Berlin. Das bunte „Dschungelmuster“ kommt wegen des hohen Wiedererkennungswertes zurück. Die neuen Wagen werden damit ausgerüstet.

Die einen lieben sie, die andere hassen sie und wieder andere haben sie schon zum Kult erklärt: die Sitzbezüge in Bussen und Bahnen der Berliner Verkehrsbetriebe (BVG). Die aktuell in Schwarz und Dunkelblau gehaltenen Bezüge werden aber bald aus dem Stadtbild verschwinden. Denn die BVG will eine Gestaltungsidee aus den 90er-Jahren wieder aufleben lassen.

Künftig sollen alle neuen U-Bahnzüge und alle neuen Busse mit Sitzen ausgestattet werden, die das Retromuster haben, sagte jetzt BVG-Vorstandschefin Sigrid Nikutta der Berliner Morgenpost. Die Chefin der Verkehrsbetriebe ist selbst ein großer Fan des Krissel- musters aus roten, dunkel- und hellblauen, schwarzen und weißen Flecken. Bei allen sich bietenden Gelegenheiten trägt sie mindestens ein Seiden-Halstuch in diesem Design, das sie als „Urban Jungle“ (zu Deutsch: Großstadtdschungel) bezeichnet.

Hauptgrund für die Renaissance des „Dschungelmusters“ ist dessen hoher Wiedererkennungswert. „Es ist inzwischen zu einem richtigen Markenzeichen für die BVG geworden“, sagt Nikutta. Und berichtet vom Erlebnis eines ihrer Vorstandskollegen. Der war in Südafrika mit einer entsprechend gemusterten Badehose im Meer schwimmen gewesen. Was am Strand bei einem anderen Badegast sofort für den Ausruf gesorgt haben soll: „Der kommt doch aus Berlin!“

Palette von Souvenirs von der Kaffeetasse bis zu Sneakers

Inzwischen wird in der BVG-Zentrale an der Holzmarktstraße in Mitte und den verschiedenen BVG-Kundenzentren eine ganze Palette an Souvenirs im „Urban-Jungle-Design“ angeboten: Darunter Kaffeetassen für 5,90 Euro, Handyhüllen aus Silikon für 8,90 Euro und eben die Badeshorts für stolze 25,90 Euro. Auch Brillenetuis, Notizbücher und Leggings gibt es in den bunten Farben. Eine besonders nette Idee: Wenn Mitarbeiter Nachwuchs bekommen, gibt es einen Strampler, dazu passende Söckchen und ein Lätzchen im BVG-Design.

Im wahrsten Sinne ein Renner waren die Sneaker, die Sportartikelhersteller Adidas zu Jahresbeginn in einer limitierten Auflage auf den Markt warf. Die 500 Paar Turnschuhe gingen in kürzester Zeit über den Ladentisch. Inzwischen werden sie zum Vierfachen des Verkaufspreises bei Ebay gehandelt. Die BVG konnte sich über europaweite Aufmerksamkeit für die Aktion freuen und wurde zudem für die beste Werbekampagne ausgezeichnet.

Entstanden ist das so begehrte Farbmuster übrigens nicht im Ergebnis eines groß angelegten Designwettbewerbs, sondern als Notbehelf. In den 90er-Jahren kam es nicht nur in Berlin groß „in Mode“, öffentlich Verkehrsmittel mit allerlei Schmierereien zu verunzieren. Als besonders anfällig erwiesen sich die einfarbig grünen U-Bahnsitze. Ganz genau lässt es sich heute nicht mehr ermitteln, wer damals die Idee hatte, den Sitzbezügen das neue Design zu geben.

Die Idee dahinter ist simpel: Auf dem fleckigen Muster waren Markierungen („Tags“) mit Edding-Stiften kaum noch als solche zu erkennen. Das wiederum steht diametral der Absicht der selbst ernannten Graffiti-Künstler entgegen, die mit ihren „Kunstwerken“ ja eine möglichst große Bekanntheit erzielen wollen. Laut BVG-Sprecherin Petra Reetz hat die neue Farbgebung rasch Wirkung gezeigt: In kürzester Zeit sei die Zahl der Schmierereien zumindest auf den Sitzen deutlich zurückgegangen. Vor etwa zehn Jahren wurde das sehr auffällige Muster etwas „modernisiert“.

In den kommenden Jahren will die BVG ihren Fuhrpark umfangreich erneuern. Die U-Bahn soll bis zu 1500 neue Wagen erhalten, zudem ist die Anschaffung von fast 200 neuen Straßenbahnzügen geplant. Erst vor Kurzem hat die BVG dem Daimler-Konzern den Auftrag für die Lieferung von bis zu 950 neuen Citaro-Bussen für den Linienverkehr gegeben. Sie alle werden nun nicht nur im Großstadtdschungel fahren, sondern auch eines entsprechendes Interieur bekommen. Auf die Reaktionen der Fahrgäste darf man gespannt sein.

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