90 Jahre BVG

"Mit uns werden die Berliner Teil der Verkehrswende"

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Thomas Fülling
Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)

Sigrid Nikutta, Vorstandsvorsitzende der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG)

Foto: Jörg Carstensen / picture alliance/dpa

BVG-Chefin Sigrid Nikutta über Vergangenheit, Gegenwart undZukunft von Deutschlands größtem Nahverkehrsunternehmen.

Vor 90 Jahren ist auf Initiative des damaligen Berliner Stadtrats für Verkehr und Versorgungsbetriebe, Ernst Reuter (SPD), die Berliner Verkehrs-Aktiengesellschaft (BVG) gegründet worden. Die drei großen Verkehrsanbieter der Stadt wurden zu einem Unternehmen zusammengeführt. Am 1. Januar 1929 nahm die BVG ihren Betrieb auf. Über das Jubiläum sprach die Berliner Morgenpost mit der Vorstandsvorsitzenden der BVG, Sigrid Nikutta (49).

Frau Nikutta, der Berliner Nahverkehr unter einem Dach, was ist an dieser Idee so besonders?

Sigrid Nikutta: Ernst Reuters visionäre Idee lautete: Verkehr für alle und aus einer Hand. Das Besondere ist heute für uns das Alltägliche. In unserer Stadt sind alle Verkehre miteinander verbunden und werden so nach den Bedürfnissen der Stadt geplant. Die Vision Reuters ist dank der BVG Wirklichkeit. Mit rund 15.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, mit unseren zehn U-Bahnlinien, 22 Straßenbahn- und mehr als 150 Buslinien sowie sechs Fährverbindungen sind wir Deutschlands mit Abstand größtes Nahverkehrsunternehmen und bringen jährlich mehr als eine Milliarde Fahrgäste sicher und zuverlässig an ihr Ziel.

Nach 90 Jahren gibt es bei der BVG aber auch so manche Alterserscheinung. Wo zwickt und zwackt es am meisten?

In einer wachsenden Metropole wie Berlin ist natürlich jeder Tag eine Herausforderung. Unsere Busse müssen sich alltäglich durch den Großstadtverkehr kämpfen. Zugeparkte Busspuren gehören leider immer noch zum Alltag. Und dann haben wir ja bekanntermaßen einen ziemlich in die Jahre gekommenen Fuhrpark bei der U-Bahn, eine große Herausforderung für unsere Werkstätten. Doch immer mehr neue Wagen kommen oder sind schon im Einsatz – Besserung ist also in Sicht. Auch unsere In­frastruktur machen wir fit für die Zukunft, modernisieren Bahnhöfe und setzen das U-Bahnnetz instand. Und da Aufzüge vor 90 Jahren noch kein Thema waren, arbeiten wir auch im neuen Jahr weiter an unserem Aufzugsprogramm und hoffen bald für alle unsere Nutzer 100 Prozent barrierefrei zu sein. Diese Investitionen in die Zukunft bedeuten für unsere Fahrgäste aber auch zeitweilige Unbequemlichkeiten: Stichwort Bauarbeiten.

Worauf können sich die Berliner im Jubiläumsjahr der BVG freuen?

Mit uns werden die Berlinerinnen und Berliner Teil der Verkehrswende. Sie können sich neben den neuen U-Bahnen auch auf neue moderne Straßenbahnen und Busse freuen. Und zum ersten Mal auch in größerem Stil auf E-Busse. Ab 2019 werden wir jedes Jahr 30 E-Busse bekommen, die dann gänzlich ohne lokale Emissionen auskommen. Außerdem werden wir die Verknüpfung des klassischen Nahverkehrs aus Bahnen und Bussen mit neuen Mobilitätsangeboten ein gutes Stück voranbringen. Sowohl analog mit unseren Mobihubs, von denen 2019 die ersten entstehen werden und an denen unsere Fahrgäste bequem auf Leihräder, Carsharing oder E-Roller umsteigen können, als auch digital mit unserer Mobilitätsplattform. Über diese App werden wir in Zukunft verschiedene Mobilitätsangebote vergleichen, reservieren und buchen können. Da wären wir also wieder bei Ernst Reuters Vision einer Mobilität aus einer Hand – und dieses Mal wortwörtlich dank Smartphone. Zu unserem 90. Geburtstag haben wir uns zudem noch etwas Besonderes vorgenommen. Wir schenken Berlin 90 Straßenbäume für noch mehr Lebensqualität in unserer Stadt. Diese Bäume, auf alle Bezirke verteilt, sind unser Dankeschön an all unsere Fahrgäste und symbolisieren die tiefe Verwurzelung der BVG mit unserem Berlin.

In zehn Jahren wird die BVG 100. Wird es sie dann noch geben – oder fliegen wir dann alle mit dem Flugtaxi?

Ob wir in zehn Jahren schon durch unsere Städte fliegen? Da bin ich mir nicht so sicher. Aber wenn wir es eines Tages machen, dann in Gelb und selbstverständlich mit den drei Buchstaben B, V und G.

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