Nach Air-Berlin-Pleite

Berliner Fluglinie Germania hat finanzielle Probleme

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Eine Maschine der Airline Germania. Die Fluggesellschaft steckt in der Krise (Archivbild).

Eine Maschine der Airline Germania. Die Fluggesellschaft steckt in der Krise (Archivbild).

Foto: pa

Germania war nach der Pleite von Air Berlin stark gewachsen. Dabei hat sich das Unternehmen nun offenbar übernommen.

Berlin.  Erneut steckt eine Fluggesellschaft aus Berlin in Schwierigkeiten: Die Airline Germania räumte am Dienstagabend finanzielle Engpässe ein.

„Insbesondere unvorhersehbare Ereignisse wie massive Kerosinpreissteigerungen über den Sommer des vergangenen Jahres bei gleichzeitiger Abwertung des Euros gegenüber dem US-Dollar, erhebliche Verzögerungen bei der Einflottung von Fluggerät sowie eine außergewöhnlich hohe Anzahl technischer Serviceleistungen an unserer Flotte waren für unser Unternehmen große Belastungen“, hieß es in einer Mitteilung. Germania prüfe derzeit mehrere Finanzierungsoptionen, um den kurzfristigen Liquiditätsbedarf zu sichern, so die Airline weiter.

Germania war nach der Pleite von Air Berlin stark gewachsen. Dabei hat sich das Unternehmen nun aber offenbar übernommen. Jetzt gehe es um die „zentrale Frage, wie wir als mittelständisches Unternehmen auch weiterhin in einem Marktumfeld schlagkräftig bleiben, das von Fluggesellschaften mit konzernähnlichen Strukturen geprägt ist“, so die Airline am Dienstagabend. Beim Flugbetrieb soll es aber keine Einschränkungen geben. Alle Germania-Flüge fänden planmäßig statt, wurde betont. Dem Luftfahrt-Portal "Aerotelegraph" zufolge ist auch ein Verkauf der Gesellschaft denkbar. Die Suche nach neuen Aktionären sei aber bisher erfolglos geblieben. Dem Bericht zufolge brauchte Germania bereits kurz vor dem Jahreswechsel 20 Millionen Euro, um weiterfliegen zu können. Eine Germania-Sprecherin wollte diese Informationen am Mittwochmorgen nicht kommentieren.

Angebote zielen auf in Deutschland lebende Migranten

Germania zählt zu den kleineren deutschen Fluggesellschaften. Mit 38 Flugzeugen steuert die Airline vor allem beliebte Ferienziele an. Zudem setzt es mit seinen Angeboten auf in Deutschland lebende Migranten, die einen Besuch in der Heimat planen. Derzeit arbeiten gut 1150 Mitarbeiter für die Fluglinie.

Der weltgrößte Reisekonzern Tui ist nach eigenen Angaben punktuell mit Germania im Geschäft. So habe der Veranstalter für die kommenden Tage eine geringe Zahl von Germania-Flügen von Leipzig/Halle aus gechartert, teilte Tui mit. Ab 19. Januar werde hier aber ein neuer Partner übernehmen. Zudem habe Tui vereinzelt Tickets für Flüge von kleineren Flughäfen bei Germania eingekauft. Änderungen seien nicht geplant.

Künftig will Germania mit einer reinen Airbus-Flotte unterwegs sein

Germania gehört über eine zwischengeschaltete Beteiligungsgesellschaft komplett ihrem Chef Karsten Balke. Dieser startete Mitte 2016 eine Investitionsoffensive. So orderte Germania auf der Farnborough Airshow bei London 25 Airbus-Mittelstreckenjets der A320neo-Modellfamilie und sicherte sich Optionen auf 15 weitere Flugzeuge der Reihe. Die Auslieferungen sollen nach bisherigen Angaben im Jahr 2020 beginnen. Künftig will Germania mit einer reinen Airbus-Flotte unterwegs sein.

Den Problemen von Germania gingen in Europa zuletzt eine ganze Reihe von Airline-Pleiten voraus. Nach den Insolvenzen von Air Berlin und der britischen Fluglinie Monarch 2017 waren im vergangenen Jahr gleich mehrere kleinere Gesellschaften wie Skyworks (Schweiz), VLM (Belgien), Small Planet und Azur Air (Deutschland), Cobalt (Zypern) und die skandinavische Primera Air kollabiert.

Als potenzielle Investoren für Germania kommen große europäische Luftfahrtkonzerne wie Lufthansa, Ryanair, Easyjet oder IAG in Frage. Eine Easyjet-Sprecherin sagte, man wolle die Spekulationen um Germania zum jetzigen Zeitpunkt nicht kommentieren. Die Intro-Gruppe des Nürnberger Unternehmers Hans Rudolf Wöhrl, die 2017 Interesse an Air Berlin hatte, teilte auf Anfrage mit, man könne zu der Angelegenheit „keine Auskunft geben“.

FDP fordert Berliner Senat zur Unterstützung auf

In Berlin forderte die FDP-Fraktion den Senat auf, Germania in der Hauptstadt zu halten. Die Fehler von 2017, als Air Berlin von Regierungschef Michael Müller (SPD) vorschnell der Lufthansa angedient worden sei, dürften nicht wiederholt werden.

Neben gestiegenen Treibstoffkosten machte vielen Airlines 2018 das Flugchaos in Europa zu schaffen. Eine große Zahl von Verspätungen und Flugausfällen zogen Entschädigungen und Ersatzleistungen für die Passagiere nach sich. Der Weltluftfahrtverband IATA schätzt, dass Fluglinien für Entschädigungen europaweit rund zwei Milliarden US-Dollar (knapp 1,8 Mrd Euro) zahlen mussten. Zu den Ursachen zählten Streiks von Fluglotsen in Frankreich, Engpässe an deutschen Flughäfen und die Neusortierung der Luftfahrt-Branche nach der Air-Berlin-Pleite.

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( mit dpa )