Verkehr in Berlin

Elf Berliner Autobahnbrücken sind Sanierungsfälle

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Florian Schmidt
An der Rudolf-Wissell-Brücke wurde 2017 gearbeitet – sie erhielt dennoch die Note „nicht ausreichend“

An der Rudolf-Wissell-Brücke wurde 2017 gearbeitet – sie erhielt dennoch die Note „nicht ausreichend“

Foto: dpa Picture-Alliance / Jörg Carstensen / picture alliance / Jörg Carstens

Experte warnt vor größeren Schäden über Nacht, schon jetzt gibt es Verkehrsbeschränkungen. AfD wirft dem Senat „Schluderei“ vor.

Berlin. Der Riss in der Elsenbrücke zwischen Treptow und Friedrichshain ist das prominenteste Beispiel der jüngsten Zeit. Doch nicht nur diese Brücke ist marode. Auch zahlreiche andere Brücken Berlins leiden unter der wachsenden Verkehrslast, drohen zum Sanierungsfall zu werden. Betroffen sind auch mehrere Autobahnbrücken, wie eine Senatsantwort auf eine schriftliche Anfrage der AfD-Fraktion im Abgeordnetenhaus zeigt, die der Berliner Morgenpost vorliegt.

Insgesamt elf Autobahnbrücken haben derzeit lediglich eine Zustandsnote von 3,0 oder schlechter. Im Fachjargon heißt das: Die Zustand gilt als „nicht ausreichend“, Ausbesserungsarbeiten sind dringend nötig. Besonders schlecht ist es um die westliche Brücke über den Siemensdamm bestellt, ein Zubringer für die A 111. Mit einer Note von 3,3 attestiert ihr die Verkehrsverwaltung den schlechtesten Zustand. Nur wenig besser sieht es bei der Ostpreußenbrücke in Charlottenburg aus sowie bei der Rudolf-Wissell-Brücke. Beide erhalten eine Note von 3,0 (siehe Karte).

„Die Zustandsnoten entsprechen nicht denen, die wir alle aus der Schule kennen“, sagt Hans-Reinhard Reuter, Experte für Tiefbau und Vorstand der Vereinigung der Straßenbau- und Verkehrsingenieure Berlin-Brandenburg. Brücken, deren Noten sich zwischen 3,0 und 3,4 bewegten, müssten nicht automatisch gesperrt werden. „Solche Bauwerke brechen auch nicht einfach zusammen“, so Reuter weiter. „Noten in diesem Bereich sind allerdings ein Indikator dafür, dass hier in Zukunft umfassende Sanierungsmaßnahmen notwendig sind. Bei Brücken, die eine solche Note haben, kann schnell über Nacht ein größerer Schaden auftreten wie zuletzt bei der Elsenbrücke.“

Der Bund zahlt, das Land plant Sanierungen

Insgesamt zählt die Verwaltung 259 Autobahnbrücken, darunter auch Zubringer und Verbindungsbrücken zwischen Teilabschnitten. Da Autobahnen Bundesstraßen sind, zahlt das Bundesverkehrsministerium ihre Sanierung, durchführen und planen muss das Land die Arbeiten allerdings. Im laufenden Jahr erhält Berlin rund 125 Millionen Euro für Instandsetzungen und Neubauten. Laut Verkehrsverwaltung gebe es für die „überwiegende Anzahl“ der Brücken mit einer Note von 3,0 oder schlechter bereits Instandsetzungs- und Neubauplanungen. „Die Rudolf-Wissell-Brücke wurde gerade saniert, sodass sie derzeit eine etwas bessere Bauwerksnote hat“, sagte Verwaltungssprecherin Dorothee Winden auf Anfrage. „Allerdings befindet sie sich auch in der Ersatzneubauplanung.“ Die Autobahnbrücke in Dreilinden werde schon seit mehreren Jahren gar nicht mehr befahren.

Für Frank Scholtysek, baupolitischer Sprecher der AfD-Fraktion im Landesparlament, klingen diese Äußerungen nach Ausreden, er misstraut der Verwaltung. „Ich sehe den Senat in der Verantwortung, dass er das Pro-blem ernst nimmt und die Brücken schnellstmöglich ausbessern lässt“, sagt er. „Es muss ja noch nicht einmal eigenes Geld aufgewendet werden, schließlich übernimmt der Bund die Kosten.“ Seine Vermutung: Der rot-rot-grüne Senat „schludert“ bei den Brücken, weil Verkehrssenatorin Regine Günther (parteilos, für Grüne)
den Schwerpunkt eher auf andere Dinge legt, etwa auf den Radverkehr. „Sie muss veranlassen, dass alle Brücken genau begutachtet werden, um mögliche Schäden in der Zukunft zu vermeiden.“

Schadensprüfung an der Elsenbrücke dauert an

Die Auswirkungen maroder Bau­substanz bekommen Autofahrer schon heute zu spüren (siehe Tabelle). Auf insgesamt 13 Autobahnbrücken gelten Verkehrsbeschränkungen wie Überhol­verbote für Fahrzeuge mit einem Gewicht von mehr als 3,5 Tonnen, zum Beispiel auf der Rudolf-Wissell-Brücke. Bisweilen hat die Verkehrsverwaltung auch abschnittsweise Tempolimits verhängt: Die westliche Brücke über den Siemensdamm etwa darf nur mit einer Geschwindigkeit von bis zu 60 Kilometern pro Stunde befahren werden.

An der Elsenbrücke gibt es derweil keinen neuen Stand. Die Prüfungen des Schadens liefen weiterhin, teilte die Verwaltung mit, die Sperrung dauere an. Zuletzt war berichtet worden, dass ihr der Teilabriss drohe. Dafür gebe es jedoch keine neuen Anhaltspunkte.

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