, um die Sicherheit auf Berlins Straßen zu erhöhen“, sagte der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Benjamin Jendro, der Berliner Morgenpost. Um das zu erreichen, müssten sie sich aber an den örtlichen Gegebenheiten und jeweiligen Problemfeldern der Direktionen orientieren. „Einheitlich vorgegebene Kriterien werden den vielfältigen Anforderungen der Hauptstadt nicht gerecht“, so Jendro. Es sei der falsche Ansatz, die Abschnitte indirekt dazu zu drängen, noch mal schnell Geschwindigkeitskontrollen vor dem Dienstgebäude durchzuführen, damit am Ende die Zahlen halbwegs stimmen. Der Erfolg hinge auch immer vom tatsächlich zur Verfügung stehenden Personal ab.
Neben Zielvereinbarungen für den Verkehr gibt es auch Festlegungen im Bereich der Kriminalitätsbekämpfung. So soll sich die Direktion 1 (Reinickendorf und Pankow) vor allem um den Fahrraddiebstahl, die Direktionen 2 (Spandau und Charlottenburg-Wilmersdorf) und 6 (Lichtenberg, Marzahn-Hellersdorf, Treptow-Köpenick) um Fahrzeugdiebstahl, die Direktion 3 (Mitte) um Jugendgewalt, die Direktion 4 (Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf) um Trickdiebstahl und -betrug in Wohnungen, die Direktion 5 (Friedrichshain-Kreuzberg und Neukölln) um Kellereinbrüche und das Landeskriminalamt um Taschendiebstahl kümmern.