Berlin. Zwei Jahre nach dem Terroranschlag auf dem Weihnachtsmarkt fand dort ein stilles Gedenken statt. Die Kirchenglocke schlug zwölf Mal.

Zwei Jahre nach dem islamistischen Terroranschlag auf den Berliner Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz ist mit einem stillen Gedenken an die Opfer und Hinterbliebenen erinnert worden. An der Gedächtniskirche versammelten sich am Mittwoch rund 100 Menschen. Sie verharrten in einer Schweigeminute. Auf den Stufen des Mahnmals wurden Rosen niedergelegt, davor mehr als ein Dutzend Kränze. Darunter waren auch Gebinde der Botschaften von Israel, Polen und Italien.

Neben Angehörigen der Opfer waren Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller (SPD), der Präsident des Abgeordnetenhauses, Ralf Wieland (SPD), mehrere Senatoren, Polizeipräsidentin Barbara Slowik sowie der Opferbeauftragte der Bundesregierung, Edgar Franke, gekommen.

Am 19. Dezember 2016 hatte der islamistische Attentäter Anis Amri einen Lastwagen gekapert, war mit dem Fahrzeug in den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz gefahren und hatte dabei insgesamt zwölf Menschen getötet und mehr als 70 verletzt, viele von ihnen schwer.

Eine Frau stellt am Breitscheidplatz am Mahnmal vor einer israelischen Fahne ein Kerzenlicht ab.
Eine Frau stellt am Breitscheidplatz am Mahnmal vor einer israelischen Fahne ein Kerzenlicht ab. © dpa

Pfarrer verliest die Namen der zwölf Getöteten

In einer kurzen Ansprache wandte sich der Pfarrer der Gedächtniskirche, Martin Germer, an die Angehörigen der Opfer. Einige seien erstmals nach Berlin gekommen und hätten dafür eine lange Reise auf sich genommen. „Tag für Tag halten viele Menschen an dieser Stelle inne (...). Sie bringen damit ihre Anteilnahme zum Ausdruck. Mit ihnen verneigen wir uns zum Gedenken“, sagte Germer. In die Stille hinein verlas der Pfarrer die Namen der Getöteten. Erinnert wurde auch an diejenigen, die schwer verletzt wurden und nun mit bleibenden gesundheitlichen Schäden leben müssten.

Das Mahnmal – ein knapp 17 Meter langer, goldener Riss im Boden – war vor einem Jahr der Öffentlichkeit übergeben worden. Zum ersten Jahrestag 2017 hatte es einen Empfang im Kanzleramt für Opfer und Hinterbliebene gegeben. Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Kanzlerin Angela Merkel (CDU) räumten Versäumnisse des Staates bei der Betreuung und Unterstützung der Angehörigen und Überlebenden ein.

Der Opferbeauftragte Franke sagte am Mittwoch im SWR, der Staat habe aus den damaligen Versäumnissen gelernt. Psychologische und finanzielle Hilfen seien verbessert worden. Die Entschädigungen seien aber noch nicht abgeschlossen. Es gebe noch einen hohen Gesprächsbedarf bei Betroffenen.

Der Regierende Bürgermeister Müller hatte am Montag erklärt: „Noch immer ist die Wunde nicht verheilt, die dieser feige Anschlag gerissen hat.“ Auch nach dem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Straßburg seien sich beide Städte einig, an ihrer toleranten und weltoffenen Lebensweise festzuhalten.

Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) teilte mit, die Ereignisse in Straßburg hätten auf schmerzliche Weise gezeigt, „dass wir nicht darin nachlassen dürfen, uns gegen solchen menschenverachtenden Terrorismus zur Wehr zu setzen“. Die deutschen Sicherheitsbehörden würden dies weiter konsequent tun.

Martin Germern, Pfarrer an der Gedächtniskirche, spricht vor dem Mahnmal.
Martin Germern, Pfarrer an der Gedächtniskirche, spricht vor dem Mahnmal. © dpa

Der CSU-Vorsitzende drückte sein Mitgefühl für die Opfer und Hinterbliebenen aus und erklärte: „Der fürchterliche Anschlag auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz hat uns vor zwei Jahren alle tief erschüttert. Auch ich persönlich denke immer wieder an diesen traurigen Tag zurück.“

Der CDU-Fraktionsvorsitzende im Abgeordnetenhaus, Burkard Dregger, betonte in einer Mitteilung, den Betroffenen des Anschlags müsse nicht nur in Sonntagsreden beigestanden werden, sondern auch durch bessere Kommunikation und unbürokratische Hilfen.

Der zweite Jahrestag des Terroranschlags hat auch die Mitglieder des Bundeskabinetts bewegt. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und die Regierungsmitglieder hätten der Opfer gedacht und seien in Gedanken bei den Hinterbliebenen, erklärte Regierungssprecher Steffen Seibert in Berlin. „Man steht noch immer fassungslos vor der Monstrosität dieser Tat“, ergänzte Seibert und versicherte: „Terroropfer besser zu unterstützen ist ein zentrales Anliegen der Bundesregierung.“

Debatte über Versäumnisse der Behörden

Der Terroranschlag auf den Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche hatte eine heftige Debatte über Versäumnisse der Sicherheitsbehörden und die Lehren, die aus der Tat gezogen werden müssen, ausgelöst. Ein Sprecher des Innenministeriums räumte ein, der Lernprozess sei noch nicht abgeschlossen.

Am Abend gab es noch eine kurze Andacht in der Kirche. Um 20.02 Uhr – dem Zeitpunkt des Anschlags – wurde eine Glocke der Gedächtniskirche zur Erinnerung an die Todesopfer zwölf Mal geschlagen.

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