Prozess in Berlin

Lebenslange Haft für den Mörder von Melanie R. aus Pankow

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Hans H. Nibbrig
Melanie R. wurde in einer Grünanlage getötet in Pankow (Archiv/Collage)

Melanie R. wurde in einer Grünanlage getötet in Pankow (Archiv/Collage)

Foto: Charlene Rautenberg/Polizei Berlin

Im Mai 2018 wurde die 30-jährige Melanie R. ermordet - wegen eines Handys. Am Donnerstag verurteilte das Landgericht ihren Mörder.

Berlin. Knapp zehn Monate nach dem Mord an der 30-jährigen Melanie R. aus Pankow ist der Täter am Donnerstag zu einer lebenslangen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Eine Schwurgerichtskammer am Landgericht sprach den 39-jährigen Stoyan A. wegen Mordes aus niederen Beweggründen schuldig. Für das Gericht steht fest, dass der aus Bulgarien stammende Mann sein Opfer erwürgte, um einen vorangegangenen Raubversuch zu verdecken.

Die Staatsanwalt hatte A. ursprünglich wegen Mordes und versuchter Vergewaltigung angeklagt. Für das Gericht stand am Ende des Prozesses aber fest, der Täter habe die Frau nicht vergewaltigen, sondern ihr Handy rauben wollen. Melanie R. habe sich heftig gewehrt und laut um Hilfe geschrien, dabei sei es zu einem Gerangel gekommen, in dessen Verlauf A. die 30-Jährige so lange würgte, bis der Tod eintrat.

Er wollte ihr Handy

Tatort war eine Grünfläche in Pankow, zwischen S-Bahngleisen und einer Kleingartenanlage gelegen. Hier hielt sich die Social-Media-Beraterin häufig auf, um zu entspannen, zu lesen und sich zu sonnen, auch am Nachmittag des 25. Mai 2018. Dort entdeckte sie der auf einem Fahrrad vorbeifahrende A. und beschloss nach Überzeugung des Gerichts umgehend, der Frau das Handy zu entwenden.

Nach der Tat schleppte der Täter sein Opfer in ein nahe gelegenes Gebüsch, wo die Leiche zwei Tage später von einem Flaschensammler entdeckt wurde. Aufgrund des im Mai vergangenen Jahres besonders warmen Wetters hatte die Verwesung bereits eingesetzt. Trotzdem konnten Rechtsmediziner an der Leiche DNA-Material sichern, das den Verdacht auf Stoyan A. lenkte, der bereits wegen anderer Delikte polizeilich erfasst war.

Melanie R. war erfolgreich und engagiert

Das Zusammentreffen von Täter und Opfer war ein Treffen zweier Menschen aus gänzlich unterschiedlichen Welten. In ihrer Urteilsbegründung beschrieb die Vorsitzende der 21. Schwurgerichtskammer die aus Baden-Württemberg stammende Melanie R. am Donnerstag als selbstbewusste, beruflich erfolgreiche Frau. Sie sei kirchlich und sozial engagieret gewesen, in ihrer Kirchengemeinde habe sie sich mit anderen vor allem um Obdachlose gekümmert.

Zu dieser Klientel gehörte auch Stoyan A. Geboren und aufgewachsen als Mitglied einer kurdischen Minderheit in Bulgarien, lebte der Mann bis heute permanent in ärmlichen Verhältnissen. Er ist kaum zur Schule gegangen, hat keinen Beruf erlernt, ein Gutachter bescheinigte ihm deutlich unterdurchschnittliche Intelligenz.

Ihr Mörder setzte sich nach Spanien ab

Einige Monate vor der Tat kam A. nach Berlin, lebte auf der Straße und verbrachte die Nächte überwiegend in einem provisorisch hergerichteten Lager im Humboldthain. Etwas Geld verdiente er sich durch Flaschensammeln und gelegentliche Prostitution im Homosexuellen-Milieu. Gelegenheitsjobs, die er annahm, wurden zumeist schlecht, mitunter gar nicht bezahlt.

Nach dem Mord an Melanie R. wurde A. nur wenige Tage später zweimal von der Polizei festgenommen, nach einem Raubversuch und nach einem Ladendiebstahl. Beide Male ließen die Beamten ihn wieder laufen, nichtahnend, wen sie da vor sich hatten. Erst Wochen später geriet er aufgrund der DNA-Beweise unter Mordverdacht. Da hatte A. sich bereits nach Spanien abgesetzt, wo er im Sommer 2018 festgenommen und kurz darauf ausgeliefert wurde.

Er sagt, er habe sein Opfer nicht töten wollen

In der Verhandlung hat A. mehrfach beteuert, er habe sein Opfer nicht töten wollen. Bei dem Gerangel um das Handy sei die Frau unglücklich gestürzt. Sein Verteidiger hatte in seinem Plädoyer eine Verurteilung wegen Körperverletzung mit Todesfolge beantragt. Das Gericht allerdings folgte dem Antrag der Staatsanwaltschaft und verurteilte A. wegen Mordes und versuchten Raubes.

In dem Prozess hatten sich der Vater und der Bruder des Opfers als Nebenkläger von zwei Anwälten vertreten lassen. Zur Urteilsverkündung am Donnerstag waren sie selbst aus Baden-Württemberg angereist. Ihre Blicke auf den Mörder wurden nicht erwidert. Stoyan A. saß tief gebeugt auf seinem Platz und verschwand fast völlig hinter der Umrahmung der Anklagebank.