Berlin. Die 71. Sitzung des Berliner Baukollegiums am Montag war gleich in mehrfacher Hinsicht etwas ganz Besonderes: Gleich vier Hochhaustürme hat das Gremium, das Berlins Senatsbaudirektorin Regula Lüscher leitet, beraten. Und nicht nur das: Zwei der Türme sollen an der Adresse Alexanderstraße 1, 3 und 5 entstehen – nach einem Masterplan, den der Architekt und Stadtplaner Hans Kollhoff vor nunmehr 25 Jahren entwickelt hat. Allerdings mit einem gravierenden Unterschied. Statt 150 Meter, wie einst von Kollhoff geplant, sollen die Türme nicht höher als 130 Meter werden – aus Rücksicht auf das ähnlich hohe Bestandsgebäude des Hotels Park Inn.
Für die Hochhäuser, die die TLG Immobilien AG nun entwickeln will, soll der gesamte Gebäuderiegel des ehemaligen Hauses der Elektroindustrie aus den späten 60er-Jahren abgerissen werden. Auch das flachere Gebäude an der Karl-Liebknecht-Straße 30, in dem noch das Hofbräuhaus untergebracht ist, soll Platz machen für die insgesamt drei neuen Gebäude vis-à-vis vom Hotel Park Inn. Insgesamt soll das Ensemble gemäß dem geltenden Bebauungsplan ein Flächenpotenzial von 149.500 Quadratmetern haben. Zum Vergleich: heute umfasst die Baumasse rund 56.000 Quadratmeter. Dafür soll künftig an der Adresse auch gewohnt werden: 15 Prozent der Fläche müssen, so sieht es der Bebauungsplan vor, Wohnzwecken dienen.
„Wir wollen die drei Gebäudeteile gemeinsam mit dem Land Berlin in einem kooperativen Workshopverfahren entwickeln“, betonte Karin Richter, Projektleiterin bei der TLG Immobilien AG bei der Vorstellung des Bauvorhabens. Bislang könne man deshalb auch lediglich ein sogenanntes Massemodell und noch keinen architektonischen Entwurf liefern. „Wir sind gerade erst in der Vorbereitung des Wettbewerbsverfahrens“, so die Projektleiterin weiter. In der Höhenentwicklung seiner beiden Türme orientiert sich das Unternehmen an dem gegenüberliegenden Bestandsgebäude des Park Inn – und den beiden ebenfalls geplanten Hochhaustürmen, die nach den Plänen des Bauherren Covivio beidseits des Park Inns entstehen sollen.
„Stadtkrone aus Hochhäusern“ am Alex
Im Baukollegium kamen die Pläne gut an: „130 Meter macht Sinn, um die von Kollhoff gedachte Achse der Alexanderstraße mit ihren Hochhäusern zu stärken“, sagte die Senatsbaudirektorin. Man freue sich darauf, das Wettbewerbsverfahren zu begleiten.
So überraschend die Nachricht, dass am Alexanderplatz nun tatsächlich die vor 25 Jahren entwickelte Idee einer „Stadtkrone aus Hochhäusern“ Realität werden soll, war dann auch gleich das zweite Projekt, dass am Montag erstmals vorgestellt wurde. Auf dem schmalen Streifen zwischen Holzmarktstraße und dem S-Bahnhof Jannowitzbrücke planen die Unternehmen Art Invest und Cesa ein Büroensemble. Und wie in dem seit 1999 existierenden Bauvorbescheid, wollen die Bauherren insgesamt eine Bruttogeschossfläche von 51.000 Quadratmetern errichten. Eine wesentliche Änderung allerdings gibt es: 19.000 Quadratmeter dieser Fläche sollen in einem 18 Stockwerke und rund 70 Meter hohen Turm untergebracht werden.
Dieser soll sich direkt neben dem Eingang zum S-Bahnhof Jannowitzbrücke befinden. Daneben sind nach den Plänen der Investoren zwei sechs Geschosse hohe Gebäude vorgesehen. Die allerdings fanden, anders als das Hochhaus, keinen Zuspruch im Baukollegium. „Die Idee eines Hochhauses an dieser Stelle finden wir gut“, fasste Regula Lüscher die Empfehlungen ihres Beratergremiums zusammen. Die mäandernde Form des flacheren Gebäudes aus Glas und Stahl dagegen überzeuge nicht. „Wir schlagen ein Workshopverfahren vor, in dem die städtebaulichen Fragen weiter geklärt werden“, sagte Lüscher. Erste Vorbereitungsarbeiten für das Neubauvorhaben haben begonnen. Die Autowaschanlage wird bereits abgerissen, auch ein Fastfood-Restaurant und ein Discounter-Markt sollen weichen. „Letzterer soll aber im neuen Gebäude wieder einen Platz finden – genauso wie Restaurants und Cafés in der Erdgeschoss-Zone.
Als drittes Projekt behandelte das mit sechs Experten besetzte Baukollegium, das wichtige Projekte in Berlin auf ihre architektonische Qualität hin überprüft, schließlich den sogenannten Stream-Tower, den der österreichische Investor Signa errichten will. Nach Plänen des Architekturbüros Gewers-Pudewill soll der Turm auf einem Grundstück an der Tamara-Danz-Straße Ecke Wanda-Kallenbach-Straße nahe der Mercedes-Benz Arena entstehen. 90 Meter hoch soll der Turm werden, in den Zalando einziehen will. Der markante Bau mit seinen an einen Schiffsbug gemahnenden Vorsprüngen und Terrassen und einer Bruttogeschossfläche von rund 50.000 Quadratmetern war bereits im April Thema im Baukollegium.
Am Montag ging es denn auch nicht mehr um die ganz großen Fragen, sondern um Feinheiten wie die Gestaltung des Sockels, bestehend aus Erdgeschoss und erstem Stock, für den sich das Gremium eine etwas andere Fassadengestaltung wünschte. Und den dringenden Wunsch, dass Restaurant und Café im Gebäude nicht ausschließlich den Zalando-Mitarbeitern, sondern der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden sollen. Der Baustart für das Gebäude soll im Frühjahr 2019 erfolgen, fertig soll es Ende 2021 sein.