Berlin. Es sind alarmierende Zahlen, die die Barmer-Ersatzkasse am Dienstag im Rahmen ihres Arzneimittelreports präsentiert hat. Einer aktuellen Umfrage zufolge nehmen demnach rund 22 Prozent der Barmer-Versicherten in Berlin regelmäßig mehr als fünf Arzneimittel ein, im Fachjargon spricht man von sogenannter Polypharmazie. Hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung ergibt sich so die Zahl von rund 774.000 Berlinern, die einem erhöhten Risiko von Neben- und Wechselwirkungen durch die Medikamente ausgesetzt sind.
„Wer mehrere Arzneimittel gleichzeitig einnimmt und bei mehreren Ärzten in Behandlung ist, sollte sichergehen, dass der Hausarzt über alle Verordnungen Bescheid weiß, auch über die Medikamente, die selber rezeptfrei in der Apotheke besorgt werden“, sagte die Landesgeschäftsführerin der Barmer für Berlin und Brandenburg, Gabriela Leyh. Nur so könne der Hausarzt eine entsprechende Risikobewertung vornehmen.
Betroffen sind dem Report zufolge vor allem chronisch kranke Menschen und Patienten, die unter mehreren Krankheiten leiden, sogenannte Multimorbide. Besonders häufig sind das ältere Menschen: In der Altersgruppe der 65- bis 79-Jährigen gab jeder zweite Befragte an, regelmäßig mehr als fünf Arzneien zu sich zu nehmen. In der Gruppe der über 80-Jährigen sind es gar 68 Prozent. Zu Problemen kann das etwa bei Herzmitteln führen.
„Ein Viertel unserer 12.200 Versicherten mit Herzinsuffizienz erhalten Verordnungen für schmerz- und entzündungshemmende Wirkstoffe“, sagt Leyh. „Obwohl diese die Symptome einer Herzschwäche verstärken können.“ Hausärzten bliebe in solch einem Fall oft nichts anderes übrig, als etwaige Nebenwirkungen in Kauf zu nehmen – weil sie kaum einen Überblick haben über die Gesamtheit aller Arzneien, die der Patient zu sich nimmt. Abhilfe schaffen könnte entsprechende Ärzte-Software, die die Barmer jetzt im Rahmen eines Pilotprojekts testet.
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