Berlin. Zum direkten Aufeinandertreffen der einstigen Kontrahenten kam es nicht. Trotzdem prallten im BER-Untersuchungsausschuss des Abgeordnetenhauses am Freitag zwei Welten aufeinander: die des früheren Technik-Geschäftsführer der Flughafengesellschaft FBB, Horst Amann, und jene des Ex-Flughafenchefs Hartmut Mehdorn. Nacheinander befragten die parlamentarischen Ermittler beide zu ihren Erfahrungen mit der Pannen-Baustelle BER. Das Bild, das sie unabhängig voneinander vom Zustand der Baustelle zwischen 2012 und 2015 zeichneten, war verheerend.
„Nach der verschobenen Eröffnung im Juni 2012 ruhten die Arbeiten weitgehend, weil keiner so recht wusste, was er noch machen sollte“, sagte Amann, der von August 2012 bis November 2013 den Baufortschritt verantwortete. Auch Mehdorn, der ein halbes Jahr später im März 2013 als FBB-Geschäftsführer anfing, sagte: „Gearbeitet hat keiner. Die Baustelle war schmutzig, unordentlich.“ Zudem habe es Probleme mit Diebstählen gegeben: „Morgens wurden Wasserhähne angebracht, abends waren sie schon wieder weg.“
Das Verhältnis zwischen Amann und Mehdorn war zur Zeit ihrer Zusammenarbeit schlecht. Während Amann versuchte, die Mängel und Fehler „minuziös“ aufzuarbeiten, in einer Liste festzuhalten und peu à peu zu beseitigen, verfolgte Mehdorn einen Hauruck-Ansatz. Sein Ziel: Der BER möge so schnell wie möglich eröffnen. „Amann hat ein eigenes Regime führen wollen, das ging nicht“, sagte Mehdorn am Freitag. „Als Mehdorn kam, war für mich kein Platz mehr“, sagte Amann. Schließlich feuerte Mehdorn Amann im November 2013 – zu Unrecht, wie mehrere BER-Ermittler fanden. „Herr Amann war einer der wenigen Ingenieure, die etwas vom Flughafenbau verstanden“, sagte Frank Hansel (AfD). Und auch Jörg Stroedter (SPD) attestierte Mehdorn: „Lieber Herr Mehdorn, während Ihrer anderthalbjährigen Zeit als Chef herrschte Stillstand.“ Der gescholtene reagierte mehrfach empört auf Stroedters Fragen, fuhr ihn einmal lautstark an: „Ich bin nicht ‘lieber Herr Mehdorn’, ich bin überhaupt nicht lieb.“
Abseits dessen wurde deutlich, dass einige der jüngst aufgeworfenen Baumängel schon viel länger ein Thema auf der Baustelle waren. Laut Amann war bereits 2012 bekannt, dass Elektrokabel unterhalb der Südbahn unter Wasser stehen – und nicht erst seit 2016, wie es Flughafen-Chef Engelbert Lütke Daldrup zuletzt betonte. CDU-Obmann Christian Gräff bewertete dies als „Täuschungsmanöver“: „Herr Lütke Daldrup ist dabei, sein Ansehen und Vertrauen zu verspielen.“
Einigkeit herrschte anschließend zwischen Amann und Mehdorn über das Kernproblem, das zur Verzögerung im Bau geführt habe. „Es fehlten die Planer, die das Ganze organisiert hätten“, so Amann. Ironisch bemerkte auch Mehdorn: „Als ich anfing, gab es noch nicht einmal ein Organigramm – weil offenbar jeder wusste, was zu tun ist.“ Amann sagte, dass es deshalb nach der geplatzten Eröffnung 2012 wahrscheinlich besser gewesen wäre, den Flughafen gänzlich zu entkernen und neu zu bauen. „Wir hatten es mit einem Sanierungsfall im Neubau zu tun“, sagte er. „Jeder, der schon einmal eine Baustelle betreten hatte, konnte das sehen: Es hingen Kabel lose herum, Brandschutztüren fehlten, es herrschte Chaos.“