Verkehr

Neuer Service: ICE bekommt Platzanweiser

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Thomas Fülling
Auf stark genutzten ICE-Verbindungen werden Sitzplätze schnell knapp.

Auf stark genutzten ICE-Verbindungen werden Sitzplätze schnell knapp.

Foto: dpa Picture-Alliance / Christin Klose / picture alliance / dpa Themendie

Die Bahn stellt in Berlin neue Serviceangebote und Produktideen vor. Sie sollen rasch Alltag werden.

Berlin. Allen Zugausfällen, Verspätungen und der privaten Bus-Konkurrenz zum Trotz: Die Deutsche Bahn kann auch in diesem Jahr mit einem neuen Fahrgastrekord im Fernverkehr rechnen. Deutlich mehr als 140 Millionen Fahrgäste erwartet das bundeseigene Verkehrsunternehmen bis Jahresende in ihren ICE, Eurocity- und Intercity-Zügen.

Die Schattenseite des umweltpolitisch erfreulichen Trends: Immer öfter müssen Reisende ihre Zeit in überfüllten Zügen zubringen. Es sei nicht zu übersehen, so Bahnchef Richard Lutz am Donnerstag in Berlin, „dass wir in manchen Bereichen und in bestimmten Situationen an der Grenze der Belastung angekommen sind.“ Die Bahn will gegensteuern: Einerseits mit zusätzlichen Zügen. Insgesamt sieben Milliarden Euro werde das Unternehmen dafür in den kommenden Jahren vor allem in den Kauf von ICE-4-Zügen investieren, so Lutz.

Zum anderen mit „neuen Produkten und Serviceangeboten“, die den Bahnkunden das Reisen im Zug angenehmer und komfortabler machen sollen. Einige dieser Ideen wurden am Donnerstag bei dem zum vierten Mal veranstalteten Workshop „Mobilität erleben“ im einstigen Motorwerk in Weißensee Politikern, Fahrgastvertretern und Journalisten vorgestellt.

Anzeige verrät, in welchem Wagen noch Plätze frei sind

Eine dieser Ideen ist so simpel, dass sich viele Veranstaltungsbesucher fragten, warum die Bahn da noch nicht eher drauf gekommen ist: Für Reisende, die ohne Sitzplatzreservierung unterwegs sind, startet die Bahn – zunächst in einer Testphase – den digitalen Service „Anzeige freier Sitzplätze“. Auf großen Monitoren im Einstiegsbereich der ICE-Züge sehen Kunden auf einen Blick, wo freie Sitzplätze zu finden sind. Die Frage „laufe ich nach rechts oder links“ stelle sich dann nicht mehr, heißt es bei der Projektpräsentation.

Konkret zu sehen sind Wagensymbole mit Sitzen in Ampelfarben: Grün bedeutet: Es sind noch ausreichend Plätze frei. Bei Gelb sind noch einige freie Plätze zu erwarten, bei Rot sind die Sitzplätze alle vergeben. Genutzt werden für die Anzeigen die vorherigen Reservierungen durch die Fahrgäste, die anonyme Auswertung der Wlan-Nutzungsdaten im Zug sowie hinterlegte Erfahrungswerte, so ein Projektbetreuer. Allerdings: Noch können die Daten nicht auf die Smartphone-Apps der Bahnkunden oder die Bahnsteiganzeigen übertragen werden. „Gerade eine solche Information vor Einfahrt des Zuges würde mir aber viel besser dabei helfen, dort einzusteigen, wo noch freie Plätze zu finden sind“, sagte ein Vertreter des Deutschen Bahnkunden-Verbandes.

Der "Komfort Check-in" ist schon Realität

Bereits praktiziert wird von der Deutschen Bahn der „Komfort Check-in“. Fahrgäste, die sich etwa im Internet oder über die Bahn-App „DB Navigator“ ein Ticket mit Sitzplatzreservierung gekauft haben, können sich nach dem Platznehmen im Zug digital anmelden („einchecken“). Da der Zugbegleiter der Bahn diese Information auf sein Handy gesandt bekommt, bleibt der Fahrgast von Ticketkontrollen verschont und kann die Reisezeit ungestört zum Schafen, Arbeiten oder Lesen nutzen. Laut Michael Peterson, Marketing-Vorstand der Bahntochter „DB Fernverkehr“, haben in den ersten drei Monaten des Tests bereits mehr als eine Millionen Fahrgäste von diesem Serviceangebot Gebrauch gemacht.

„Fast jeder zweite Fahrgast, der die Möglichkeit dafür hatte, nutzte den Komfort-Check-in. Das ist ein sensationeller Wert für ein neues Produkt“, sagte Peterson. Ab Dezember soll das Angebot auch auf Fahrgäste ausgeweitet werden, die vorab keinen Sitzplatz reserviert haben. Wer allerdings seine Fahrkarte am Schalter oder am Automaten gekauft hat, bleibt bei diesem Service weiter außen vor.

Auch bei der Fahrgastinformation für die Berliner S-Bahn gibt es Neuerungen

Vorgestellt wurde in Weißensee auch die künftige Fahrgastinformation für die Berliner S-Bahn. Auf den Farbdisplays wird nicht nur „in Echtzeit“ angezeigt, wann die nächsten Haltestationen erreicht werden, sondern auch die jeweils möglichen Anschlussverbindungen. Noch wichtiger: Im Störfall können Verspätungen sowie mögliche Umfahrungen angezeigt werden; etwa durch Umsteigen in die U-Bahn oder den Bus an der nächsten Station. Bisher gibt es nur Laufbandanzeigen, die den Reisenden die Liniennummer, die nächsten Stationen und das eigentliche Fahrziel verraten. Über Abweichungen vom Plan muss der Triebfahrzeugführer per Durchsage informieren, was im Alltag häufig misslingt.

Allerdings bleiben die neuen modernen Anzeigen den Zügen der nächsten S-Bahngeneration vorbehalten, die erst ab Januar 2021 in Berlin zum Einsatz kommen. Zwar soll auch ein Großteil der aktuell im Einsatz befindlichen Züge eine Modernisierung des Innenraums erfahren. Doch ein Austausch der Anzeigen sei wegen des großen technischen Aufwands nicht vorgesehen, sagte S-Bahn-Sprecherin Sandra Spieker der Berliner Morgenpost.

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