Äpfel soll man nicht mit Birnen vergleichen. Das weiß im Prinzip jedes Kind. Boris Palmer, seines Zeichens grüner Oberbürgermeister von Tübingen, tut es aber trotzdem. Denn im Gespräch mit der Berliner Morgenpost ging er mit der Bundeshauptstadt hart ins Gericht und behauptete, dass hier nichts klappe: „Wenn ich dort ankomme, denke ich immer: Vorsicht, Sie verlassen den funktionierenden Teil Deutschlands.“ Funktioniert in dem knapp 90.000-Einwohnerstädtchen Tübingen tatsächlich alles besser als in Berlin? Der Versuch eines Vergleichs.
Fernverkehr In Berlin gibt es fünf Fernbahnhöfe: Hauptbahnhof, Gesundbrunnen, Spandau, Südkreuz und Ostbahnhof. Die meisten Fahrgäste werden am Berliner Hauptbahnhof abgefertigt – rund 300.000 täglich. Insgesamt reisen jeden Tag circa 757.000 Menschen an den fünf Berliner Fernbahnhöfen ab. Und insgesamt rund 1,7 Millionen Züge halten jedes Jahr an diesen Bahnhöfen. Während Berlin gleich fünf Fernbahnhöfe hat, besitzt Tübingen einen Hauptbahnhof. Hier hält allerdings kein ICE. Und nur einmal am Tag fährt hier ein IC ab, der quer durch die Republik geht – bis nach Berlin. Insgesamt 30.000 Fahrgäste reisen täglich ab oder durch Tübingen. Jedes Jahr halten in der Universitätsstadt rund 69.350 Züge.
Nahverkehr Im Nahverkehr ist Berlin bestens ausgestattet: 15 S-Bahn-Linien fahren fast 170 Bahnhöfe in der Region an. Dazu kommen zehn U-Bahn-Linien mit 173 U-Bahnhöfen. Außerdem fahren noch 154 Bus- und 20 Straßenbahn-Linien durch die Stadt. Mehr als eine Milliarde Menschen werden jedes Jahr von den Berliner Verkehrsbetrieben (BVG) befördert. Klar, dass da die Pünktlichkeit manchmal leidet. Nur die U-Bahnen sind laut BVG überdurchschnittlich pünktlich: 98,9 Prozent der Züge kamen 2017 rechtzeitig an (Soll: 98,7). Die Straßenbahnen kamen in 92 Prozent aller Fälle pünktlich (92,3 Prozent). Bei den Bussen kamen im vergangenen Jahr 87,2 Prozent pünktlich (89,4 Prozent). Am unpünktlichsten waren die S-Bahnen mit 92,3 Prozent (96 Prozent). Unpünktlich sind Fahrten, die 90 Sekunden zu früh und bis zu 210 Sekunden zu spät sind.
In Tübingen gibt es keine S-, U- oder Straßenbahnen. Mit 34 verschiedenen Buslinien werden die Fahrgäste durch die Stadt transportiert. Die Busse kommen zu 95 Prozent pünktlich. Als verspätet gelten Busse, die ab vier Minuten später als im Fahrplan angegeben abfahren.
Wartezeiten auf Ämtern Ein Termin in Berlin im Bürgeramt zu bekommen? Darüber gibt es einige Gruselgeschichten. Bis hin zu mehreren Monaten Wartezeit soll es geben, erzählen sich Neuzugezogene. Und davon gab es allein im vergangenen Jahr rund 38.700. Aber ganz so schlimm ist es derzeit nicht. Das Service-Portal Berlin bietet online für alle Bürgerämter Termine an. Wer also auch außerhalb des eigenen Bezirksbürgeramts einen Termin akzeptiert, kann morgen schon einen haben. Anders sah es hingegen bei der Berliner Kfz-Zulassung aus. Hier mussten im Sommer Autofahrer tatsächlich mehrere Wochen warten, bis sie ihr Fahrzeug um- oder anmelden konnten. Mittlerweile klappt es auf der Internetseite Service-Portal Berlin wieder besser: Nur noch wenige Tage Wartezeit werden dort angezeigt.
Tübingen vergibt Termine für eine Um- oder Anmeldung in der Stadt nicht online. Seitdem Palmer Oberbürgermeister ist, also seit 2007, zogen aber auch nur insgesamt 8000 Menschen neu nach Tübingen. In der schwäbischen Stadt geht man zum Bürgerbüro, zieht eine Nummer und kommt nach einer kurzen Wartezeit dran. Die Kfz-Zulassungsbehörde bietet hingegen Termine im Internet an. Hier sieht es ähnlich aus wie in Berlin: Bereits nach wenigen Tagen Wartezeit sind Termine verfügbar.
Ärzte In der Hauptstadt gibt es laut Kassenärztlicher Vereinigung Berlin 2900 Haus- und Kinderärzte. Insgesamt gibt es 96 Krankenhäuser mit einer Kapazität von insgesamt 22.526 Betten. In Tübingen gibt es 106 Hausarztpraxen. Und 17 verschiedene Häuser der Universitätsklinik mit insgesamt 1577 Betten.
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