Berlin . Was tun, wenn man plötzlich vor einem Wildschwein steht. Wildtierexperte Derk Ehlert gibt Tipps.

Plötzlich steht das Wildschwein da auf der Straße am Waldesrand. Ein Schreckmoment für jeden Autofahrer. Jetzt laut zu hupen und das Tier anzustrahlen, wäre falsch. Weil das Tier dann so erschrecken kann, dass es geradewegs in den Lichtkegel hineinrennt, statt die Straße zu verlassen, erklärt Berlins Wildtierbeauftragter Derk Ehlert. Am wichtigsten sei es „angepasst“ zu fahren, also nicht zu schnell, insbesondere in der Dämmerung, wenn die Tiere besonders aktiv sind. Wer stark bremsen muss, sollte andere Autofahrer durch die Warnblinkanlage auf die Gefahr hinweisen. Wenn es geht, dann vorsichtig am Tier vorbeifahren.

Berlins Wildtierbeauftragter Derk Ehlert.
Berlins Wildtierbeauftragter Derk Ehlert. © dpa | dpa

Kommt es doch zu einem Wildunfall, muss die Polizei gerufen werden. Dafür ist wichtig, sich genau die Unfallstelle zu merken, wenn man das Auto erst ein Stück weiter parken kann. Das verletzte Tier wird versuchen, sich wieder in den Wald schleppen, weiß Ehlert. Die Schmerzen, warnt der Wildtierbeauftragte, könne das Tier unberechenbar machen, daher müsse der herbeigerufene Förster möglichst genau wissen, an welcher Stelle das Tier in den Wald gelaufen ist, damit er es auch findet. Die Polizei markiert die Stelle mit Flatterband. Den Förster oder Jäger ruft nicht der Autofahrer, sondern die Polizei.

Fußgänger, die in der Dunkelheit im Wald oder am Waldesrand unterwegs sind, sollten laut sprechen, auch wenn sie allein sind, damit das Tier sie rechtzeitig bemerkt und sich nicht erschreckt. Kommt es zu einer Begegnung zwischen Wildschwein und Mensch, unbedingt Abstand halten. Eine genaue Meterangabe nennt Derk Ehlert dabei nicht, aber der Abstand sollte so groß sein, dass das Tier sich nicht bedrängt fühlt und flüchten kann. Dabei gilt: In der freien Natur braucht das Tier mehr Abstand als in besiedeltem Gebiet. Meist genügt es, einfach stehenzubleiben und das Tier oder die Rotte an einem vorbeilaufen zu lassen. Man sollte nicht zwischen die Tiere einer Rotte geraten.

Wer einen Hund dabei hat, sollte ihn an der Leine führen, dazu sind Hundehalter ohnehin verpflichtet. Im Hundeauslaufgebiet darf der Hund zwar frei laufen, aber dann muss er so erzogen sein, dass er hört, wenn Frauchen oder Herrchen ihn im Falle einer Wildschweinbegegnung rufen. Tut er das nicht, sollte er besser an die Leine. Geraten Hund und Schwein aneinander, sollte der Mensch keinesfalls dazwischengehen, weil das Wildschwein dann keinen Unterschied zwischen Mensch und Tier macht und auch den Menschen angreifen kann.

Eigentlich mache es so etwas nicht, versichert Ehlert. Versichern kann man seinen Vierbeiner gegen einen Wildschweinangriff normalerweise nicht. Nur unter bestimmten Umständen kann dafür die Haftpflichtversicherung des Jagdpächters aufkommen; aber auch nur dann, wenn man mit dem Hund in einem Gebiet unterwegs ist, in dem gejagt werden darf, heißt es beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft. „In der Stadt fällt so ein Angriff unter höhere Gewalt“, so ein Sprecher.

Schwierig ist es auch, sich gegen mögliche Wildschschweinschäden im Garten abzusichern. Entsprechende Versicherungen gibt es zwar, Voraussetzungen ist aber auf jeden Fall, dass der Garten durch einen stabilen Zaun gesichert ist und dass alle Zugänge geschlossen sind. Derk Ehlert empfiehlt einen Zaun von mindestens 90 Zentimetern Höhe. Bekannt sind zwar auch Fälle, in denen Wildschweine schon über höhere Zäune gesprungen sind, „aber eigentlich springen sie nicht gern“, sagt Ehlert.

Wichtig sei, dass der Zaun stabil ist und sich nicht umbiegen lässt. Ein klassischer Jägerzaun oder ein Staketenzaun seien besonders geeignet. Nur wer einen biegsamen Maschendrahtzaun nutzt, sollte ihn in den Boden einlassen, damit das Wildschwein ihn nicht umbiegen und sich unter ihm durchdrücken kann. Haftbar kann man niemanden dafür machen, wenn Wildschweine den Garten durchwühlen. „Wildschweine sind herrenlose Tiere“, erklärt Ehlert, das heißt, es gibt niemanden, das zur Verantwortung gezogen werden kann. Trifft man im Garten persönlich auf ein Wildschwein, sollte man ihm unbedingt eine Fluchtmöglichkeit geben, damit es nicht in Panik gerät. Und ganz wichtig: Nicht füttern – sonst kommt es bald wieder zu Besuch.

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