Verkehrsbehörde

Senatorin Günther muss sich Parlaments-Abstimmung stellen

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Joachim Fahrun
Steht am Donnerstag im Parlament im Fokus: Verkehrssenatorin Regine Günther.

Steht am Donnerstag im Parlament im Fokus: Verkehrssenatorin Regine Günther.

Foto: dpa Picture-Alliance / Britta Pedersen / picture alliance / Britta Peders

Am Donnerstag stimmt das Abgeordnetenhaus über Missbilligung ab. Neue Vorwürfe: Umweltverwaltung leistet sich teuren Spaziergänger.

Berlin. So mancher Abgeordnete von SPD, Linken und Grünen wird sich wünschen, lieber nicht im Saal zu sein, wenn am Donnerstag im Plenum des Abgeordnetenhauses der Missbilligungsantrag der CDU gegen Verkehrssenatorin Regine Günther aufgerufen wird. Der Umgang der parteilosen Politikerin mit dem allseits als Verkehrsfachmann geschätzten Ex-Staatssekretär Jens-Holger Kirchner hat auch viele in der Koalition verärgert. „Menschlich empörend“, nennt ein SPD-Abgeordneter den Rauswurf des an Krebs erkrankten Grünen.

Seine Partei war nicht in der Lage gewesen, eine einvernehmliche Lösung zu finden. Erst als der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD) anbot, Kirchner mit einer Sonderaufgabe in seiner Senatskanzlei zu betrauen, wenn er wieder arbeitsfähig ist, machte dies einen einigermaßen friedlichen Ausgang möglich.

„Wenn wir nicht mitstimmen, wäre die Koalition gefährdet“

Trotz des verbreiteten Ärgers gehen in der Koalition aber alle davon aus, dass eine Mehrheit des Parlaments eine offizielle Missbilligung Günthers ablehnen wird. Selbst wenn einige Volksvertreter es vorziehen sollten, während der Abstimmung wichtige Gespräche führen oder die Toilette aufsuchen zu müssen, dürfte der Vorsprung von Rot-Rot-Grün nicht auf null schrumpfen. Dazu sind die Kräfteverhältnisse zu eindeutig. 92 Vertretern von SPD, Linken und Grünen stehen 65 Mandatsträger der Oppositionsfraktionen von CDU, AfD und FDP gegenüber, dazu kommen drei Fraktionslose.

Man werde dem durchsichtigen Versuch der CDU nicht folgen, hieß es vonseiten der Linken, die sich gegenüber der Causa Kirchner besonders kritisch gezeigt hatten. Und auch bei den Grünen dürfte es den Günther-Gegnern schwerfallen, ihre Meinung offen auszudrücken. „Wenn wir nicht mitstimmen, wäre die Koalition gefährdet“, erklärte am Mittwoch ein führender Sozialdemokrat. Die anderen Parteien wollten schließlich auch nicht, dass ihnen die Grünen in ihre Personalentscheidungen hineinredeten oder gar ihre Senatoren missbilligten.

Koalitionspartner wollen Günther nicht verteidigen

Ein Szenario kursierte aber am Mittwoch im Abgeordnetenhaus. Weil die CDU es vorzog, in der Tagesordnung andere Punkte als Prioritäten anzumelden und so am frühen Nachmittag zu diskutieren, rutschte der Günther-Antrag im Zeitplan ganz nach hinten. Es könnte also sein, dass er am Ende dem Zeitablauf zum Opfer fallen könnte. Dagegen wollen aber die Koalitionsfraktionen selbst vorgehen. Sie wollen über den Antrag auf jeden Fall abstimmen und die Missbilligung abschmettern, schon um das Thema vor Weihnachten vom Tisch zu haben.

Ob aber Redner der Koalitionsfraktionen gegen die CDU-Ankläger ans Pult treten werden, ist ungewiss. Es wäre die geringstmögliche Form der Solidarität mit Günther und den Grünen, zwar die Hand gegen den Antrag zu heben, aber nichts zur Verteidigung der Senatorin zu sagen. Linke-Fraktionschefin Carola Bluhm hatte schon in den vergangenen Tagen jede Stellungnahme zu Günther und Kirchner abgelehnt: „Die Vorsitzende will das nicht kommentieren“, ließ ein Sprecher ausrichten.

Lothar Stock wird bezahlt, aber nicht beschäftigt

Für Verwunderung in der Koalition sorgt auch eine weitere Personalie aus dem Hause Günther. Denn ein leitender Mitarbeiter geht seit November 2017 bei vollen Bezügen spazieren. Lothar Stock war schon unter dem rot-schwarzen Vorgängersenat zum Leiter des Sonderreferats Klimaschutz berufen worden. Damals musste dieser Verwaltungsbereich komplett neu aufgebaut werden. Als mit dem Start von Rot-Rot-Grün 2016 Günthers Verkehrs- und Umweltressort aus der Stadtentwicklungsverwaltung herausgelöst wurde, wechselten Stock und seine Mitarbeiter ins Haus Günther. Sie hatte aber keine Verwendung für den Klimaschutzexperten.

Als sie dessen Sonderreferat der Abteilung Naturschutz und Stadtgrün zerschlug, verlor Stock seinen Posten. Der Angestellte klagte auf amtsangemessene Beschäftigung, also eine Führungsposition. Im Rahmen des Verfahrens kam es zu einem Vergleich. Stock, gerade 63 Jahre alt geworden, wird bis zum Renteneintritt in zwei Jahren voll bezahlt, aber nicht mehr beschäftigt. Seitdem vermarktet er sein Wissen als Berater und sagt: „Ich hätte mein Erfahrungswissen gerne in der Verwaltung eingebracht“, sagte er dieser Zeitung.

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