Berlin. Bis Ende der Legislaturperiode will Innensenator Andreas Geisel, dass in den Dienststellen wieder rund 18.000 Vollzugsbeamte arbeiten.
Es waren die Zeiten, von denen altgediente Ordnungshüter heute noch schwärmen: Nach der Wende arbeiteten bei der Berliner Polizei rund 20.000 Vollzugsbeamte. Dann geriet die Stadt in die Schuldenkrise – und der damalige Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit und Finanzsenator Thilo Sarrazin (beide SPD) setzten den Rotstift an. Zur Jahrtausendwende war die Polizei auf rund 18.000 Vollzugsbeamte geschrumpft. Im Jahr 2008 zählte die Behörde nur noch 16.000 Uniformierte. Die Hauptstadtpolizei war zu einer Rumpftruppe geworden.
Bis 2021 sollen es wieder 18.000 Vollzugsbeamte sein
Seit 2016 steigt die Zahl der Polizisten wieder. Ende dieses Jahres wird es wieder rund 17.000 Vollzugsbeamte geben. Das Ziel von Innensenator Andreas Geisel (SPD): Bis zum Ende der Legislaturperiode im Jahr 2021 sollen in den Dienststellen wieder rund 18.000 Vollzugsbeamte arbeiten. 1000 zusätzliche Beamte in drei Jahren: Das ist ambitioniert. Eine Auswertung von Zahlen der Innenverwaltung ergab, dass Geisels Plan knapp kalkuliert ist – und der Erfolg von einer Kennziffer abhängt, die schwer kalkulierbar ist.
Die Probleme, an deren Bewältigung Geisel sich wird messen lassen müssen, hat er von seinen Vorgängern geerbt. Denn im Zuge der Sparjahre gab es kaum Neueinstellungen. Die Ausbildung wurde eingedampft. Die Folge: Über Jahre fehlte der Nachwuchs. Die Behörde ist überaltert.
Zumindest was die Abgänge angeht, geht es so weiter: Im kommenden Jahr verabschieden sich 600 Vollzugsbeamte in den Ruhestand. 2020 und 2021 sind es voraussichtlich sogar 660 Beamte pro Jahr. Die Polizei steht vor einer Pensionierungswelle.
Kapazitäten für die Ausbildung sind begrenzt
Allein diesen Aderlass auszugleichen, ist eine Herausforderung. Darüber hinaus zusätzliche Mitarbeiter einzustellen, ist ein echter Kraftakt. Gut 1200 Beamte sollen Geisels Plänen zufolge jedes Jahr dafür ausgebildet werden. Mehr geht nicht. Denn die Kapazitäten sind begrenzt. Das gilt für die Polizeiakademie in Ruhleben, wo Anwärter für den mittleren Dienst vorbereitet werden. Es gilt auch für die Hochschule für Wirtschaft und Recht (HWR), an der Studenten für den gehobenen Dienst qualifiziert werden.
Würden alle Auszubildenden übernommen, müssten Geisel und die Polizei sich keine Sorgen machen. Doch nicht alle bestehen die Prüfungen. Andere stellen fest, in der Polizeiarbeit doch nicht ihre Lebenserfüllung zu finden. Wieder andere wechseln nach der Ausbildung zu Behörden in anderen Bundesländern oder freuen sich auf die höhere Bezahlung beim Bund.
Entscheidend ist letztlich also die Quote derjenigen, die von der Polizeiakademie oder der HWR tatsächlich in den Polizeidienst wechseln. In den vergangenen Jahren lag sie Berechnungen der Morgenpost zufolge bei durchschnittlich rund 80 Prozent.
Wie es in den kommenden Jahren wird, weiß niemand. Klar ist aber: Verharrt die Erfolgsquote bei 80 Prozent, wird die Polizei von den 1200 Auszubildenden pro Jahr knapp 1000 dauerhaft übernehmen können. Bis zum Jahr 2021 sind das 3000 Beamte. Immerhin. Im selben Zeitraum muss die Polizei aber auch knapp 2000 Abgänge kompensieren. 3000 Einstellungen minus 2000 Abgänge: Unterm Strich ergibt das einen Zuwachs von 1000 Beamten. Sein Ziel, wieder die Marke von 18.000 Vollzugsbeamten zu erreichen, würde Geisel bis 2021 somit erreichen.
Der Haken: Die Polizeiakademie und die HWR müssen liefern. Sonst ist das Ziel des Personalaufwuchses nicht zu halten. Offen ist auch, ob die Ausbildungsstätten ausreichend fähige Bewerber finden. Die Nachfrage nach Arbeitskräften steigt – und andere zahlen besser als die Hauptstadtpolizei.
Die Innenverwaltung gibt sich dennoch optimistisch
Die Ausbildungskapazität reiche, „um einen Aufwuchs des Personalkörpers im Polizeivollzugsdienst zu generieren“, heißt es in der noch unveröffentlichten Antwort der Innenverwaltung auf eine Anfrage des Abgeordneten Marcel Luthe (FDP). Bis 2025 würden im Vollzug sogar rund 19.000 Beamte arbeiten.
Luthe zweifelt diese Schätzungen an. Außerordentliche Abgänge und Ausfälle, etwa durch Dienstunfähigkeit oder gesundheitsbedingte Einschränkungen, seien nicht ausreichend berücksichtigt worden. Gleichzeitig habe die Innenverwaltung die Zahl der Zugänge deutlich zu rosig betrachtet. „Im Ergebnis fürchte ich, dass wir sowohl 2021 als auch 2025 nicht mehr, sondern eher weniger und unerfahrene Polizisten im Dienst haben werden.“
Skeptisch ist auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP). Die Berechnungen der Innenverwaltung seien „utopisch“. Wie viele Polizeianwärter die Ausbildung oder das Studium wirklich beendeten, könne niemand wissen. Berlins GdP-Vorsitzender Norbert Cioma: „Ob wir in zwei, drei Jahren personell wachsen, ist aktuell reine Glaskugelleserei.“
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